Abschiedssouper
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Kan wird
W. 9. —
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v. Aekion.n nür heln, kun sie am k. April, natürlich
die verletzt sind, nicht eine absolute unabänderliche Geltung
mit Ausnahme der reichsfeindlichen, dem Altreichskanzier in s.
Ihre Wirkung liegt nicht in der so überoft schon behandelten
Kleines
Feuilleton.
Fabel, die sie vorführt, sondern in der virtuosen Durchtrieben¬
heit, mit der der junge neapolitanische Dichter die Empfind¬
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ungen und Absichten seiner Personen vor dem Zuschauer aus¬
##
breitet. Gab es wohl jemals schon einen dramatischen Autor,
Frankfurt a. M., 28. März.
der gleich diesem die Kunst besaß, das Dreisteste mit der
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= [Schauspielhaus.] Wenn Graf Silvio Sangiorgi einer
Miene der Selbstverständlichkeit so gerade
herauszusagen, daß
von jenen Männern wäre, die eine Frau nur nach Maßgabe des
man gar nicht den Muth findet, ihm etwas übelzunehmen? Ein¬
Eindrucks lieben, den sie auf Andre hervorbringt, so könnte er
leicht dahinhüpfender aphoristischer Dialog voll Glanz und Farbei
sich in seiner Ehe sehr glücklich fühlen. Denn Clara, die Gräfin,
zeigt den Verfasser als Mann von Geist, als scharfen Beobachter,
jung, schön, klug und kokett, wird von Verehrern und Anbetern
als genauen Kenner der theatralischen Wirkungen. Roberto Braccof
genugsam umschwärmt. Silvio würde auf diesen reflektorischen
scheint wie kaum ein Anderer dazu berufen, den Stil Sardous¬
Reiz gern verzichten, allein in diesem Punkte ist mit der Gräfin
selbstständig fortzuentwickeln, und soweit diese Richtung an und für h
nicht bequem fertig zu werden. Sie hat vor der Hochzeit mit
sich ihren Anspruch auf eine engere Theilnahme auch in Zukunft zu
Silvio eine Art Vertrag geschlossen: sie nimmt es auf sich, Treue
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behaupten vermöchte, würde man der weiteren Bekundung dieses
zu halten, er verpflichtet sich, Vertrauen zu hegen. Argwohn von
großen Talentes mit dem lebhaftesten Interesse entgegensehen müssen.
seiner Seite würde sie tief verletzen, vielleicht sogar zu Thorheiten
Von den drei Rollen, die das Stück enthält, wurden zwei hervor¬
verleiten, und da er nur zu gut weiß, daß Eifersucht noch niemals
ragend gut gegeben. Fräulein Landori spielte die Gräfin und
ein Mittel gegen Untreue gewesen, fügt sich Silvio, nicht leichten
stattete diese Partie nicht nur mit den schönsten pariserischen Toi¬
Herzens, aber gehorsam in die Capricen seiner Gattin. Vor der
letten aus, sondern durchdrang sie auch künstlerisch mit so sicherer
Mehrzahl der jungen Herren, die sich um Claras Gunst bewarben,
n
Grazie, daß das Publikum über den Charakter der Heldin kaum
ist ihm im Grunde nun gar nicht bange. — einer nur scheint ihm
einen Moment lang im Zweifel bleiben konnte. Vortrefflich war
gefährlich: Gino Riccardi, sein bester Freund, der halb Poet, halb
Herr Bauer als Graf, der inmitten aller Sorgen der Eifer¬
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Künstler, intelligenter als alle Rivalen, der reizenden Frau ange¬
sucht immer liebenswürdig, immer Gentleman zu bleiben hat.
legentlich den Hof macht. Die Gräfin spielt mit Riccardi wie mit
und Herr Bolz=Riccardi hätte als Verführer blos etwas ver¬
den Uebrigen und prahlt auch ihm gegenüber mit ihrer Unempfind¬
führerischer zu sein brauchen, um seine Partner ganz zu erreichen
u.
