II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 645

4.9. Anatol Zyklus
ger
liches Hoftheater
voor Schnitzte:
ung im Hoftheater)
Liebe ist Mut.
kultiviertester Luxus sprühen
am „Graben in Wien. Tritt
Schritte in eine der Seitengassen
der den Hohen Mark zu, so wird
verschlafenen Stille des früheren
sadt, der Fischer von Erbach und
Meister des Barock, das Gepräge
stillen verschwiegenen Straßen
re aus der beobachtenden Helle
ingang zu einer dieser Straßen
tele am Weihnachtsabend den
sehr ein Lebenskünstler als ein
an „Weihnachtseinkäufe
und Kinder, Anatol für das süße
Fingern, das draußen in der
dem kurzen Gespräch, das unter
allenden Schnees zwischen ihnen
die ganze Tragik der mondänen
Ehe das arme, kleine Mädel
d ihm durch Anatol zum Weih¬
schickt: von einer Frau, „die
wie du und die den Mut dazu
otte Pils erwies sich als
pfindende Künstlerin und be¬
wundersam verhaltenen Sehn¬
ne legte.
Liebe ist Stimmung.
tauchen in seiner Stimmung
den sonderbaren Dust von Aben¬
t, an dem er sich berauscht. Als
ohe Zirkusreiterin, in dem Ar¬
füßesten Zauber und glaubte, ihr
als sie von Petersburg zurück¬
nicht wieder, den enttäuschten
nur eine Episode" gewesen,
de ... Ilse Berka gab der
und in Gestalt und Leben.
III.
Liebe ist Illusion.
in sehen wir das Ideal, dem die
ne Autosuggestion alle Vorzüge
dem, der den Schleier zerreißen,
Wir scheuen die Wahrheit,
Cora, das süße Mädel, in hyp¬
vor Anatol saß, konnte er die
durch ein Wort erfahren. Die
ale stand im frei: er stellte sie
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nicht. Er weckte lieber mit raschen Kuß die Freundin, und
er tat klug daran. Warum durch kalte Wahrheit das warme
Glück zerstören? Liebe ist Ilusion... Len: von Son¬
nenthal als „Cora" war in der weichen Anmut der Be¬
wegungen und dem leichten Dialekt-Anklang der Typus
des süßen Wiener Mädels und sah wach und in der Hypnose
bildhübsch aus. Man konnte es „Anatol“ nachfühlen, daß
er die „Frage an das Schicksal nicht stellen und sich des
Sonnenstrahles dieses Glückes nicht berauben wollte.
IV.
Es ist ein seltsam Ding um die Liebe.
Anatol, der Freund des Lebens und der Liebe, hat sich
zur legitimen Monogamie entschlossen. Nicht nur aus Ver¬
standesgründen, sondern er glaubt in gehobenen Momenten,
mit seiner Braut glücklich zu werden. Und doch reist ihn
der Taamel des Herzens am Abend vor der Hochzeit wieder
in die Arme seiner letzten Geliebten. So bringt „Ana¬
tols Hochzeitsmorgen eine Füsse widerstreitender
Gefühle und Kämpfe, die nur die Hand des Dichters wie
Artur Schnitzlers mit solchem Geschick lösen kann,
ohne brutal zu werden und ohne zu verletzen. — Herta
Alsen gab die in des Schicksals Bande verstrickte
„Ilona mit Temperament, die Klippe der Uebertreibung
geschickt vermeidend.
Das von früher bekannte lustige Abschieds¬
souper bei dem Käthe Gothe eine niedliche Annie
war, fügte sich noch dem Reigen der Anatol-Szenen ein.
Für alle Szenen hatte man in Kurt Ehre einen
glänzenden „Anatol gefunden. Im Grundzuge der
leichtsinnige Melancholiker, wie Schnitzler seinen Helden¬
er ist der „Held“ des heutigen Wien — sich vorstellt, gab er
jeder Szene ihren besonderen Charakter, ihre eigene Stim¬
mung. Wahrhaft wohltuend berührte es, wie seine Dar¬
stellung sich von schwankmäßiger Uebertreibung fernhielt
und mit künstlerischer Intuition den Stil des seinen Lust¬
spieles traf. Aus diesem Grunde war es auch richtig, daß
man die Rolle von Anatols Freund „Max Herrn Kurt
Westermann übertrug. Wenn auch Herr Westermann
die letzte lebemännische Eleganz nicht besitzt und durch ge¬
wisse Saloppheiten in der Sprache nicht zu erreichen suchen
sollte, so bildet er in seiner klugen, gehaltvollen Art gerade
den richtigen Gegensatz zu Anatol, dem Stimmungsmen¬
schen, und war als leise ironischer, geistvoller Raisonneur
der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht.
Der geschickt sich aufbauende Gesamteindruck wie jeder
künstlerische Einzelzug der Aufführung ließen die her¬
vorragende Regiekunst des Herrn Dr. Paul
Eger durchspüren, die von den Herren Kurt Kempin
und E. Schwerdtfeger wirksam unterstützt wurde. Die
malerische Straßenecke im alten Wien mit der weihnachtlich
erleuchteten Kirche im Hintergrund, das in eine wunder¬
volle trauliche Beleuchtung getauchte Zimmer bei Max, die
helle, fröhliche Junggesellen=Wohnung Anatols, das ele¬
gante Separee mit dem blumengeschmückten Tisch bei Sacher
gaben jeder Szene einen harmonischen Rahmen.
So bot die Aufführung an künstlerischen Werten ent¬
schieden mehr als die vorjährige Darstellung im Frankfur=
ter Schauspielhaus. Sie war des Dichters würdig und
wurde von dem stark besetzten Hause mit lebhaftem Beifall
aufgenommen.