II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1913

Liebelei

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„OBSERVER
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Ausschnitt aus:
Gacamne
vom. — 8. UAl 1934
Stadttheater.
Schwinr-Abend.
zie. Als Wiederholung wurde auf der großen Bühne
des Stadttheaters die „Liebelei" Arthur Schnitzlers
gegeben, die die Première ihrer Neueinstudierung an
einem Kammerspielabend im Blauen Saal der Muster¬
messe erlebt hatte. Ueber die eindrucksvolle Inszenierung
dieses Stückes unter der Leitung von Dr. Alwin Kro¬
nacher wurde anläßlich jener Aufführung eingehend be¬
richtet. Dem Abend der Wiederholung im Stadttheater
ein stärkeres Gewicht als „Schnitzler=Abend“ zu geben,
setzte man eine Novität vor die „Liebelei“ das Stuckchen
„Literatur", in Basel zum erstenmal aufgeführt
und dazu angetan, einen andern, helleren, freundlichern,
leichtern Schnitzler zu zeigen. Ein gutes, hübsches Lust¬
spiel, lustig im Konversationston, aber im Grunde nicht
sehr typisch für Schnitzler. Schnitzler, der verfeinerte
Psyochologe, der Dichter zarter und ein wenig morbiber
Träumereien, der Dichter der wienerischen späten, müden,
untergangsbereiten Atmosphäre des erschöpften ver¬
gangenen Jahrhunderts: diese Dinge klingen wenig an
in dem kleinen Lustspiel. Vielmehr ist es eine heitere
Verspottung der Münchner Literatenkreise, eine Ver¬
spottung der schlechten Liebesromane, die in einer
verschleierten Form die persönlichen Aventüren ihrer
Verfasser ausmalen. Erquicklich die Idee, daß die Dame
des Stücks, die einen Wiener Aristokraten heiraten win,
in einem Roman die Liebesbriefe ihres verflossenen
Münchner Liebhabers verwendet, die auch er, ein Dichter
in seinem Roman verwendet hat. Das eine hat die
Briefe zuerst aufgesetzt, das andere hat sie nachher ab¬
geschrieben: so kommt die höchst fatale Situation z
stande, daß gleichzeitig zwei Romane mit denselben Brie¬
fen erscheinen können.
Die Inszenierung, die auch in den Händen von
Dr. A. Kronacher lag, betonte das Parodistische, die
Buffonerie dieses Aktes in starkem Maße. Vielleicht
wurde der Persiflage und der Ironie nur zu sehr Ge¬
nüge getan. Die Auseinandersetzungen zwischen dem
ehemaligen Liebespaar der Bohème waren dielleicht
etwas überbetont und gespreizt, doch halten wir fest: es
war ein flüssiges und belebtes Spiel, und die Absich
das literarische Gebaren einer vergangenen Dichtere
zu ironisieren, trat fraglos heraus. Lola Urba
Kneidinger wußte eine dichtende Bohémienne mit aristo¬
kratischen Aspirationen in unmißverständlicher Persi¬
flage, in sicherem Spiel darzustellen. Hermann Gal¬
linger gab ihren früheren Amant Gilbert, betont
ironisiert und übertrieben in Pathos und Affekt. Her¬
mann Walling, zurückhaltend, überlegen, steif und auf
die zweifelhaften Gefährlichkeiten des Geistes und du¬
bioser Literatur verzichtend, spielte den Wiener Baron
Clemens. Reicher Beifall dankte nach der Aufführung
der „Literatur" und der darauffolgenden „Liebelei den
Schauspielern für ihre Leistungen.

(Eing.) Die köstliche Operette „Vetter aus Dingsda,
die in der neuen Inszenierung und Ausstattung dem humor¬
vollen und auch musikalisch lustigen und geschmackvollen
Werk zu einem neuen Erfolg verhalf, geht heute Dienstag
als Vorstellung zu Einheilspreisen in Szene. Dr. Wein¬
gartner dirigiert morgen Mittwoch abermals Webers
„Oberon. Am Auffahrtstag wird nachmittags zu er¬
mäßigten Preisen wiederholt „Der Vetter aus Dingsda“,
während am Abend als weitere Vorstellung des Schubert¬
Weberfestes Schuberts komische Oper „Die Freunde von
Salamanka“ zur Uraufführung gelangt. Musikalische Lei¬
tung Gottfried Becker, Regie Dr. Graf, es wirken mit die
Damen Bühler, Frauscher, Nezadal und die Herren Grü¬
ninger. Hunstiger, Kurz, Knapp, Satai, Tulmann, Waas
und Weltner.
Die Uraufführung von Louis Zehntners Amfeld
der Söldner“ dessen Vorspiel im 9. Sinfoniekonzert
unter Felix Weingartner aus der Taufe gehoben worden
ist, ist auf den 25. Mai festgesetzt worden.
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