II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 201

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Telephon 12.801.

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OBSERVI
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
allemands dans la
Ausschnitt aus
Schwäbischer Merkur
von
a
K. Hoftheater in Stuttgart.
7 Stigen wurden ausgewählt und wie zu erwarten war, haben
„Anatol“ von Arthur Schnitzler.
unter ihnen das schon länger dem deutschen Theater einver¬
Stuttgart 5. Sept. Das K. Höfen eröffnete gestern
leibte Abschiedssouper und der Schluß des ganzen, Anatols
die Reihe seiner Erstaufführungen mit einer Neuheit, die im
Hochzeitsmorgen, den stärksten Eindruck gemacht. Gespielt
Grund keine ist. Schnitzlers „Anatol“ ist schon 1892 als das
wurde aber auch ganz vorzüglich. Zwar wußte Raoul Aslam
Erstlingswerk des damals 30jährigen erschienen. Die in ihrer seinem Anatol weder in der Maske noch in der Darstellung
ganzen Gestaltung merkwürdig reife Dichtung trug schon alle
ganz die verfeinerte Geistigkeit zu geben, die er nach des
Züge von Schnitzlers literarischem Charakter scharf ausgeprägt
Dichters Absicht haben soll, doch hat er seine umfangreiche
an sich, seine sichere Beobachtung der Wirklichkeit, seinen aus¬
Rolle mit großer Frische und glücklichem Humor gespielt, und
gesprochenen, aber durch ein weiches Stimmungselement ge¬
Hermann Blank bot ihm mit seiner gewandte Verkörperung
milderten Naturalismus, seine Vorliebe für das rauschende
von Anatols Freund, dem Durchschnittsmenschen Max eine
Großstadtleben Wiens mit seiner sinnenfreudigen schwülen
Folie, von der er sich kräftig abheben konnte. Neben den
Atmosphäre und endlich seinen geistvollen Feuilletonismus, der zwei Männerrollen, die das Stück allein verlangt, treten als
sich am liebsten in den kleinen Formen der dramatischen Skizze eine bescheidene, aber charakteristische Auswahl aus der Zahl
ausgibt. Es besteht aus einer glänzenden Folge von in sich der Frauen, die Anatol besessen, 5 Frauengestalten. Ein so reiches
geschlossenen Augenblicksbildern aus dem Dasein eines Lebe¬
Aufgebot von Mitspielerinnen rief fast alle weiblichen Sterne
Ananns, dessen Widersprüche und innere Unwahrheit es mit
unseres Schauspiels zu edlem Wettstreit auf die Bühne. Den Preis
sprühendem Humor ans Licht stellt. Aber die Dichtung geht gewannen unstreitig Grete Lorma mit ihrer entzückenden
nicht auf in der komischen Spiegelung des großstädtischen
Wiedergabe der urwüchsigen, durch keine Sentimentalität be¬
high life. Ihre Lustigkeit hat einen ernsteren Hintergrund
schwerten Annie im Abschiedssouper und Emmy Remolt mit dem
das Werk entwirft das Bild einer unter der Herrschaft der
in derbem Humor gegebenen Gegenstück dazu, der der stür¬
Moderne weit verbreiteten Krankheit, die darin besteht, daß
mischen rachsichtigen Ilona des Hochzeitsmorgens. Aber auch
man in einer Sensibilität, die wehrlos jedem Eindruck preis¬ die Damen Kunniger, Feldhofen und Pfeiffer, denen der
gegeben ist, das Kennzeichen einer vornehmen Natur und die
Dichter keine so dankbaren Rollen zugeteilt hat, haben das
Garantie eines verfeinerten Lebensgenusses sieht. Schnitzlers Ihre zum Gelingen des Abends beigetragen.
„Anatol“ ist ein Schwächling dieser Art, der stolz auf sein
Schwäche ist und das wird ihm zum Verhängnis. Nicht star¬
genug, seine Leidenschaften zu zügeln, als Zögling einer hohen
Kultur zu reich und zu sein organisiert, die Liebe obenhin
in gedankenlosem Leichtsinn wie sein Freund Max zu genießen,
läßt er sich durch ein gesteigertes Bedürfnis nach immer neuen
farbigen Eindrücken vom Leben in verzehrender Hast von einer
Liebe in die andere treiben, bis er im letzten Stück sich müh¬
sam den Armen eines leidenschaftlichen Weibes anträgt, um
erschöpft und kraftlos geworden im Fühlen und Wollen in
eine konventionelle, von vornherein zerrüttete Ehe zu wanken
über der seine Vergangenheit als drohende Wolke steht.
Daß das an literarisch höher stehenden Stücken nicht eben
reiche Theater der Gegenwart gut daran getan hat, sich der
Dichtung Schnitzlers anzunehmen, hat der lebhafte Erfolg des
gestrigen Abends bewiesen. Die 5 bühnengemäßesten von den