II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1912

Liebelei

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ABENDAUSGABE
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S 5
Wollzeile Nr. 15
eieien R-23-Gese
Neue Zürieher Vune rlch
+, K.158
Kleine Chronik
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Basler Theater. ea. Im März kamen mit
Ausnahme voSmtler: „Liebelei“, die als
Kammerspiel gegeden#rde und etwas an den un¬
zulänglichen Bühnenverhältnissen des Mustermesse¬
saales litt, meist Werke heiteren Genres zur Auf¬
führung. Da war zuerst der unverwüstliche „Raub
der Sabinerinnen“ der immer wider erheitert:
charalteristischerweise und im richtigen Gefühl des
Zeitenwandels gibt man den anspruchslosen Schwank,
der bis zum Krieg immer in moderner Aufmachung
gespielt wurde, jetzt im Kostüm der Jahrhundert¬
wende. Schärfere Luft weht, wie die Zürcher Schau¬
spielfreunde wissen, in der Komödie „Wetter für
mi
morgen veränderlich“ von Eugen Gürster, die
Im
bestem Erfolg über unsere Bühne ging.
Mittelpunkt des Schauspielmonats aber stand dies¬
mal eine autochthone Schöpfung: „Tile Kolup“
von Emanuel Stickelberger, deren Urauffüh¬
rung einen vollen Erfolg bedeutete. „Tile Kolup“
ist das Schelmenstück eines Vagabunden, der — seine
Aehnlichkeit mit dem verstorbenen Kaisen keck aus¬
nützend — eine Zeitlang Kaiser spielt, sich und seinen
Freunden allerlei Gutes zuhält und im rechten
Augenblick, eh die Sache sich ins Tragische wendet,
mit der Ueberlegenheit des Philosophen den Weg in
die Verborgenheit und Geborgenheit des Vaganten¬
lebens zurückfindet. Für Dichter und Schauspieler
bedeutete der Abend, wie gesagt, einen entschiedenen
Erfolg.
Zum Schluß gedenken wir gern eines Dialekt¬
abends im Stadttheater, zu wohltätigem Zweck ver¬
anstaltet vom „Quodlibet“ an dem junge Schau¬
spieler und begabte, wohlgeschulte Dilettanten zu¬
SRAR
sammenwirkten. Eingeleitet wurde der Abend durch
einen seinen Prolog von Fritz Liebrich und ein
schwermütig=romantisches „Nocturno": ,D' Fähri“
von Hermann Schneider, in dem Liebe und Tod
sich in geheimnisvoller Weise umschlingen. Ernsthaft,
wenn auch weniger schwer ist auch der Grundton von
„E Herbstobe“ von F. Reinhardt=Sieper, der weh¬
mütigen Geschichte eines Menschen, der aus Schwäche
sein Leben versäumt und nun — nach kurzem Glücks¬
traum — einsam zurückbleibt. Zum Schluß kam auch
noch die heitere Muse — in der man früher zu
Unrecht die einzige Schutzgöttin der Dialektdichtung
zu Wort in Otto Müllers zweinktiger
gesehen
Komödie „D'Amazone“ in der Kunst und „Dalbe“
sich schlagen und zuletzt doch fröhlich vectragen. Die
Autoren wie auch der Regisseur F. Ritter und natür¬
lich die trefflichen Darsteller ernteten reichen Bei¬
falle