II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 59

4.5. Abschiedssoupel
EET box 8/1
Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnilt
105
„OBSERVER“ Mr. 58
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“-
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
(Wien)
Ausschnitt aus:
vom 3/265
Theater, Kunst und Literatur.
(Raimund=Theaier.) Deutsche Gäste aus
Berlin brachten das in Wien noch nicht argebene Stück
Ernst von Wolzogen's: Das Lumpengesindel“
Einerseits kam es zu spät, nachdem die meisterhaft
geschilderte zeuische Bohème aus vielen seiner Nach¬
folger, sogar schen ins Oesterreichische übersetzt, bekannt
und in allen Typen dem Publikum vertraut war,
andererseits erwies sich die Fremdartigkeit des Humors,
die unsere Bühnenleiter immer von #ner Vorführung
abgebracht hatte, auch diesmal als ein schweres
Hinderniß für das Verständniß. EineTragikomödie“
hat der Fichter sein Werk genannt; die Komil wirkte
nur in dem ersten Acte, um #gäter al# ermstdend em¬
pfunden zu werden, die Tragik wurde nicht einst ge¬
nommen. Der letzte Act, der einen Fehltrittmi Einmal
ist keinmal“ zu rechtfertige# sucht, ewregte mit der Ein¬
nachtfliegen=Figur eines Wieners de. Hinnel ver
zeihe dem Autor diesen unseren Landsmann — und
dem Vater, der aus einem Richter von Zalamea ein
recht gefügiger Versöhner wird, ironische Heiterkeit, die
das geistvolle, an Ueberfülle von Motiven krankende
Werk nicht ganz verdiente. Die Darstellung, der sich
das Hauptinteresse zuwendete, offenbarte getreue
Für
Schulung nach besseren Mustern; wenn wirkliche In= inclusive
dividualitäten begegnet wären, so hätte auch der Er= Porto.
folg sich gebessert. Der erste Act schlug auch sehr gut (llbar
m Voraus.
ein, doch weiterhin wurden die Persönlichkeiten der

Darsteller zu schwach, um den kritischen Situationen aufs nitte ist das
zuhelfen. Am besten gefiel eine Episode: der Commer= steht es den
Abon cienrath Dessoir von H. Richard. Fll. Trennezulern.
Abon
hatte einen warmen, nur zu gleichmäßigen Gemüths¬
ton; sehr verdienstlich wirkten die Herren Winter¬
stein und Kayssler. Der Einzige, dessen Name
in Wien bekannt ist, H. Nissen, hob sich in
der pathetischen Scene des letzten Actes, nachdem er
vorher auffallenden Mangel an Humor bewiesen hatte.
Diesen offenbarte er auch nicht in der reizenden
Kleinigkeit „Abschiedssouper“ von Schnitzler, die durch
seine breite Behäbigkeit und Frau Schneider's
überderbe, vordringliche Komik, die in andern Rollen
wohl am Platz sein dürfte, förmlich in den Boden
gestampft wurde. Das waren Banquier und Chan¬
sonette, nicht Anatol und Annie.
A. v. W.
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Ausschnitt
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Ausschnitt aus:i
vom 3/17)
Theaterzeitung.
Das Gastspiet der Verlister.
Einige Mitglieder des Deutschen Theaters, das
Otto Brahm zu einer vorbildlichen Kunststätte erhoben
schlugen gestern draußen in der Wallgasse ihre Zelte auf.
