II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 669

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4.9. Anatol - Zyklus
gedeihen. In Wahrheit handelt es sich um die Vizepräsidentin
seine List und sein Vorhaben als Erzählung seines Stückes
eines Schwimmklubs, die sich durch eine Rekordleistung auf den
dem Hausherrn haarklein mitzuteilen und dann unter dem
lik.
Präsidententhron schwingen wollte und der es äußerst fatal ist, an
Vorwande, daß der Schluß des Stückes seine Gegenwart
der Befriedigung ihres Ehrgeizes gehindert worden zu sein. Indes:
fordere, sich mit der Geliebten, die einer ihrer plötzlichen Launen zu
sei Einakter
der Zuspruch des Hausarztes, der herangeeilt ist, um den Narren
folgen scheint, aus dem Staube zu machen. Der Hausherr wird
des Beglückungsdranges von der letzten Torheit abzuhalten, bringt
durch einen klügeren Freund darauf aufmerksam gemacht,
die ehrgeizige Nymphe dazu, den Don Quichotte der Donau eine
daß es sich wohl um einen Abschied auf Nimmerwieder¬
schen, die mit der
Weile in seinem Lebensretterwahne zu lassen, und das Schwimm¬
sehen handle. Aber es kommt anders. Nina kehrt
vereinigen möchten,
kostüm der Dame, das schließlich die holde Täuschung enthüllt, ver¬
wider ihren eigenen Wunsch zurück, denn das Stück
uns eine Anzahl
mag nichts mehr wider die beglückende Kraft des Herzensbundes
ist durchgefallen, sie muß noch eine Weile in der Garage bleiben,
die Seitenlinie der
Die Komik des unbeschäftigten guten Herzens ist hier gerade star¬
und der aus allen Himmeln gestürzte Freiherr glaubt wieder an
zu Hans Müller
genug, um die Verwegenheit der Voraussetzungen zu decken.
sein verteufeltes Glück, das ihm schon unheimlich geworden ist. Die
kürlichen Sammel¬
Dagegen leidet in den beiden anderen Einaktern der groteske
überraschende Schlußwendung ist recht hübsch, aber sie kommt etwas
zelt in Wien, und
Witz unter der Kompliziertheit des Anekdotenapparats, der ihn
zu spät, um für die schwerfälligen und obendrein recht unbehaglichen
darf als ihr ähn¬
zu erdrücken droht. Das Stückchen „Der Minister" hat
Voraussetzungen, die den überlegenen Spötter zu tief in die
anten Plaudereien
spezifisch österreichische Verhältnisse zur Voraussetzung.
Gemeinheit hinabdrücken, zu entschädigen.
die sich dramatisch
deutschnationale Abgeordnete Herterdings hat bei einem
Gespielt wurde überwiegend nach den guten Traditionen des
im gesellschaftlichen
der häufigen Systemwechsel Aussicht, Landsmann-Minister
Kleinen Theaters. Dem Ministerkandidaten, dessen Gesinnung
die ihren Verwaltern
zu werden, muß aber jede Gefahr der Verdächtigung aus dem
ohne rechtes Behagen karikiert ist und der für eine Lustspiel¬
Zeiten und überzahm
Wege räumen, wenn ihm die ersehnte Würde nicht entgehen soll.
