II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 498

4.9. Anat
box 9/3
Zykl
bei leisem Wind und Blätterfallen der zu spät uns. Rokoko ist Hofmannsthals Prolog zu diesen Schlaf Frieda Schrantz, die den Prolog schau¬
tol¬
spielerisch überlädt, besitzt nicht die kokottige Verve
Geliebten von einem zerspielten Leben sagt. Fünf¬ Akten, und auch sie selbst spielen in einer Ver¬
der Zirkusdame Bianca: Hilde Herterich, schon
gangenheit.
unddreißig Jahre sind verflossen seit dem Tag
heater
figürlich kein Ballettmädchen Annie, gibt statt
da die Niederschrift „Anatol“ vollendet wurde,
Lächeln
Gustav Waldau weiß um diese zeit
einer derb=munteren Vorstadt-Skizze intellektuelle
und noch sind sie keineswegs ausgestorben, die
den kaum
lichen und kulturellen Bindungen. Er hat die und deshalb gewaltsame Groteske
They
leichtsinnigen Melancholiker, noch leben diese ihr
ne bleibt,
fünf meistaufgeführten der sieben „Anatol"-Sze¬
Pricken sieht als Ilona überraschend gut aus,
Szenen um einen Prototyp, den Wiener Anatol
in sanfte
nen durch eine wienerische Musik verbunden, die
muß jedoch ungarisches Temperament durch Aller¬
An der
Aber Wien, das deutsche Märchen am Donau aus verhangener Orchesterloge klingt, und de
welts-Hysterie ersetzen. Für den Max bringt
Wiener
strom, ist durch einen Krieg, eine Revolution
(nur selten noch gesprochene) Prolog erscheint im Karl Graumann einen trockenen Humor mit
Reifrock seiner Zeit und plaudert seine Verse in
immer das einen Kronen- und einen Frankensturz gegangen;
den er freilich nicht abzuwandeln weiß, sodaß er
dem Läu¬
die heimlichen Nöte, die dem Fremden kaum be¬ das Rokoko des kostbaren Theaterraumes. Soweit
schließlich farblos und ermüdend wirkt. Wal¬
wächst es
merkbar werden, zehren am Mark der Stadt; Reifer sich selbst, den Schauspieler Waldau, einsetzen
dau, der sich keine Nuance entgehen läßt und,
m Prater¬
fiel auf die Blüte ihres ewigen Frühlings. Die kann, vermag der Regisseur Waldau — von eini
wie angedeutet wurde, manche übernüanciert
hen das
Jüngsten einer Vorkriegszeit fangen an, alt zu gen Längen sei abgesehen — eine echte wienerisch¬
schenkt sein Bestes in der Beichte jener „Episode
ner Gon¬
werden, und an keinem von ihnen, den so sehr Halb=und=Halb=Stimmung zu beschwören, triff
der unstreitig dichterisch tiefsten der sieben
me weh¬
Empfindsamen, sind jene Jahre spurlos vorüber er — bis auf einige Entgleisungen ins Schwa¬ Szenen,
sehr
geglitten; Erinnerung ist das Beste oder Einzige, bing — den Schnitzlerton, und da Anatol-Waldau
Der Hauptteil des Publikums freute sich,
gendeiner was den mit Haltung Alternden verblieb. Die beinahe die ganzen fünf Szenen hindurch auf de
wenn dick aufgetragen wurde: der Rest lauschte,
im
aber nach dem Krieg zur Reise kamen, wissen Bühne bleibt, füllt er den Abend mit persönlicher
hier nichts von dem seltsamen, kranken Zauber der Reizen: mit dem Charme des großen Jungen, mit wehmütig lächelnd, einer Melodie, die vor nicht
schürfendem Humor, mit der Melancholie einer allzulanger Zeit neu, jung und verwegen war.
radieren
Zeit um die Jahrhundertwende; sie haben ihren
eigenen Typ, der dem eines leichtsinnigen Melan- zarten Seele und mit einem ungewöhnlichen So wurde die Erstaufführung ein sozusagen all¬
Friedrich-Carl Kobbe.
