II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 2035

iebelei
5 L. Sa
box 13/8
GRATIS
Nene Freie Pieen, Wien
Abenduiatt
77. MRZ. 1934
und Christine vor der
Schlagermizzi
Tonfilmkamera.
die Stimme der jungen Schauspielerin hört, die durch eine
„Fräulein Anna, den letzten Satz nochmals. Ein bißchen
Lautsprecheranlage aus dem schalldicht abgeschlossenen Raum
inniger, wenn ich bitten darf. Und die Handbewegung nicht
übertragen wird. Dann wird der Vorhang weggenommen und
so heftig.“
die Lautsprecheranlage ausgeschaltet, so das man nur das
Die junge Blondine muß Satz und Gebärde noch ein
Gebärdenspiel der Darstellerin sieht ohne ihre Stimme zu
zweites= und drittesmal wiederholen, bis der Regisseur der
hören. Schließlich wird die Harmonie von Wort und
Tonfilmschule mit ihrer Darstellung der Christine halbwegs
Gebärde geprobt, bis der Regisseur den Zusammenklang
zufrieden ist.
Man probt Arthur Schnitzlers
als vollkommen empfindet. Ein paar Minuten später muß
„Liebelei. Die Schlasermizst, ein reizendes=Mädel aus
sich die Schlagermizzi der gleichen Prozedur unterwerfen.
Margareten, das für die Schnitzlersche Gestalt wie geschaffen
Wieder bildet die Manöverkritik durch die Mitschülerinnen
scheint, verspeist rasch eine Schinkensemmel, ehe sie an die
ein wesentliches Element des Unterrichtes, bei dem sich der
Reihe kommt. Unterdessen halten Christinens Mitschülerinnen,
Regisseur als hervorragender Kenner aller Raffinements der
elf reizende Mädchen in kbeidsamer und praktischer Uniform
modernsten Filmkunst erweist.
Hose und ärmellose Bluse, damit beim Filmen die Be¬
Man lerni manche verheißungsvolle Begabung, der eine
wegungen nicht behindert werden — Manöverkritik über
Starlaufbahn prophezeit werden darf, in der Tonfilmschule
Christinens Leistung: „Den Augenaufschlag nicht
kennen. Viele Schülerinnen freilich entbehren der Originali¬
gar so schwärmerisch. Das wirkt affektiert.“
tät und spielen allzu deutlich unter dem Einfluß irgendeines
„Ich glaube, der Dialekt müßte ein bißchen
bewunderten Vorbildes Greta Garbo und Elisabeth
weniger derb gesprochen werden. Schnitzler hat
Bergner sind diejenigen Stars, die am häufigsten nach¬
sich ein leichtes anmutiges Wienerisch, aber nicht einen gar
geahmt werden, während sich die Eleven in Wort und Ge¬
so vierschrötigen Dialekt vorgestellt.“ Der Regisseur ermuntert
bärde besonders gern nach Charlie Chaplin oder Fritz
die Schülerinnen zu immer neuen kritischen B.merkungen,
Kortner richten Der Regisseur ist eifrigst bemüht, der¬
die oft eine überiaschend gute Beobachtungsgabe verraten.
artige Anlehnungen zu eliminieren und die Filmjugend ihrer
Dann spielt Christine in einem vom Unterrichtssaale
Eigenart bewußt werden zu lassen — wenn eine solche vor¬
durch eine Glaswand abgesonderten Raum die Szene des
handen ist.
Verzweiflungsausbruches, als sie vom Tode ihres Liebsten
„Achtung, Aufnahme!“ Scheinwerferlicht flammt auf.
erfährt. Nun wird ein interessantes Experiment vor¬
Schlagermizzi und Christine spielen jetzt eine Szene vor der
genommen Die darstellerische Leistung wird in ihre beiden
Tonfilmapparatur. Nicht nur der Regisseur, sondern — was
Komponenten — Wort und Gebärde — zerlegt. Die Glas¬
viel mehr besagen will — auch die gestrengen Mitschüle¬
wand wird durch einen Vorhang verdeckt, so daß man nur ] rinnen sind zufrieden.