II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 137

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4.9. Anatol - Zykle
228 Paul Oskar Höcker: Die Berliner Bühnen.
ungern dafür. Und der zweite Rang
zert“ von Hermann Bahr veranlaßte Lin¬
und die Galerie ist selbst mit Freibillettlern dau außerdem, desselben Verfassers „Kram¬
nicht mehr recht zu füllen.
pus“ für den urkomischen Vollmer aus
In diesem Zustand des Übergangs, da
der Kanzlei herüberzuholen. Das Bühnen¬
die Jungen alt und altmodisch geworden
haus, das im letzten Menschenalter Mat¬
sind und die neuen, temperamentvollen
kowsky, Mitterwurzer und Kainz gesehen,
Talente, derer es jetzt bedarf, noch fehlen,
gehört nun einmal einen Winter lang den
machen die Bühnenleiter die komischsten beliebtesten komischen Kräften Berlins.
Verrenkungen. Mit zärtlicher Behutsam¬
Da daneben für die Bildung unseres Nach¬
keit buddeln sie dramatische Leichen und
wuchses reichlich Klassikervorstellungen in
Scheintote aus den Gräbern aus, an denen
rechtschaffener
Einstudierung
heraus¬
sie selbst vor zwanzig, dreißig und vierzig
gebracht werden, müssen wir uns zufrieden
Paul Wegener als Sdipus. Photographie von Zander & Labisch in Berlin.
Jahren die Grabreden gehalten haben.
geben. Große Ehrgeize haben den Gen¬
Das muß ausgerechnet Paul Lindau pas
darmenmarkt ja nie beunruhigt.
sieren, daß er Roderich Benedir wieder zu
übrigens — sie schlafen auch am Fried¬
Ehren verhilft! Benedir ward an seinem rich=Karl=Ufer, wo einst die Revolutions¬
hundertsten Geburtstag wieder spring¬
schlachten der Freien Bühne geschlagen
lebendig. Die köstliche Anna Schramm,
wurden. Denn die „große Tat" des Lessing
die ehemals so furchtbar nette, gab den
theaters war bis zum Weihnachtsfest
„Störenfried, das Urbild aller deutschen
die Verführung des guten alten „Anatol“.
Lustspielschwiegermutter, von dem sich
Arthur Schnitzlers „Frage an das Schick¬
Generationen von Schwankfabrikanten er¬
sal", „Weihnachtseinkäufe", „Abschieds¬
nährt haben. Der vorjährige Erfolg der
souper", „Episode" und „Anatols Hoch¬
harmlos trefflichen Komödie „Das Kon¬
zeitsmorgen" zeigen das gemütvolle Lebe¬