lichkeit. Da stellt ihr der seine Verführer vor, wie wenig Arsache
und die Karten der Komödie nicht schon von Anfang an aufzu¬
sie habe, auf ihre Tugend stolz zu sein. Immer in Gesellschaft,
decken. Das Publikum wußte zuerst nicht recht, wie es sich zu dem
siets beobachtet, ewig behütet, könne die junge Frau die Leiden¬
verwegenen Stücke stellen solle, und entschloß sich eest nach dem
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schaft, die sie einflöße, leicht verspotten. Sie wisse es nicht: Ge¬
brillanten zweiten Aufzug, lebhaften Beifall zu zollen. — Ein
legenheit macht Liebe. Wenn sie sich wirklich so stark fühle, wie sie
älteres einaktiges Lustspiel Arthur Schnitzler's „Abschieds¬
vorgebe, so möge sie dies beweisen, indem sie ihn einmal in seiner
souper“ hatte den Abend eingeleitet. Es ist eine der Anatol=n
Wohnung besuche. Die Gräfin nimmt diese Herausforderung, ohne
Szenen, in denen der Verfasser, bevor er die „Liebelei“ schrieb, die 1 L#
zu zaudern an, und Beide verabreden das Rendez=vous für den
junge Lebewelt der Großstadt mit scharfen Strichen porträtirte.
nächsten Tag. Zur festgetten Stunde erscheint Clara in Riccardi's
Von Fräulein Bock. sowie den Herren Bolz und A. Meyer
Hause: „Da bin ich! bitte, verführen Sie mich!“ Sie sagt
mit eifrigem Bemühen dargestellt, ging das Stückchen an den
dies kühl, lächelnd, ein w verächtlich. Oft ist Liebe eine Ueber¬
wenig empfänglichen Zuhörern doch völlig spurlos vorüber.
raschung des Herzens, — hier sieht Riccardi sofort ein, daß alle
d
Uns erfreute, was Schnitzler auch in dieser kleinen Arbeit an
seine Künste versagen müssen, und daß diese Frau gegen jede
Charakterzeichnung, Menschenkenntniß, Stimmungsgehalt und
Schwäche gewappnet ist. Eine glänzend geführte Szene, deren
Wahrheitsliebe darbietet. Es ist gewiß keine großartige Dichtung.
u
dramatische Spannung durch das Erscheinen des Grafen gesteigert
aber ein äußerst scharssichtig aufgenommener enger Ausschnitt aus
wird, beleuchtet Riccardi's völlige Niederlage. „Ich werde Dich tödten“
der Tragikomödie des wirklichen Lebens mit seinen frivolen Bitter¬
flüstert der Graf seiner Frau zu. „Nicht hier, zu Hause“ erwidert
keiten. Und uns hat gerade die lapidare Art, in der der Vorgang
sie ruhig und verläßt an seinem Arm den Schauplatz ihres ver¬
behandelt ist, gefallen. Mehr wäre hier weniger gewesen. m.
wegenen Abenteuers. Der letzte Aufzug gemahnt noch ausdrück¬
= [Professor Paul Ehrlich.] Aus Berlin berichtet die
licher, als die Gräfin selber an Cyprienne de Prunelles erinnert,
Ie
Vossische Zeitung: Die Staatsanstalt für Heilferum¬
Prüfung, die bisher mit dem Koch'schen Institut für Infektions¬
an den Schlußakt von „Divorgons“. Beide Gatten finden sich
wieder in Liebe zu einander und Adhémar Riccardi zahlt die Zeche.
g
krankheiten verbunden war, wird von diesem abgelöst. und (wie
Dies ist in sehr flüchtigen Umrissen der Inhalt der dreiaktigen
bereits mitgetheilt) nach Steglitz verlegt. Angeschlossen wird an
die Staatsanstalt ein wissenschaftliches Laboratorium für Heilserum¬
Komödie „Untreu“ von Roberto Bracco, die heut in der
Uebersetzung von Otto Eisenschitz zur ersten Aufführung gelangte. Forschung. An die Spitze der beiden Anstalten tritt Dr. Ehrlich, in
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Kan wird
W. 9. —
— elung0
v. Aekion.n nür heln, kun sie am k. April, natürlich
die verletzt sind, nicht eine absolute unabänderliche Geltung
mit Ausnahme der reichsfeindlichen, dem Altreichskanzier in s.
