II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 172

4.9. Anatol - Zyklus
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(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnittenes Münchener Tagblatt
25
10
vom
Anatol.
Das leichtsinnige Wien am letzten Jahrhundert¬
schluß hat in Arthur Schnitzler einen geist¬
reichen und amüsanten Schilderer gefunden. Im
Anatole-Zyklus setzte er vor allem dem „fü¬
gen Mädel", der Grisette verschiedenster Provenienz,
und dem unverbesserlichen Lebemann ein erheitern¬
des literarisches Denkmal. Die fortschreitende Zeit
wird freilich mehr und mehr zu der Erkenntnis ge¬
langen, daß er dabei hübsch an der Oberfläche ge¬
blieben ist. Ein dauernd Wertvolles darf man aber
wohl den feinen, ungezwungenen Dialog dieser
Einakter nennen.
Das Münchner Schauspielhaus bietet neuestens
eine gesammelte Uebersicht über Anatols Liebes¬
nöte in 5 „Kapiteln". Hievon zählt Abschieds¬
souper" seit vielen Jahren zum eisernen Bestand
des Stolberg=Bühnen=Repertoires. Auch bei der
„Frage an das Schicksal“ ist man in Mün¬
chen bereits verschiedentlich Zeuge gewesen und
„Anatols Hochzeitsmorgen" haben wir vor
ca. zwei Jahren als Matinee im Volkstheater (wenn
wir nicht irren, mit Frau Glöckner und Herrn Cra¬
mer) erlebt. Zum erstenmale gingen also hier eigent¬
lich nur „Episode" und „Weihnachtsein¬
käufe über die Bretter; ersteres eine nette Feuille¬
ton=Plauderei mit allerlei Liebes=Reminiscenzen,
letzteres eine mit Grazie behandelte Flirt-Szene;
aber beides ohne dramatischen Funken und daher
in der Wirkung schwächer als die übrigen drei Ein¬
akter.
Darstellung, Inszenierung und Ausstattung
zeigten die Leistungsfähigkeit des Schauspielhauses
auf einer erfreulichen Höhe. Für Anatol, den „leicht¬
sinnigen Melancholiker und Liebhaber aus Beruf,
könnten wir uns kaum einen besseren Vertreter den¬
ken als Herrn Waldau, der die liebenswürdige
Bummler=Physiognomie brillant zur Schau trug.
Absolut sympathisch machte auch Herr Randolf
den gutmütigen „Freund Max". Die Reihe der
wechselnden Freundinnen begann Frl. Steinbre¬
cher mit guter Betonung des Grisettencharakters
der „Cora“. Frl. Landing im eleganten Hosen¬
rock war für die Zirkuskünstlerin „Bianca viel¬
leicht etwas zu distinguiert, wogegen Frau Ger¬
häuser die mondäne, zurückhaltende Frau trefflich
akzentuierte. Frl. Woiwode als frische „Annie"
im „Abschiedssouper ist zur Genüge bekannt. Die
Kette schloß Frl. Schaffer mit einer sehr tem¬
peramentvollen „Ilona". Eine besondere Augen¬
weide waren die Szenen=Bilder von Ferd. Götz, E.