m diesen cholikers fremd und fern ist, auch wenn sie ihn, Können. Aber wenn es schon für diesen Könner gemeiner Erfolg
in Wien bisweilen noch zum Muster nehmen. Er und Kenner nicht selbstverständlich leicht ist, in
en parise
war, dieser Typ, der edelste Repräsentant aller ab= Wien und bei Schnitzler zu verharren (seine Per¬
dessen ero
siflage von der Träne „im Knopfloch" war am
Skandalszenen bei einer Generalprobe. Be¬
ern seiner klingenden Epochen, seine Zeit wird oft noch
erschieden wiederkommen, solange diese alte Erde kreisen Samstag unter nicht wenigen anderen die der Generalprobe der Oper „Wozzeck“ von
schlimmste), so muß solches Bemühen um einen Alban Berg in der Berliner Staatsoper
age Wie wird, und immer leben, frühgereift und zart und
Melancholi¬ traurig, in fremder Welt einsame Brüder Ana¬ Stil für die übrigen Mitwirkenden beinahe not¬am es zu Skandalszenen, wie man sie bisher im
n, die De¬ tols. Aber wieder einmal ist ihre große Zeit wendigerweise vergeblich bleiben. Nur eine ein¬
Staatlichen Opernhaus nicht erlebt hat. Nach dem
Spazier=gewesen. Nie auch, solange ein deutsches Thea= zige der fünf Szenen findet unter diesen Bedin¬
dritten Akt wurde das Beifallklatschen eines Tei¬
ter sein wird, werden diese Szenen Arthur gungen ideale Formung, die Szene „Weihnachts
les der Zuhörer durch Zischen und Pfeifen eines
ungen ist
einkäufe, die sich bereits im Buch bedenklich den
mehr ernst Schnitzlers vergessen werden. Doch schon sind
anderen Teiles erwidert. Es kam zu heftigen
chts wahr unter dem Staub schwerer Jahre, ihre Farben Sentimentalen nähert und oft gestrichen wird
Auseinandersetzungen, die in Tätlichkeiten aus¬
verblichen. Noch immer leuchtet und entzückt eine Hier jedoch steht Waldau in Herta von Hagen
zuarten drohten. Schließlich mußte der Haus¬
deshalb
Form; aber, nicht wahr, es ist nicht unser eigenes die ebenbürtige Partnerin gegenüber. Man kann
inspektor unter Berufung auf sein Hausrecht die
betrügen
ligkeit zur Stück mehr, nur noch, für wenige, ein Stück von sich jene Gabriele gewißlich anders denken, aber
Streitenden aus dem Theater hinausweisen.
Haltlosig= unserem Stück, was in diesen Szenen gespielt was Frau von Hagen mit ihren kleinen Sätzen
formt, ist ein Miniatur=Erlebnis, dem das vor¬ Kleine Mitteilungen
in; die um wird, nicht mehr die Komödie unserer Seele, nur
noch, für wenige, ein Akt, ein Auftritt der Ko¬ gesetzte einschränkende Substantiv nichts nehmen
sind. Das
Vom Kultusministerium wurde der Privat¬
mödie unserer Zeitseele. Die Dinge des Lebens kann von seiner Echtheit, seiner Tiefe und der
dozent an der Universität Erlangen Dr. Marmi¬
„Liebelet
haben heute ein anderes Gesicht als dazumal; Meisterschaft, mit der es geformt wurde. Char¬
lian Knerr, auf sein Ansuchen mit sofortigen
Ruhm üb¬
Wirkung von der Stellung eines Privatdozenten
von Sala, Liebe hat ewig gültigen und ewig gleichen Wert, lotte Krüger, Cora, lieblich anzuschauen und
im Garten die Formen der Erotik jedoch wandeln sich mit von natürlicher Grazie, ermüdet im hypnotischen an der Universität Erlangen enthoben,