Ihre Wirkung liegt nicht in der so überoft schon behandelten
Kleines
Feuilleton.
Fabel, die sie vorführt, sondern in der virtuosen Durchtrieben¬
heit, mit der der junge neapolitanische Dichter die Empfind¬
245
ungen und Absichten seiner Personen vor dem Zuschauer aus¬
##
breitet. Gab es wohl jemals schon einen dramatischen Autor,
Frankfurt a. M., 28. März.
der gleich diesem die Kunst besaß, das Dreisteste mit der
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= [Schauspielhaus.] Wenn Graf Silvio Sangiorgi einer
Miene der Selbstverständlichkeit so gerade
herauszusagen, daß
von jenen Männern wäre, die eine Frau nur nach Maßgabe des
man gar nicht den Muth findet, ihm etwas übelzunehmen? Ein¬
Eindrucks lieben, den sie auf Andre hervorbringt, so könnte er
leicht dahinhüpfender aphoristischer Dialog voll Glanz und Farbei
sich in seiner Ehe sehr glücklich fühlen. Denn Clara, die Gräfin,
zeigt den Verfasser als Mann von Geist, als scharfen Beobachter,
jung, schön, klug und kokett, wird von Verehrern und Anbetern
als genauen Kenner der theatralischen Wirkungen. Roberto Braccof
genugsam umschwärmt. Silvio würde auf diesen reflektorischen
scheint wie kaum ein Anderer dazu berufen, den Stil Sardous¬
Reiz gern verzichten, allein in diesem Punkte ist mit der Gräfin
selbstständig fortzuentwickeln, und soweit diese Richtung an und für h
nicht bequem fertig zu werden. Sie hat vor der Hochzeit mit
sich ihren Anspruch auf eine engere Theilnahme auch in Zukunft zu
Silvio eine Art Vertrag geschlossen: sie nimmt es auf sich, Treue
2
behaupten vermöchte, würde man der weiteren Bekundung dieses
zu halten, er verpflichtet sich, Vertrauen zu hegen. Argwohn von
großen Talentes mit dem lebhaftesten Interesse entgegensehen müssen.
seiner Seite würde sie tief verletzen, vielleicht sogar zu Thorheiten
Von den drei Rollen, die das Stück enthält, wurden zwei hervor¬
verleiten, und da er nur zu gut weiß, daß Eifersucht noch niemals
ragend gut gegeben. Fräulein Landori spielte die Gräfin und
ein Mittel gegen Untreue gewesen, fügt sich Silvio, nicht leichten
stattete diese Partie nicht nur mit den schönsten pariserischen Toi¬
Herzens, aber gehorsam in die Capricen seiner Gattin. Vor der
letten aus, sondern durchdrang sie auch künstlerisch mit so sicherer
Mehrzahl der jungen Herren, die sich um Claras Gunst bewarben,
n
Grazie, daß das Publikum über den Charakter der Heldin kaum
ist ihm im Grunde nun gar nicht bange. — einer nur scheint ihm
einen Moment lang im Zweifel bleiben konnte. Vortrefflich war
gefährlich: Gino Riccardi, sein bester Freund, der halb Poet, halb
Herr Bauer als Graf, der inmitten aller Sorgen der Eifer¬
#
Künstler, intelligenter als alle Rivalen, der reizenden Frau ange¬
sucht immer liebenswürdig, immer Gentleman zu bleiben hat.
