II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 58

Fü.
4.5. Abschiedssour
aper box 8/1
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Ausschnitt
105
„OBSERVER“ N. 60
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachricht
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus: Codtaacecse
Mer
vom 3/ /87%
Theater.

(Naimund Theater.) Das Ensemble=Gastspiel
von „Mitgliedern des Deutschen Theaters aus
Berlin“ hat gestern mit glänzendem Erfolge begonnen
Aufgeführt wurde Ernst von Wolzogens Tragikomödie
„Das Lumpengesindel“, welches für Wien Premiere
war und Arthur Schnitlers bekannte An#tol=Plauderei
„Abschiedssouper. Für heute begnügen wir uns blos
mit der Constatirung dieses außerordentlichen äußeren Er¬
folges und behalten uns da die Zeit zu kurz ist, eine
kritische Würdigung des prächtigen Wolzogen'schen Stückes
für später vor. Gespielt wurde, dem Rufe des deutschen
Theaters gemaß, glänzend; und hauptsächlich war es das,
Zuf mmenspiel, welches diesen Sieg erfocht. Die Sterne#
des deutschen Theaters, von denen Kainz und die Leh¬
main bekanntlich im letzten Moment von dem Gastspiel
zurückgetreten sind, wirkten diesmal noch nicht mit. Aber
die Art, wie Dialog und Seene behandelt wurde, zeigte,
daß diese Schauspieler gewöhnt sind, miteinander im Dienste
des Dichters zu spielen.
Und so kamen eben die beiden aufgeführten Werke sive
restlos und schön zur Geltung. Das gilt vom „Lumpenges to.
lbar
findel“ noch mehr als vom „Abschiedssouper“. Im „Lum- hraus.
pengesindel“ spielten die Damen Trenner, Elerty und
die Herren von Winterstein Kayßler, Nissen ist
Martin, Biensfeld und Peinhard:, letzterer indes d
al einer Charge besonders vorzüglich. Für den abwesenden
Dichter dankte Regisseur Runge. Im „Abschiedssouper“
spielte Frau Schneider die Annie und stattete ihre Rolle
mit einer Fülle von originellen und neuen Nüancen aus.
während Herr Rissen schon durch sein Aeußeres gezwungen
war, die Figur des Anatol in anderen Linien zu halten als
A.
wir sie uns vorzustellen gewohnt sind.
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105 „OBSERVER“ N.61
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vom 3/293
Theater.
(Das Gastspiel des Deutschen Theaters.) Gestern
eröffnete das Ensemble der Mitglieder des Berliner Deutschen Theaters
sein Gastspiel im Raimund=Theater mit der Aufführung von
Wolzogen's „Lumpengesindel“ und Schnitzler's „Abschieds¬
souper“. Sowohl die Stücke als die Darstellung gefielen. Fast
sämmtliche Acteure hatten Gelegenheit, den Beifall des Publicums
durch mehrmaliges Erscheinen dankend zu quittiren und für den ab¬
wesenden Wolzogen konnte der Regisseur Herr Woldemar Runge die
Danksagung übernehmen. Nur eine kleine Minorität von Zischern war der
Ansicht, daß dies nicht nöthig sei. Diese Minorität nahm den ironischen,
Titel des Stückes ernst und schien die Moral desselben thatsächlich als
Lumpenmoral anzusehen. „Lumpengesindel“ heißen die handelnden
Personen des Stückes, weniger wegen des lustigen und witzig dar¬
gestellten Bohéme=Milieus, in dem sich die Handlung vollzieht,
als wegen der Leichtigkeit, mit der sie sich über einige For¬
derungen der conventionellen sexuellen Moral hinwegsetzen. Der Held der
Geschichte, dessen Frau eine Vergangenheit hat, ist ein wahrhafter
Philosoph und vorurtheilsfrei, und es kommt zu einem Conflicte und
einer ernstlichen Spannung des Zuschauers überhaupt nur infolge
glücklicher Nebenumstände. Einer der Bohemiens, der i Bildhauer
For Plattner, ist aber gar zu naiv — offenbar hat man ihn deshalb zu lusive
einem Wiener gemacht — in Bezug auf die Moral, er scheint nicht orto.
einmal die Eristenz ihrer Forderungen zu verstehen. Er empörte den hlbar
einen, belustigte den anderen Theil des Publicums, und seine Dar= Voraus.
stellung fiel durch sein Wienerisch unangenehm aus dem Berliner, ist das
Emsemble. Sonst aber war das Zusammenspiel ein vollkommenes= ht es den
Al
41 Herr Nissen als Polizeiwachtmeister, Vater und Schwiegervater, a.
Allen voran in der Darstellung eines individuell verfeinerten Typus,
Herr Reinhardt als Commercienrath Dessoir, Annie Treuer
als die Heldin der Tragikomödie, sind in erster Linie zu erwähnen. — Das
„Abschiedssouper“ ist in Wien bereits bekannt. Herr Nissen gab einen
etwas gealterten Anatol, Fräulein Gisela Schneider spielte die
Annie mit einem Verismus, der die Figur ins vollste Leben stellte,
dem Stücke aber dadurch etwas von der Liebenswürdigkeit nahm,
die bei der Lectüre die Gemeinheit der Person überdeckt.