II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 61

Regisseur des Stückes sich vorstellte und lächelnd erklärte,
daß
er dem Autor die freundliche Aufnahme,
die
sein Werk in Wien gefunden, telegraphisch
melden werde. Ein großer Theil des Publikums bekundete
sein Mißbehagen über die beabsichtigte Falschmeldung
durch starkes Zischen. — Die Darstellung hat dem Ruf,
der ihr vorausging, im ersten Stücke entsprochen. Hervor¬
ragende künstlerische Individualitäten haben wir gestern
wenigstens nicht zu Gesichte bekommen. Aber das Zu¬
sammenspiel war in der That mnusterhaft, der Styl der
Darstellung hatte einen einheitlichen Charakter, jeder einzelne
Vorgang war mit eindringlichster Sorgfalt ausgearbeitet,
jeder Zug auf seine Wirkung zugespitzt. Die Einzel¬
leistungen waren ungleich. Herr Eduard v. Winter¬
stein war als Dokter Friedrich Kern korrekt, siel aber
nicht sonderlich auf. Viel interessanter erschien Herr
Friedrich Kayßler, der den Schriftsteller Wilhelm
Kern gab und die Unbeholfenheit und Herzensgüte
dieses Literaten mit schlichten und doch charakteristischen
Farben zum Ausdruck brachte. Vortrefflich war Herr Max
Reinhardt in der Episodeurolle des jüdischen Kom¬
merzienrathes Dessoir. Den Berliner Polizeiwachimeister
Polke gab Herr Hermann Nissen mit derber Lanne.
Die undankbare Rolle des Wiener Bildhauers Plattner
hätte durch ein bewegliches Spiel vielleicht gerettet werden
können. Der Darsteller dieser Figur, Herr Paul Martin,
war jedoch starr und nüchtern. — Die zwei weiblichen
Episodenrollen des Stückes kamen durch Fräulein
Eberty und Frau Louise Wilke zu voller
Geltung. Die Darstellerin der weiblichen Hauptrolle
hingegen, Fräulein Annie Trenner, vermochte dieser
ibsenhaft angehauchten Gestalt kein individuelles Gepräge
aufzudrücken. In den Momenten des Affekts besonders
war ihr Spiel ohne Wärme und ohne Temperament. —
Oder sollte dies vielleicht realistischer Styl gewesen sein?...
Der Tragikomödie folate Schnitzler's einaktiges Lustspiel
„Abschiedssouper“. Herr Nissen als Anatol mühte sich
vergebens ab, den Ton des Wiener Lebemannes zu treffen,
wie ihn Schnitzler gezeichnet. Diese Figur liegt eben der
Individualität des sonst tüchtigen Darstellers ferne. Pöllig
unzulänglich war Herr Biensfeldt als Mar. während
Frau Gisela Schneider die Annie mit etwas zu
derben, aber doch wirksamen Zügen ausstattete. m. b.
4. 5. Abschiedssoupe
box 8/1
SSAITESSALEr
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Ausschnitt
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72) Mien
Ausschnitt aus:
vom 3/2 70
Bühnenwelt.

Raimund=Theater.
Die Einladung des deutschen Ensembles hat uns
nach langer Zeit wieder in das triste Haus in der Wallgasse hinaus¬
geführt. Es war ein schöner Abend. Man kann ja nicht mit über¬
schwänglichen Erwartungen hinauskommen. Kainz und Frau
Lehmann hatten abgesagt. Trotzdem bot das Ensemble gestern
vortreffliche Leistungen, die auch dem verwöhnten Geschmack der
Wiener sehr zusagten. Wolgogen's „Lumpengesindel“
war die titerarische Novität des Abends. Eine sehr ergötzliche
Schilderung der Berliner Bohème, in den humoristischen Scenen voll
frischer Lebendigkeit, in den ernsten von langweiliger Sentimentilität.
Gespielt wurde die Komödie von den Damen Eberty, Wilke,
Trenner und den Herren Kayßler, Reinhardt,
Winterstein, Martin, Walllentin und Biensfeld
sehr verdienstlich. Alles war voll Leben, voll Natürlichkeit und Frische.
Die bedeutendste Leistung war der Wachtmeister des Herrn Nissen;
es war eine Gestalt, die in ihrem sprudelnden Humor und ihrer
warmherzigen Kraft ungemein lebensvoll wirkte. Weniger glücklich war
Herr Nissen in Schnitzler's „Abschiedssouper“; seine
Persönlichkoit entspricht so gar nicht dem Wesen dieses schwermüthigen,
reichen Wienar Lebenskünstlers, und nur die überquellende Lustigkeit
seiner Frau — sie spielt unter ihrem Mädchennamen Gis
Schneider — brachte Verve und Heiterkeit in das Spiel. Der
Beginn des Gastspiels war ein recht verheißungsvoller; möge sein
Verlauf dem schönen Beginne entsprechen.

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