5. Liebelei
box 13/4
—
1. Oesterr.
OBSERVER Senerel. konz.
512
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN I, WOLLZEILE 71
512
5
8-Uhr Abendbistt, Berlin.
19
VEtebeler
Atrium
Es geht also doch!
Es braucht kein Operettenschund, es braucht kein
Film mit Absichten sein, und es kann doch ein Er¬
folg, ein künstlerischer und ein Publikumserfolg
werden! Der Film, der das beweist, ist von Hans
Wilhelm und Kurt Alexander nach Arthur
Schnitzlers Stück gemacht, und das höchste Lob, das
#ml=den Trehbuchautoren sagen kann, ist, daß ihre
behutsame Arbeit die Voreingenommenheit besiegt,
die man der Verfilmung von Bühnenwerken ent¬
gegenbringt. Es ist Atmosphäre in diesem Film!
So kann man gern in Kauf nehmen, daß en
nach zauberhaften Partien, die uns sehr glücklich das
Liebesglück zeigen, die hereinbrechende Tragödie zu
breit auswalzt. Am Schluß sogar nicht immen
schlüssig und in der Großaufnahme des Trennungs¬
schmerzes fast quälend ist. Aber was will das sagen
gegen einen so überzeugenden Gesamteindruck?
Max Ophüls hat das Verdienst einen bezwin¬
gend echten Ton getroffen zu haben. Es ist Heitem
keit, es ist Scharm in seinem Film, es ist Poesis
in seiner Schlittenfahrt der Liebenden, es ist Cha¬
rakter in seinen Figuren: dem lieben Vater Wei¬
ring Hörbigers, dem scharf profilierten Baron
Gründgens', der damenhaft verführerischen
Baronin der Tschechowa, dem lebendig=echten
Willi Eichberger. Es ist echtes, quirlende¬
Wakzer=Wien in der drallen Luise Ullrich und
es ist stimmungsvolle, sentimentale Wiener Musik
dabei von Theo Mackeben.
Vor allem aber: ein gutes, neues Filmgesichtt
Wolfgang Liebeneiner und — man möchte es
nicht glauben! — eine Künstlerin, eine wirklich¬
Gestalterin, eine, die man nur gekünstelt kannte und
ungelöst: gewandelt, gelockert, mit Herz, mit Ge¬
fühl, mit natürlicher Geste, gewinnend in ihren
Frische, verloren an ihr Glück, verloren in ihrem
Leid: Magda Schneider.
Es geht also doch! Ein großer, anhaltende#
Beifall unterstrich dies Ergebnis,
I. Oesterr.
BSERVER Seneret. konz.
Büro für Zeitungsnächrichten
VIEN I, WOLLZEILE 11
Berliner Börson-Ceurier, Berlin
endbla#
17 MRZ 1951
Atrium und Titamia-Palast:
#
Liebeler
Vor ungefähr 10 Jahren sah man stumme
Schnitzler-Filme. Sie kamen aus Hollywood!
Cecil B. de Mille hatte u. a. „Anatol“ verfilmt.
Diese amerikanische Filme fielen durch ihre
optische Kammerspielkonversation auf.
Schnitzlers Dialog war brillant ins Visuelle
übersetzt worden. Im Tonfilm brauchte
Schnitzlers Dialog nicht übertragen zu werden.
Prauchte er jetzt nur einfach wiedergegeben zu
werden? In dem Tonfilm „Liebelei“ wird ein
wenig viel geredet, so daß die eindrucksvoll¬
sten Momente überraschenderweise gerade die
stummen sind, wenn z. B. der betrogene Ehe¬
mann den verräterischen Schlüssel im Tür¬
schloß des Freundes ausprobiert oder wenn
das Orchestrion noch einmal angestellt wird.
„Liebelei“ ist ein handwerklich sauberer
Film, der mit Fleiß und Sorgfalt hergestellt
ist. (Abgesehen von den Berliner Zeitungen
im Wiener Café.) Der Regisseur Max Ophuels
scheint kein ausgesprochener Sprechregisseur
zu sein, der für einen Schnitzler-Film unum¬
gänglich ist. Man vermißt den schauspielerisch
geformten, den gespielten Wiener Tonfall be¬
sonders bei den beiden Liebhabern Wolfgang
Liebeneier und Willi Eichberger, die konven¬
tionell sind. Gerade sie hätten charakteristi¬
scher und persönlicher gegeben werden müssen.
Sie passen zu der Christine Magda Schneiders,
die ebenfalls der übliche Filmtyp ist; immer¬
hin bleiben einige Töne im Ohr haften. Neben
Magda Schneider wirkt Luise Ullrich als Mizzi
Schlager fast drastisch. Sie ist der schau¬
spielerische Gegenpol. Luise Ullrichs farbig¬
komödiantisches Spiel gibt dem blassen Film
Inhalt und Bewegung. Paul Hörbiger war
alter Weiring fein und abgestimmt. Gustav
Gründgens faszinierte in der Darstellung ver¬
halten flackernder Eifersucht. — Der Publi¬
K. W.
kumsbeifall war stark.
