II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1759

5. Liebelei
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# Kbendblr.
Schlft. 12.
SCHNITZLER VERFILMT
„LIEBELEI“ IM ATRIUN
Arthur Schnitzler hat diesem Film nicht allein das grazile
Thema geliefert — auch die stimmungsschwere, verträumte Atmo¬
sphäre, halb wehmütig, halb schalkhaft, ist in den Bildern dieses
Films von Max Ophüls eingefangen worden. Aber was bei
Schnitzler nur Musik in und zwischen den Dialogen ist, eine
Musik ohne Bratschen, Geigen und Gesang, eine Musik der
Zwischen- und Untertöne lediglich, das gibt Max Ophüls durch
gesungene Melodien wieder, ja durch Opernorchester in voller
Aktion. Er verdeutlicht also das Unausgesprochene, verdeutlicht
es aber, ohne es zu vergröbern. Er bleibt im Rahmen eines
koketten Fin de siècle. Selbst, wenn er Massen von Komparsen
vor die Kamera schickt, bleibt er grazil. ironisch, skeptisch.
Dennoch ist sein Film, zu dem ihm Hans Wilbelm und Kurt
Alexander das Drehbuch geliefert haben, keine vollgültige
Transponierung des Schnitzlerschen Schauspiels. Emne sanfte
Retusche mildert die Akzente des Morbiden, die bei Schnitzler
sparsam, aber treffend über diese Welt der Aumut, des Leicht¬
sinns und des Untergangs gesetzt sind. Max Ophüls konzentriert
diese Akzente nur auf eine einzige Figur: auf die des Barons
Eggersdorf. Gustaf Gründgens spielt hervorragend das Auf¬
flackern des Raubtierhaften in diesem lässigen, eleganten
Aristokraten. Er spielt ihn vielleicht zu sehr als Grandseigneur,
vielleicht auch zu haltungsbewusst und daher unösterreichisch.
Aber er gibt die stärkste Leistung in diesem Film. Er zeichnet
mit wenigen Gesten die ganze Gestalt und eine ganze Kaste.
Wolfgang Liebeneiner spielt den eigentlichen Helden, den
Leutnant Fritz Lobbeimer, spielt ihn als einen verträumten,
schwachen Menschen, der in das Räderwerk der Konvention gerät
und zermalmt wird. Die lebendigste Erscheinung unter den
Frauen ist Luise Ullrich als Mizzi. bezwingend in ihrer unbefange¬
nen Natürlichkeit. Auch Olga Tschechowa erfüllt in wenigen
kurzen Szenen die Figur der Baronin Eggersdorf mit Leben. Magda
Schneider als Cbristine, reizvoll anzusehen, war zu wenig ein¬
dringlich und so gehemmt, dass selbst der Schlussmonolog ihre
Gestalt nicht vollgültig zur Geltung brachte. Niveau hielten Willi
Eichberger als Oberleutnauf Kaiser und Paul Otto als Major
von Eggersdorf. In der Rolle des Kammermusikers Weiring
Paul Hörbiger.
Selbst der eingefleischte Gegner von verfilmten Theater¬
(stücken, durch zahlreiche Missgriffe und Unglücksfälle auf diesem
Gebiet misstrauisch geworden, muss bekennen: hier wurde aus
dem Werk eines Dichters ein guter Film, hier liegt eine saubere,
sorgsame und taktvolle Arbeit vor.
Der Fikn wurde (zugleich im Titania-Palast) im Rahmen einer
Festvorstellung gezeigt: Editb Lorand, stürmisch begrüsst, spielte
mit ihrem Kammerorchester, Marcell Wittrisch sang. Das Parkeit
erkannte das hohe Niveau des Films und dankte begeistert.
P. A. O.
I. Oesterr.
Observer beneret, vonz.
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Liebelei
*. Im Atrium und Titaniapalast 1
Selbst wenn mun von vornherein alle ästhetischen Einwände
abzieht, so bleibt für den Regisseur Max Ophüls ein großer,
nachhaltiger und im ganzen wohlverdienter Publikumserfolg zu
buchen. Gewiß, es ist ihm nicht restlos gelungen, die Pastelltöne
dieser bittersüßen Schnitzlerschen Novelle auf die Leinwand zu
übertragen, und sein Erfolg blühte eher in Meyer=Försters Alt¬
heidelberger Gärten als im Wiener Rokoko — das Geheimnis
dieses Erfolges: auch in der Beletage des Lebens werden salzige
Tränen geweint — aber es blieben noch genug fein beobachtete
optische Details übrig, um Ophüls als einen Regisseur von Ge¬
schmack und, was mehr besagt, als einen Mann mit eigenen
filmischen Ideen zu legitimieren.
Aus dem durchweg ausgezeichneten Ensemble der Darsteller
hoben sich heraus: Luise Ullrich (Mizzi), die sich damit in die
erste Reihe der deutschen Filmschauspieler gestellt hat, Paul
Hörbiger (der alte Musiker Würing), eine der stärksten
Leistungen dieses großen Menschengestalters, und Gustaf Gründ¬
gens (Baron v. Eggersdorf), der die Episodenfigur des unglück¬
lichen Hahnrei zu einer atembeklemmenden, dämonischen Größe
aufwachsen ließ.
Wyr.