II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 2081

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rgplatz 5a
box 13/8
5. Liebelei
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LIebere
konzessioniertes
itungs-Ausschnittg
Felephon R 23-0-43
1 Speidel. Der Baron Berger sei außerdemandern, unvergessenen, sehr begabten Lotte, sich auch durch die Jahrzehnte seiner Krank¬
noch ein so geistvoller Plauderer, der vor- dem Fräulein Witt nämlich, zur Hofschau= heit bis in die jetzigen Tage. Durch alle
Melancholie leuchtet stets die. Liebe zu seiner
Lindie; nehmste Gesellschafter im damals beliebtesten spielerin ernannt. Keine Dame des Burg¬
Familie, deren Heim er teilt.
theaters hatte bis dahin so jung (mit
mnanne Journalisten=Bierhaus „zum Winter“ Lokte
17½ Jahren!) das Dekret erhalten. Als das
Kann ein Publikum jemals einer tragischen
je gewisse Lotte gehorchte und ist dabei nicht schlecht gefahren.
Fräulein Medelsky kurze Zeit darauf zitternd
Denn das Ehepaar Berger=Hohenfels erwies
Schauspielerin, wie es die Medelsky ist, in
vor Franz Josef stand, um ihm den Dank
8 Burgtheater¬
sich später der Medelsky gegenüber als be¬
jenem Maß danken, wie sie es verdiente?
zu unterbreiten, da sagte ihr der Kaiser:
hollte! Aber die
Sie, die das Leid so vieler vom Schicksal ver¬
„Liebes Fräulein Medelsky, vor einigen
sonders gütig.
zu einem Fest¬
folgter Frauen getragen hat, wie wenn es
Tagen sah ich Sie auf der ühne des Burg¬
dessen Mittel¬
theaters. Sie husteten dan als einigemal!
ihr eigenes wäre? Die soviel fremden
So kam es also im Jänner 1897 zur
ine Gestalt, die
Schmerz ins eigene Blut gemischt? Nein —
Ists ein Katarrh? Sie müssen sich schonen,
kigentlich ganz „Wildente“=Premiere auf dem Franzensring.
es ist nicht möglich!
liebes Fräulein.“
pielerisch. Eine! Es war ein künstlerischer Sieg. Das wichtigste
Wie stolz war die Künstlerin auf solche
Nur ein kleines Beispiel dafür.
bar Dr. Max aber für Burckhard — da ihn doch der
Fürsorge der höchsten Person, die doch wahr¬
Eines Tages spielt die Medelsky im Pre߬
blutjunge Triumph Mitterwurzers als sicher galt
lige
haftig auch an andre Dinge zu denken hatte.
burger Theater als Gast die Christine in
ter zugeführt war der Erfolg der Medelsky. Am Schluß des
Schnitzlers „Liebelei“, Man wird sich ja er¬
nals für seinen vierten Aktes, nach der großen Szene mit
innern: Am Schluß des dritten Aktes erfährt
kien hat man Gregers Werle, der der jungen Hedwig rät,
Man kann sich heute kaum vorstellen, welch
das ahnungslose Mädchen, ihr geliebter Fritz,
Direktor des dem Vater zuliebe die Wildente zu erschießen,
tiefen Eindruck das Gretchen der Medelsky
dem sie ihre ganze Seele hingegeben, sei tot.
hatten die Sandrock und die Medelsky fast
schikose Natur
seinerzeit in Wien übte. Die Darstellerin war
Aber das ist noch nicht das ganze Unglück. Er
gleichzeitig abzugehen. Stürmischer Beifall
Temperament,
wirklich so alt wie die Leidensheldin Goethes.