legentlich den Hof macht. Die Gräfin spielt mit Riccardi wie mit
und Herr Bolz=Riccardi hätte als Verführer blos etwas ver¬
den Uebrigen und prahlt auch ihm gegenüber mit ihrer Unempfind¬
führerischer zu sein brauchen, um seine Partner ganz zu erreichen
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lichkeit. Da stellt ihr der seine Verführer vor, wie wenig Arsache
und die Karten der Komödie nicht schon von Anfang an aufzu¬
sie habe, auf ihre Tugend stolz zu sein. Immer in Gesellschaft,
decken. Das Publikum wußte zuerst nicht recht, wie es sich zu dem
siets beobachtet, ewig behütet, könne die junge Frau die Leiden¬
verwegenen Stücke stellen solle, und entschloß sich eest nach dem
∆
schaft, die sie einflöße, leicht verspotten. Sie wisse es nicht: Ge¬
brillanten zweiten Aufzug, lebhaften Beifall zu zollen. — Ein
legenheit macht Liebe. Wenn sie sich wirklich so stark fühle, wie sie
älteres einaktiges Lustspiel Arthur Schnitzler's „Abschieds¬
vorgebe, so möge sie dies beweisen, indem sie ihn einmal in seiner
souper“ hatte den Abend eingeleitet. Es ist eine der Anatol=n
Wohnung besuche. Die Gräfin nimmt diese Herausforderung, ohne
Szenen, in denen der Verfasser, bevor er die „Liebelei“ schrieb, die 1 L#
zu zaudern an, und Beide verabreden das Rendez=vous für den
junge Lebewelt der Großstadt mit scharfen Strichen porträtirte.
nächsten Tag. Zur festgetten Stunde erscheint Clara in Riccardi's
Von Fräulein Bock. sowie den Herren Bolz und A. Meyer
Hause: „Da bin ich! bitte, verführen Sie mich!“ Sie sagt
mit eifrigem Bemühen dargestellt, ging das Stückchen an den
dies kühl, lächelnd, ein w verächtlich. Oft ist Liebe eine Ueber¬
wenig empfänglichen Zuhörern doch völlig spurlos vorüber.
raschung des Herzens, — hier sieht Riccardi sofort ein, daß alle
d
Uns erfreute, was Schnitzler auch in dieser kleinen Arbeit an
seine Künste versagen müssen, und daß diese Frau gegen jede
Charakterzeichnung, Menschenkenntniß, Stimmungsgehalt und
Schwäche gewappnet ist. Eine glänzend geführte Szene, deren
Wahrheitsliebe darbietet. Es ist gewiß keine großartige Dichtung.
u
dramatische Spannung durch das Erscheinen des Grafen gesteigert
aber ein äußerst scharssichtig aufgenommener enger Ausschnitt aus
wird, beleuchtet Riccardi's völlige Niederlage. „Ich werde Dich tödten“
der Tragikomödie des wirklichen Lebens mit seinen frivolen Bitter¬
flüstert der Graf seiner Frau zu. „Nicht hier, zu Hause“ erwidert
keiten. Und uns hat gerade die lapidare Art, in der der Vorgang
sie ruhig und verläßt an seinem Arm den Schauplatz ihres ver¬
behandelt ist, gefallen. Mehr wäre hier weniger gewesen. m.
wegenen Abenteuers. Der letzte Aufzug gemahnt noch ausdrück¬
= [Professor Paul Ehrlich.] Aus Berlin berichtet die
licher, als die Gräfin selber an Cyprienne de Prunelles erinnert,
Ie
Vossische Zeitung: Die Staatsanstalt für Heilferum¬
Prüfung, die bisher mit dem Koch'schen Institut für Infektions¬
an den Schlußakt von „Divorgons“. Beide Gatten finden sich
wieder in Liebe zu einander und Adhémar Riccardi zahlt die Zeche.
g
krankheiten verbunden war, wird von diesem abgelöst. und (wie
Dies ist in sehr flüchtigen Umrissen der Inhalt der dreiaktigen
bereits mitgetheilt) nach Steglitz verlegt. Angeschlossen wird an
die Staatsanstalt ein wissenschaftliches Laboratorium für Heilserum¬
Komödie „Untreu“ von Roberto Bracco, die heut in der
Uebersetzung von Otto Eisenschitz zur ersten Aufführung gelangte. Forschung. An die Spitze der beiden Anstalten tritt Dr. Ehrlich, in