wirkung nur durch einen Beisatz von ausgesprochener Komik zu
lag einer blasierten
Deshalb will er einen Scheinbruch mit seiner Geliebten, der tschechi¬
retten wäre, gab Herr Hartau zu viel staatsmännische Feier¬
ligen und wertlosen
schen (Müller sagt fälschlich: böhmischen) Sängerin Maruschka,
lichkeit. Aber Herr Adalbert, der den parteifrommen Parlamen¬
tigt hat, ehe ihr
herbeiführen und diese angebliche Tre ung dadurch besiegeln, daß
tarier in die dümmliche Temperamentlosigkeit hinüberspielte, und
weist
gangen
er die Dame einem Parlamentskollegen, der ihm blindlings Folge
Frl. Irma Klaar, die als Maruschka ein Bohèmetum
ein Charakter,
leistet, als Braut aufhalst. Während er sich mit dieser diplomati¬
plumperer Art mit einem glaubwürdigen Tschechisch-Deutsch aus¬
keiner
schen Tätigkeit befaßt, erscheint der Ministerpräsident bei ihm, um
rüstete, taten genug des Drastischen für den superklugen politischen
vielen Seiten in
ihm einen Stimmungswechsel in den höheren Sphären be¬
Scherz. In den Einaktern „Garage“ und „Das Höchste sorgte
piegel der Lebewelt,
greiflich zu machen; man wünscht jetzt keinen streng nationalen
Herr Gustav Waldau für ausgiebige schauspielerische Würze.
risch bearbeitet hat.
Mann, sondern einen Vertreter der milden Ausgleichstimmung ins
Er hatte für die zwei Hauptnarren der beiden Stückchen, für den
sind gesucht, ins
Ministerium zu bekommen. Rasch gefaßt, glaubt Herterdings auch
Stümper der tatendurstigen Tugend und für den bornierten
uen großen Apparat
mit solcher Gesinnung dienen zu können und ruft zum Erweise die
Lebemann, der in seinem ungestillten Drange nach einer großen
kupellose Hyperbeln,
tschechische Geliebte als seine angebliche Braut heran; aber die Dame
Eselei den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, die rechten Farben
hweben.
Ist dieser
hat sich auf seine Weisung bereits mit dem devoten Kollegen ver¬
auf der Palette. Von jener lässigen Spielart des Wiener Dialekts,
genug, um eine
lobt, der nun mit der Braut zugleich die Ministerschaft davonträgt.
die das Wort erst zerdehnt und dann fallen läßt, weiß er einen
erkannt ist, so
Nicht nur der Held, auch der Autor ist hier überschlau und die Ge¬
sehr lustigen Gebrauch zu machen. Neben ihm haben Frl. Char¬
den aufgepfropften
schichte so künstlich pointiert, daß die Spitze bricht.
lotte Waldow, die die Sachlichkeit der Schwimmerin recht
r luftigen Speise
energisch betonte, und Frl. Paula Silten, die als Heldin der
Auch die dramatisierte Anekdote von der „Garage" leidet an allzu
Das gilt von dem
Garage die halbweltliche Verwegenheit hervorkehrte, das meiste für
Blasiertheit, ja Ver¬
großer Umständlichkeit der Erfindung. Ein zwischen Ueberfluß und
die Wirkung getan. Das Publikum dankte für jede lustige Wen¬
Mangel schwankender Schriftsteller pflegt in den Tagen der Ebbe
setzung hat und die
dung; nach dem Mittelstück „Das Höchste“ war der Beifall an¬
seine Herzensdamen einem reichen ältlichen Verehrer anzuhängen,
een sucht. Der Held
haltend genug, um mit den Darstellern auch den Autor an die
um sie in der Zeit der Flut wieder heimzuholen. Die jeweiligen
lauter Unheil ange¬
Rampe zu bringen. A. K.
Unterkunftsstellen vergleicht er mit Garagen. Seine schöne
sser zu gehen. Aus
Nina befindet sich seit einiger Zeit in der Garage eines ältlichen
will, taucht ihm die
Die gestern neu aufgeführten Einakter Hans Müllers sind in
Freiherrn von mäßiger Gefährlichkeit; während sein neues Stück
ein mit den Fluten
Gemeinschaft mit drei anderen desselben Autors unter dem Gesamt¬
aufgeführt wird, läßt er sich von ihrer Lanne zum Souper in das
um die vermeint¬
titel: „Gesinnung, respektlose Komödien“ im Deutsch=Oester¬
freiherrliche Haus bestellen, um für den Fall eines Erfolges mit
ihres Widerstandes
ihr auf und davon zu gehen. Es macht ihm diabolischen Spaß, reichischen Verlage (Wien) als Buch erschienen.
gfältigste Pflege an¬