Dem Gastiviele der Berliner leuchtete ein guter Stern
als Ersatz für die beiden Theatersterne, die in letzter
Stunde absagen ließen. Selbst das Weiter war dem Unter¬
nehmen günstig, denn ein kalter Abendregen peitschie die Leute
#n's Raimund=Theater. Die fremden Schauspieler wurden
sehr gasifreundlich ausgenommen, auf daßes ihnen wohlergehe
## der ihraterfreueigen Wienerstadt. Sie spielten „Das
Lumpengesindel“, Wolzogen's vielbesprochene
Tragilamödie, die bei uns mit einer mehrjährigen Zugs¬
verspätung anlangte. Ist das ein seltsames Stück! Man
saugte dabei mit einer der handeinden Personen aus¬
rufen: „Himmel, haste keine Flinte?“
Der Verfasser hängt der laudläufigen Philister¬
worgl dapierene Eselsohren an die Frackschöße und ver¬
### ihr abwechseind sanfte Rasenstüber und derbe Rippen¬
stoße. Und debei blinzelt er satirisch mit seinen klugen
Tagen, oder schneidet widerliche Grimassen. Er ist ein
Angezögenel Wolzegen der Grazien.
Was er mit seiner Tragikomödie eigentlich will,
das meiß der Himmel, der Himmel mit oder ohne Flinte.
Es hat den Anschein, als ob der gute Mann nicht nur
einen Generalpordon für gefallene Jungfrauen einführen,
Für
inclusive
#e#dern auch noch einer Besohnung für Fehltritte
Porto.
0
u#nd schlichte Sitten das Wort reden wollte. Zu
Zahlbar
## piesem löblichen Zwecke braucht er einen Haufen] im Voraus.
i Leute, bestehend aus einer stillen Dulderin, einem sträflich
weltfremden Begerpaar, einem leicht= und blödsinnigen ehnitte ist das
Abonn. fenden Zimmervermietherin, einem gut= ch steht es den
Abonnerbale, einemhinanswurfreifen Commerzien= ändern.
rath, mehreren verlotterten Gesellen der Berliner Bohem¬
und einer einzigen Mieze Pickenbach.
Die siille Dulderin, die Tochter eines Polizeiwacht¬
meisters, heiratete einen Schriftsteller, ohne ihm zu sagen.,
das sie einen dunklen Fleck in ihrer Vergangenheit habe. Sie
ging mit einer Lüge in die Ehe, die sich tranrig genug anläßt.
Der traumverlorne Gatte kümmert sich wenig um seine
von des Tages Sorgen geplagte Frau. Er hat nur Augen
und Ohren für seinen Bruder, der mit ihm Wohnung und
Arbeit theilt. Die Brüder sind gesinnungstüchtige Menschen.
Sie setzen einen Commerzienrath, der ihre Ueberzeugung
# eine Zeitungsgründung mit schwerein Gelde erkaufen
wnesteemeig bar die Thüt und darhen weiter, Aber¬
#e und unglaublich weltfremd, so weltfremd, daß man sie:
um ernst nehmen kann. So verhalten sie beispielsweise
n Frau, ihr Bett über Nacht einem Freunde zu überlassen!
##as schlägt dem Fasse den Boden aus. Sie verläßt das
D#ts ihres Gatten und ihres Schwiegerschwagers und zieht
ihrem Vater. Der Entschluß wurde umso rascher gefußt,
gls sie kurz vorher durch das Wiedererscheinen ihres dunllen
Vergangenheitsfleckes unangenehm überrascht worden war.
ein zweiheiniger, dunkler Fleck, ein geritterter
Bildhauer aus Wien, dem sie sich einst in einer festlichen Nach¬
hingegeben. Der Wiener benimmt sich unsäglich dumm.
Der Vater der Frau will ihn auf der Stelle nieder¬
schießen, worauf der Wiener die Worte stammelt:
„I bint, jetzt winkt mir wieder Mammon, wenn S' mi
###zt niederschießen wollten, das wäre wirklich gemein!“
Und dena geht er hin und pumpt den Vater der Ver¬
ührien an! Das Tiöstliche daber
daß die
beiden Berliner Brüder auch nicht viel ge¬
scheidter sind. Als sie von dem Fehltritte er¬
fahren, ergreifen sie in ihrem herzzerreißenden Schmerze
zwei Biergläser und reiben einen Salamander.
Donn rufen sie begeistert: „Es lebe die Hoffnung!“ ver¬
müthlich, wen sie glauben, daß die durchgegangene Frai¬
schwanger sei. Das stellt sich ober als unwahr heraus.