stieg vom Parkett auf und kam von der Galerie
sei im Duell gefallen, im Zweikampf — wegen
Aber wie er für
Um jene Zeit hatte der große Billroth eine
einer andern Frau! Und die Familie habe ihn
herab. Und die Medelsky tritt, nachdem der
hsorgte, das an
Aeußerung gegen das Medizinstudium von
Vorhang gefallen war, auf die Sandrock zu,
schon begraben, ohne an seine Christine auch
nehmen sollte,
Frauen fallen lassen. Sie klang dahin aus, als
um sie zu dieser großen Beifallskundgebung zu
nur zu denken! Mit dem Ruf: „Laßt mich,
delsky.
wären sie überhaupt zu wenig begabt.
laßt mich!“ stürzt das arme Mädchen aus der
ins Burg¬
beglückwünschen.
Bei einer Vorstellung mit der Medelsky als
Da kommt Dr. Burckhard auf die beiden
Wohnung des Vaters fort. Es geht in die
rjemals auf
Gretchen saß ein bekannter Nervenarzt, Dozent
Damen zu und sagte der Medelsky: „Aber,
en zu sein—
Donau.
Dr. Holländer, neben mir. Ergriffen sagte er:
Der
niemand erlebt!
Als die Medelsky an jenem Abend d
Tschapperl, was reden Sie denn da?
„Die Leistung dieses jungen Mädchens, das da
Beifall hat ja Ihnen gegolten! Sie haben
er sie blieb nicht
letzten Worte ihrer Rolle gesprochen hatte,
die Margarete in solch schüchternem, zurück¬
Ihre Szene ausgezeichnet gespielt!“
mächtigte sich des Hauses eine ganz ungewohn¬
haltendem Ton anlegt und immer inniger
Die Tehütantin erschrickt ob dieser Worte
liche Erregung! Ein Herr, der im Parkett saß,
wird, um zum Schluß den Höhepunkt
diese

sprang mitten im Tosen des Beifalls auf
usschlaggebende des Direktors. Denn sie glaubt, die Sandrock
dramatischer Kraft zu erreichen
und lief auf die Bühne, in ernster Sorge um
Edwig in Ibsens werde beleidigt sein. Aber die schon berühmte
Steigerung allein zeugt von bewunderns¬
##urzer hatte zur Kollegin sagt: „Der Direktor hat ganz recht!“
die Darstellerin, um die Medelsky.
werter Feinheit des Geistes; davon nicht zu
„Gnädige Frau!“ rief r aus, „ich habe
und küßt die junge Partnerin.
sprechen, wie ein kaum flügge gewordenes
ht ganz freund¬
Da, wie schon erwähnt, die Frau Mitter¬
Sie bis nun nicht gekannt. Ich bin der Arzt
Mädchen die Verse eines Goethe so tief erfaßt
ngt. Aber da er
wurzer die Sörby pielte, zeigte Friedrich
des Hauses. Sie l ben mich tief ergriffen,
Angesichts dieses Gretchens würde Billroth
lte, mußten alle
Mitterwurzer an jenem Abend besondere
aber all das spielt keine Rolle gegenüber der
wohl andrer Meinung über die Frauen
Helch berühmter
Erregung. Obwohl von seiner Frau längst ge¬
Sorge, die ich für Ihre Gesundheit hege! Sie
Absolventin des
kum sich zeigen! schieden, hatte er, wie stets, wenn er mit ihr werden!“
selbst müssen ja furchtbar erregt sein!“
auftrat, Blumen für sie mitgebracht.
Und der Arzt zieht die Schauspielerin,
aufzuzählen, um
Damals genoß die Medelsky ihre glücklichste
Aber er übergab sie ihr nicht während der
deren Wangen noch glühen, mit Gewalt von
baren Glanz von
Zeit. Zum jungen Ruhm, der um sie blühte.
