II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1736

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5. Liebelei
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„UBSERVER“
Wien, I., Wollzeile Nr. 11
Telefon R-23-0-43
Die Stunde, Wien
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Heute: „Lisbelei“
Im Opern-, Imperial-, Kärntner-, Busch-,
Haydn-, Flieger- und Theater-Kino findet heute
die Welturaufführung des Tonfilms „Liebele!“
statt. Es spielen: Paul Hörbiger, Magda
Schneider, Luise Ullrich, Willv Eichberger.
Wolfgang Lieboneiner, Gustav Gründgens. Olga
Tschechowa und Paul Otto. Die Regie führte
Max Ophüls. Magdo. Schnelder und Max
Ophüle wohnen der Premiere persönlich bei.
I. Oesterr.
UBSEAWER benöral. konz.
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN-I, WOTLZEILE 17
Die Stunde, Wien
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26 FEB.1933
Der Film „Liebelei“
Max Ophüls verdankt man schon man¬
chen schönen, interessanten Film — es sei nur
an seine geschmackvolle und vorsichtig ge¬
machte „Verkaufte Braut“ erinnert. Bei der
Verfilmung von „Liebelei“ mußte er sich aber
doch mehr oder weniger mit Wiedergabe und
Ausschmückung des Handlungsskeletts be¬
gnügen. Es war vielleicht eine unlösbare Auf¬
gabe, diesee schwermütige Stück Schnitzlers
für den Film zu erobern. Vielleicht ist Max
Ophüls der Lösung so nahe als möglich ge¬
kommen — aber es bleibt doch zu viel un¬
gelöster Rest übrig Schon die Ubertragung in
über¬
ein Vorkriegs-Militärmilien wirkt
raschend. Sonst hält sich das Buch in großen
Zügen an die Ereignisse des Vorbildes. Man¬
ches schöne Bild leuchtet auf, manche nach¬
denkliche Wendung zeugt für das Können und
die Meisterschaft des Regisseurs, manche
Szene. gut gespielt, geht zu Herzen. Nur ist
das alles recht weit entfernt von dem, was
man sich eigentlich unter „Liebelei“ vorstellt.
Magda Schneider überzeugt in ihrer
sympathischen Mädehenhaftigkeit als Chri¬
stine, echt und stark Luise Ullrich als
Schlager Mizzi. Auch die beiden männlichen
Hauptrollen sind bei Willy Eichberger
und Wolfgang Liebeneiner in guten
Händen. Gustaf Gründgens, Olga Tsche¬
chowa und Paul Otto geben eindrucksvolle
Leistungen.
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Wien, I., ollzeile Nr.1:
Telsfon R-23-0-43
Das Kleine Blatt, Wen
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Das dromaturgische Geschick der Autoren, die
Schnitzler, uniformiert.
die Theaterhandlung effektvoll ausweiten, und
„Liebelei.“
die lebhafte Regie, die für Musik, Prunk und Be¬
wegung sorgt, bringen immerhin einen ge¬
Die Vertonfilmung von Arthur Schnitzlers
fälligen Unterhaltungsfilm zustande.
melancholischem Jugendstück durch die Film¬
autoren Hans Wilhelm und Kurt Alex= Das Wienerische des Schauplatzes kommt in den
ander und den Regisseur Max Ophüls Bauten nicht zum Ausdruck; insbesondere die
steckt nicht nur die beiden männlichen Haupt= Dekoration der Oper stimmt nicht. Noch mehr
stört diese Sorglosigkeit in der Darstellungs
figuren in fesche Dragoneruniform, sondern
Wolfgang Liebeneiner in der männlichen
nähert auch das dichterische Geschehen bedenklich
Hauptrolle und mehrere Nebenfiguren sind im
der uniformen Filmschablone. Bei Schnitzler er¬
wienerischen Umkreis unmöglich. Magda
wächst aus einer leichten Liebschaft, die ein
Schneider, die Hauptdarstellerin, zeigt sich
junger Herr der guten Gesellschaft mit der
redlich bemüht; ihre bescheidene Ausdrucksfähig¬
ganzen Unbedenklichkeit seiner Zeit und seiner
keit versagt aber an der Aufgabe echter, er¬
Kreise mit einem einfachen Mädel angefangen
greifender, verinnerlichter Menschengestaltung.
hat, allmählich tiefe Tragik; in ahnungsvoller
Willy Eichberger gibt einen schablonenhaften
Wehmut hängt sie von Anfang an über der
lustigen Filmoffizier; seine plötzliche Wandlung
leidenden Heldin; zum Schluß findet sie in er¬
ist unglaubhaft. Am weitaus besten Luise Ull¬
greifender Totenklage um den Geliebten, der
rich als flottes, kluges Wiener Mädel. Bedauer¬
für eine andere Frau, für eine Dame, im
lich dagegen, daß Paul Hörbiger, der oft
Duell gefallen ist, Worte der Anklage gegen die
dummen Possenfiguren sehr viel künstlerische
schroffe soziale überheblichkeit, die die stärkste
Sorgfalt zuwendet, die ergreifende Gestalt des
Liebe gering schätzt, wenn sie „geringer Her¬
Vaters nur ganz nebenbei, ohne Wirkung her¬
kunft“ ist. Im Film handelt es sich überhaupt
unterspielt.
nicht um eine Liebelei, da liebt der junge
Im Beiprogramm die Paramount=Woch.,
Leutnant sein Mädel so treu und ehrlich und
deren läppischer Begleitvortrag an dem kapita¬
mit so ernsten Absichten, wie nur sonst ein Film¬
listischen Wahnsinn der Kaffeeverbrennung in
leutnant das brave Mädchen aus dem Volke
Brasilien nichts weiter als ein „köstliches Aroma“
liebt. Das Verhängnis kommt ganz von außen
festzustellen weiß.
heran; denn die Dame ist, anders als im Stück,
im Film, obwohl man sie da zu sehen bekommi,
seelisch bereits erledigt; nur der Mechanismus
der Ehrenrepeln klappt zu. Die Anklage gegen
das Duell, ## daraus erwächst, hat mit der
dichterischen Absicht dieses Schnitzlerstückes nichts
zu tun, wenngleich sie im allgemeinen der An¬
sicht des Dichters entspricht. Sonst ist alles film¬
üblich vergröbert, die Heiterkeit dick aufgetragen,
die Schwermut weggewischt.