II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 432

4.9. Ana¬
Zyk
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Deren
de la
vom

der Betreten
Lindt- und Land.
Die Witwen- und Waisenwoche.
Dritter Tag: „Anatole von Artur
Schnitzler.
Nach eine für die Ver¬
hältnisse des Belgrader „Theaterlebens
von angenehmer Kürze war, konnten wir
gestern im Rahmen der Veranstaltungen
der Wohltätigkeitswoche zu unserer
Freude abermals Wiener Künstler be¬
grüssen. Unter Leitung des Hofschau¬
spielers Anton Tiller hatte sich eine
Anzahl guter Kräfte, die verschiedenen
Wiener Bühnen angehören, zusammen¬
gefunden, um uns des Theaters so stark
Entwöhnte daran zu erinnern, dass de
Krieg allein nicht die Welt beherrs
Die vier Akte, die man spielte Schnitz¬
lers „Anatole waren ein Gruss aus
Friedenszeiten, ein Gruss dem Wien
der süssen Mädeln, die wohl auch in
diesen harten Zeiten kaum weniger süss
geworden sein dürften, und ein Gruss
aus jenen Tagen, in denen das Leben
noch nicht so streng und noch nicht so
voll des Schreckens und der Trauer war.
„Anatol“ ist ein Typus, der heute fast
anachronistisch wirkt, aber vielleicht hat
er gerade deswegen seinen starken Reiz.
Denn man fühlte gestern, dass diese
Szenen, trotzdem sie vor viel mehr als
zehn Jahren geschrieben wurden und
trotzdem auch Schnitzler selbst inzwi¬
schen ein ziemlich anderer geworden ist,
nicht von jener Schichte Staub bedeckt
waren, die sich sonst so oft auf viele,
einst beliebte und ganz aus ihrer Zeit ge¬
borene Bühnenarbeiten zu legen pflegt.
Sie hatten noch viel an sich von
ihrer Entstehungszeit, an die man zurück¬
denkt als an etwas längst, längst Ver¬
gangenes, und vor deren Wiederkehr
einem beinahe etwas bange ist. Die
kleinen Amouren dieses beneidenswert
sorglosen jungen Mannes können einem
in der weichen, ein wenig ironischen, ein
wenig sentimentalen Linienführung tat¬
sächlich von einiger Wichtigkeit er¬
scheinen, ohne Zweifel aber steht fest,
dass diese verschiedenen Coras, Biankas,
Annies und wie sie sonst noch heissen
mögen, noch immer zu den begehrens¬
wertesten Geschöpfen im Wiener Weich¬
bilde gehören, mögen sie auch dann und
wann in der Treue nicht jene exakte
Genauigkeit walten lassen, die ihrer
Vollkommenheit erst das i-Tüpfelchen
aufsetzen würde.
Anton Tiller war Anatol und Hans
Olden sein Freund Max, der um einige
Töne Skeptischere und Erfahrenere, beide
von der mondenen Eleganz, wie sie vor