II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 31

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4.9. Anatol - Zyklus
Den 1124.
De¬
OBSER
I
1. Er behördl. konz. Unternehmer für Leitungs¬
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vortretungen
Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, C,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapol,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St.Pet¬
burg, Toronto.
als den
Ausschaft aus:
und

Wiener Theater.
So oft ich einen der sieben Anatol-Ein¬
akter von Arthur Schnitzler auf der Bühne
sah, mußte ich der hübschen Berse gedenken,
womit Loris vor siebzehn oder achtzehn
Jahren ihre Buchausgabe einbegleitet hatte:
„Also spielen wir Theater,
Spielen unsre eignen Stücke,
schau.
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Frühgereift und zart und traurig,
Die Komödie unsrer Seele,
Unsres Fühlens Heut und Gestern,
Böser Dinge hübsche Formel,
Glatte Worte, bunte Bilder,
Halbes, heimliches Empfinden,
Agonien, Episoden.
Nun fünf von diesen Anatol=Stücken
(„Die Frage an das Schicksal“, „Weih¬
nachtseinkäufe", „Abschiedssouper,
„Epi¬
sode“ und „Anatols Hochzeitsmorgen") zum
ersten Male an einem Abend zyklisch ver¬
eint im Deutschen Volkstheater zur
Aufführung gelangten, wurde mir die Er¬
innerung an jene Verse zur Notwendigkeit,
um mich vor Ungerechtigkeit gegen diese
im dämmerigen Halbschatten süßschmerz¬
licher Verträumtheit und leise resignierender
Ironie zart und traurig einherschwankenden
Episoden und Agonien aus dem Liebesleben
einer frühgereiften, frühblasierten, hypochon¬
drisch in Erinnerungen kramenden Gro߬
stadtjugend zu bewahren. Gegen die litera¬
rische und theatralische Verklärung des süßen
Mädels durch plump vergröbernde Nach¬
ahmungen abgestumpft und durch den später
nach tieferen Problemen schürfenden Dichter
verleitet, in seinen Anatol=Stücken mehr zu
suchen, als dramatisch=feuilletonistische Jugend¬
bekenntnisse, unterliegt man leicht der Ge¬
fahr, über dem stofflich geringfügigen Einer¬
lei dieser katzenjämmerlichen Liebeleien das
kunstvolle Vielerlei ihrer poetischen Gestal¬
tung zu übersehen und das Kind mit dem
Bade auszuschütten.
Loris begrenzt mit seinen anmutig kom¬
mentierenden Begleitversen unsere Forderun¬
gen und Ansprüche auf Gehaltstiefe und
stellt unser kritisches Auge auf den richtigen
Sehwinkel ein, der uns erkennen läßt, was
den künstlerischen Reiz dieser Bagatellen
ausmacht: Die leichte Sicherheit in der
Führung des Dialogs, die graziösen Ein¬
fälle, die sich in aphoristisch wohl vorbereiteten
Pointen zwanglos einander absen, das
eigentümliche Gemisch von Beschaulichkeit
und Empfindsamkeit, von Keckheit und Zag¬
haftigkeit, die es dem Dichter erlauben, mit
dem Gewagtesten zu spielen, ohne damit
verletzend zu wirke. Durch das Medium
jener Verse gesehen, die uns un böser Dinge
hübsche Formel“ versprechen, erhebt sich eines
von den fünf aufgeführten Anatol=Stücken
sogar in die reine Sphäre wirklicher Poesie
und es ist vielleicht bezeichnend dafür, was
unsere Theater von Schnitzler wollen, daß
gerade dieses reinste und feinste Anatol=Stück
in Wien erst jetzt und nur so nebenbei zur
Erstaufführung gelangte. Ich meine „Weih¬
nachtseinkäufe. Aus dieser kleinen Duo¬
szene klingt das wehmütige Entsagen einer