II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 60

sie sind unglaublich weltfremd, so weltfremd, daß man sie
kaum ernst nehmen kann. So verhalten sie beispielsweise
I Frau, ihr Bett über Nacht einem Freunde zu überlassen!
Das schlägt dem Fasse den Boden aus. Sie verläßt das
ihres Gatten und ihres Schwiegerschwagers und zieht
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iheem Vater. Der Entschluß wurde umso rascher gefußt,
als sie kurz vorher durch das Wiedererscheinen ihres dunllen
Vergangenheitsfleckes unangenehm überrascht worden war.
ein zweiheiniger, dunkler Fleck, iin geritterter
Bildhauer aus Wien, dem sie sich einst in einer festlichen Nack.=
hingegeben. Der Wiener benimmt sich unfäglich dumm.
Der Vater der Frau will ihn auf der Stelle nieder¬
schießen, worauf der Wiener die Worte stammen:
„I bitt, jetzt winkt mir wieder Mammon; wenn S mi
jetzt niederschießen wollten, das wäre wirklich gemein!“
Und dana gehi er hin und pumpt den Vater der Ver¬
daß die
führten an! Das Tröstliche ###
beiden Berliner Brüder auch nicht viel ge¬
scheidter sind. Als
sie von dem Fehltritie er¬
fahren, ergreifen sie in ihrem herzzerreißenden Schmerze
reiben einen Salamander
zwei Biergläser und
Dann rufen sie begeistert: „Es lebe die Hoffnung!“ ver¬
muthlich, weil sie glauben, daß die durchgegangene Fra¬
schwanger sei. Das stellt sich aber als unwahr heraus,
trotzdem die betreffenbe Darstellerin im dritten Acte so
gekleidet erscheint, als ob sie durch die Schlafrocksprache
chlusse ver¬
Etwas zu verbergen hätte. Zum
zeiht der nun glückliche Gatte, während sein Bruder ver¬
spricht — eine andere Wohnung zu miethen.
der brillanten Milienschilderung und den zündenden
Dialogblitzen hat es Wolzogen zu verdanken, daß man
Komödic, diesen
hm die Tragödic in der
seiner
Arbeit, gutwüthig
dunklen Fleck
verzieh. Man empfing den Eindruck, als ob zu¬
weilen der Dichten das Publicum anulken und sich über
sein eigenes Stück lustig machen wollte.
Und nun einige Worte über die Darstellurg. Wie
lernten lauter tüchtige Schauspieler keunen, die, einer
gesichtbaren Macht gehorchend, in einem wunderbaren
Einklange des Spieles aufgingen. Um diesem Ensembl¬
gerecht zu werden, sollte man die einzelnen Künstler weder
auf dem Theaterzettel, noch in der Zeitung nennen. Jeber
trage den Namen, den ihm der Dichter verliehen. Gibt
#n schäneres Nob für die gene Trupve* Die Schau¬
spieler sagen gewiß Nein. Nun, so verkunden wir
## denn nuch der leidigen Schablone, daß der Herr
Rissen die Charge d#s Wuchtmeisters mit Humor
nterstein, Kayßler,
versah, daß die Herten 22
Martin, Reichardt, Biensfeld, Valleutin
und die Damen Trenner, Eberty und Wilk
werden verdienen. Als die
auch einzeln pemerkt zu
aber der Regisseur gepriesen
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Runge. Dus Zusammen¬
werden, er heißt Woldem
der zwei Hinauswürfe wollen
spiel und das Arrangem
wit ihm nie vergessen.
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man so redlich genährt aus¬
gesetzten Anatol.
sieht, bleibe man in nde und gehe nicht als Anatol auf
Reisen.
ch=Theater geht Donnerstag,
Im Jna
den 6. Juli, halb Uhr Abends, Carl Costa's dreiactige
Gesangsposse „Z# feschen Wienerin“ in Seene und sind
in den Haupt#en die Damen: Teloni, Lehmann,
Ramberg und H##hi und die Herren: Mödliuger, Sachs,
Sprinz, Teller, Petza und Halvern hervorragend be¬
schäftigt.