Vorstellung, sondern nach Schluß. Da wartete
e war Lewinsky,
gesellte sich das Glück der Liebe. Da hatte der Bühne weg — in ihre Garderobe. Er
er beim Bühnenausgang an der Volksgarten¬
Schöne,
dal —
Burckhard einen reichsdeutschen Schauspieler fühlt ihr den Puls und ruft ihr mit angst¬
seite, bis Frau Mitterwurzer in den Theater¬
voller Stimme zu:
Gina — Adele
für das Burgtheater gewonnen, Eugen
wagen zur Nachhausefahrt einsteigen wollte.
„Ihr Zustand ist ja schrecklich, Sie müssen
au Mitterwurzer,
Frank, das Bild jungmännlicher Schönheit:
sich beruhigen — Ihr Puls ist sehr hoch.“
und Molvig —Diese viersitzigen, geschlossenen Landauer, die
damals den Künstlern zur Verfügung ge¬
Er will ihr dieses und jenes Beruhigungs¬
h um die Hedwig halten wurden, waren in Wien als humpelige tadetloser, zum Heldischen neigender Wuchs,
prächtiger Kopf, ein helles Antlitz, durch die
mittel geben, er hat sogar eines bei sich in
wollte sie spielen, Straßenungeheuer geradezu berühmt! Und erst blauen Augen geradezu erleuchtet, eine
der Medikamententasche. Aber die Medelsky
die alten, bequemen Pferde! Man dachte an die Fülle dlonden Haares. Kollege und Kollegin
lehnt mit mildem Lächeln die Hilfeleistung ab.
kre Schauspielerin
reichten einander alsbald die Hand zum
„Der Puls wird sich schon wieder b
Sie glaubte an Vehikel aus den Hackländerschen Romanen
Bund. Eine wahrhaft glückliche Ehe nahm
ruhigen. Lassen Sie mich nur ein Viertel¬
des gemütlichen Hoftheaterlebens.... War
Alter ein noch in
ihren Anfang. Man weiß ja: die Tochter und
nun der Wagen für Frau Mitterwurzer vor¬
stündchen ruhen.“
Mädchen wie die
der Sohn, Lieselotte Medelsky und Hans
gefahren, so schob ihr ehemaliger Gatte den
„Aber Sie versprechen mir,“ beschwört
En und als Tochter
Frank, haben die schauspielerische Laufbahn
Portier, der die Tür öffnen wollte, zur Seite
der Arzt die Künstlerin, „nie mehr so tief
Finen!
und bemächtigte sich selbst des Wagenschlages.
aus der Seele und vor allem aus dem
mit Erfolg betreten.
unbedingt bei der
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Leider aber kam mit dem Krieg das
War die Gattin da, so riß er die Tür auf und
Herzen herauszuschöpfen!“
Protektor riet er
Unglück ins Haus. Eugen Frank wurde von
legte erst jetzt die Blumen feierlich in ihren
„Es ist unser Beruf,“ antwortet die Künst¬
id ihrem Gatten
einer Kriegspsychose erfaßt. Als Sohn eines
lerin mit bitterem Lächeln.
lg zu fahren, um Schoß, küßte der Gattin die Hand und ließ sie
Und nochmals stürzt ihr die Träne über
Landwirtes im gesündesten Milien auf¬
dann schön allein nach Hause fahren.
itten und die Er¬
das Schicksal Christinens aus den Augen....
gewachsen, geriet er durch die Schreckens¬
ie Hedwig vor¬
Und nun, nach vierzig Jahren solchen
würde die Frau
Der Erfolg mit der Hedwig beschleunigte nachrichten vom Kriegsschauplatz aus dem
Wirkens, feiert man ein Jubiläum.
ich ihren Gemahl,
Persönlichkeit sei. die Karriere der Medelsky und als sie erstl scelischen Gleichgewicht. Die Aerzte geboten
Julius Stern.
seundschaft mit den mit dem Gretchen im „Faust“I Sensation aufs strengste: Aufgabe aller Tätigkeit. Aber
sers mit Ludwig übte, da wurde sie gleichzeitig mit einer die Liebenswürdigkeit seiner Natur bewährte