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5
8-Uhr Abendbistt, Berlin.
19
VEtebeler
Atrium
Es geht also doch!
Es braucht kein Operettenschund, es braucht kein
Film mit Absichten sein, und es kann doch ein Er¬
folg, ein künstlerischer und ein Publikumserfolg
werden! Der Film, der das beweist, ist von Hans
Wilhelm und Kurt Alexander nach Arthur
Schnitzlers Stück gemacht, und das höchste Lob, das
#ml=den Trehbuchautoren sagen kann, ist, daß ihre
behutsame Arbeit die Voreingenommenheit besiegt,
die man der Verfilmung von Bühnenwerken ent¬
gegenbringt. Es ist Atmosphäre in diesem Film!
So kann man gern in Kauf nehmen, daß en
nach zauberhaften Partien, die uns sehr glücklich das
Liebesglück zeigen, die hereinbrechende Tragödie zu
breit auswalzt. Am Schluß sogar nicht immen
schlüssig und in der Großaufnahme des Trennungs¬
schmerzes fast quälend ist. Aber was will das sagen
gegen einen so überzeugenden Gesamteindruck?
Max Ophüls hat das Verdienst einen bezwin¬
gend echten Ton getroffen zu haben. Es ist Heitem
keit, es ist Scharm in seinem Film, es ist Poesis
in seiner Schlittenfahrt der Liebenden, es ist Cha¬
rakter in seinen Figuren: dem lieben Vater Wei¬
ring Hörbigers, dem scharf profilierten Baron
Gründgens', der damenhaft verführerischen
Baronin der Tschechowa, dem lebendig=echten
Willi Eichberger. Es ist echtes, quirlende¬
Wakzer=Wien in der drallen Luise Ullrich und
es ist stimmungsvolle, sentimentale Wiener Musik
dabei von Theo Mackeben.
Vor allem aber: ein gutes, neues Filmgesichtt
Wolfgang Liebeneiner und — man möchte es
nicht glauben! — eine Künstlerin, eine wirklich¬
Gestalterin, eine, die man nur gekünstelt kannte und
ungelöst: gewandelt, gelockert, mit Herz, mit Ge¬
fühl, mit natürlicher Geste, gewinnend in ihren
Frische, verloren an ihr Glück, verloren in ihrem
Leid: Magda Schneider.
Es geht also doch! Ein großer, anhaltende#
Beifall unterstrich dies Ergebnis,
I. Oesterr.
BSERVER Seneret. konz.
Büro für Zeitungsnächrichten
VIEN I, WOLLZEILE 11
Berliner Börson-Ceurier, Berlin
endbla#
17 MRZ 1951
Atrium und Titamia-Palast:
#
Liebeler
Vor ungefähr 10 Jahren sah man stumme
Schnitzler-Filme. Sie kamen aus Hollywood!
Cecil B. de Mille hatte u. a. „Anatol“ verfilmt.
Diese amerikanische Filme fielen durch ihre
optische Kammerspielkonversation auf.
Schnitzlers Dialog war brillant ins Visuelle
übersetzt worden. Im Tonfilm brauchte
Schnitzlers Dialog nicht übertragen zu werden.
Prauchte er jetzt nur einfach wiedergegeben zu
werden? In dem Tonfilm „Liebelei“ wird ein
wenig viel geredet, so daß die eindrucksvoll¬
sten Momente überraschenderweise gerade die
stummen sind, wenn z. B. der betrogene Ehe¬
mann den verräterischen Schlüssel im Tür¬
schloß des Freundes ausprobiert oder wenn
das Orchestrion noch einmal angestellt wird.
„Liebelei“ ist ein handwerklich sauberer
Film, der mit Fleiß und Sorgfalt hergestellt
ist. (Abgesehen von den Berliner Zeitungen
im Wiener Café.) Der Regisseur Max Ophuels
scheint kein ausgesprochener Sprechregisseur
zu sein, der für einen Schnitzler-Film unum¬
gänglich ist. Man vermißt den schauspielerisch
geformten, den gespielten Wiener Tonfall be¬
sonders bei den beiden Liebhabern Wolfgang
Liebeneier und Willi Eichberger, die konven¬
tionell sind. Gerade sie hätten charakteristi¬
scher und persönlicher gegeben werden müssen.
Sie passen zu der Christine Magda Schneiders,
die ebenfalls der übliche Filmtyp ist; immer¬
hin bleiben einige Töne im Ohr haften. Neben
Magda Schneider wirkt Luise Ullrich als Mizzi
Schlager fast drastisch. Sie ist der schau¬
spielerische Gegenpol. Luise Ullrichs farbig¬
komödiantisches Spiel gibt dem blassen Film
Inhalt und Bewegung. Paul Hörbiger war
alter Weiring fein und abgestimmt. Gustav
Gründgens faszinierte in der Darstellung ver¬
halten flackernder Eifersucht. — Der Publi¬
K. W.
kumsbeifall war stark.