4. 5. Abschiedssouper
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— 1
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Ausschnitt aus: Wiener Tagblatt
vom 3/2)
Theater, Kunst und Literatur.
(Raimund=Theater.) Das Deutsche Theater in
Berlin ist bekanntlich die Hochburg der Modernen und des
realistischen Darstellungsstyls. Diesen Styl haben wir
gestern im Raimund=Theater kennen gelernt, wo ein
Ensemble von Mitgliedern der genannten Berliner Bühne
ein Gastspiel mit der dreiaktigen Tragikemödie „Das
Lumpengesindel“ von Ernst v. Wolzogen und mit dem
sonper“ eröffnete. Das
Schuitzlei'schen Einakter „Abichiedsl.
erstere Stück ist für Wien eine Novitat. In Berlin hat es
seinerzeit in literarischen Kreisen viel Staub aufgewirbelt.
Das Aufsehen, das es erregte, wurde allerdings
hauptsächlich dadurch hervorgerufen, daß man in
den „wei Hauptfiguren des Stückes zwei Berliner
Schriftsteller, die Brüder Julius und Heinrich
Hart erkannte. Das „Lumpengesindel“ ist ein modernes
Bohsmestück mit einem Einschlag des stark verwässerten
Ibsen'schen „Wildenten“=Motivs. Es fesselt in dem ersten
und zweiten Akt durch hübsche Beobachtungen und durch
humoristische Milienschilderungen. Im Schlußakt hin¬
gegen, wo die dramatischen Elemente des Stückes zum
Ausbruch gelangen, sucht der Antor seine Hilflosigkeit
dadurch zu verbergen, daß er mit burschikoser Ungenirtheit
Für 50 7 Tragik und Komik unvermittekt nebeneinanderstellt. Das
Publikum wird aus einer Stimmung in die andere geworfen, inclusive
100
Porto.
200
es weiß nicht recht, ob es lachen oder gerührt sein soll. Und Zahlbar
500
so erzielte der Dichter eine ganz andere Wirkung, u Voraus.
1000
als er beabsichtigte. Die Tragik erschien lächer¬
Im lich und banal, die Komik albern und läppisch itte ist das
Abonneme Einen unbestrittenen Erfolg hatte demnach nur der erste steht es den
ern.
Abonnente#k, der das Heim der beiden Schriftsteller Dr. Friedrich und
Wilhelm Kern mit bezeichnenden Zügen vorführte. Im
zweiten Alt wirkten einige humoristisch. gezeichuete Evisoden¬
figuren. Die tragikomischen Vorgänge des letzten Alles
weckten höhnisches Lachen. Der Beifall zum Schluß galt
denn auch ausschließlich der Darstellung. Das wurde auch¬
jenem Herrn bedeutet, der vor die Rampe trat, als
Regisseur des Stückes sich vorstellte und lächelnd erklärte,
daß er dem Autor die freundliche Aufnahme,
die sein Werk in Wien gefunden, telegraphisch
melden werde. Ein großer Theil des Publikums bekundete
sein Mißbehagen über die beabsichtigte Falschmeldung
durch starkes Zischen. — Die Darstellung hat dem Ruf,
der ihr vorausging, im ersten Stücke entsprochen. Hervor¬
ragende künstlerische Individualitäten haben wir gestern
wenigstens nicht zu Gesichte bekommen. Aber das Zu¬
sammenspiel war in der That musterhaft, der Styl der
Darstellung hatte einen einheitlichen Charakter, jeder einzelne
Vorgang war mit eindringlichster Sorgfalt ausgearbeitet,
jeder Zug auf seine Wirkung zugespitzt. Die Einzel¬
leistungen waren ungleich. Herr Eduard v. Winter¬
stein war als Doktor Friedrich Kern korrekt, siel aber
nicht sonderlich auf. Viel interessanter erschien Herr
Friedrich Kayßler, der den Schriftsteller Wilhelm
Kern gab und die Unbeholfenheit und Herzensgüte
dieses Literaten mit schlichten und doch charakteristischen
Farben zum Ausdruck brachte. Vortrefflich war Herr Max
Reinhardt in der Frisodenrolle des jüdischen Kom¬