II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 76

Nr. 193.
.6. Juli 1899.
Fremden-Slatt.
Seite 14.
Wien, Sonntag
Aus Bädern.
so wie man langsam einen Fächer öffnet. Sicher, ohne zu zucken, legte
(Aus Rohitsch=Sauerbrunn) wird uns geschrieben: Da der Tennissport
er die Figur an: den scheinbar gleichgiltigen, apathisch über alles
immer mehr Anhänger findet, hatte die Direktion unserer Kuranstalt den Entschluß
Schicksal hinweggehenden Menschen, in dem aber die ganze Bitterniß
gefaßt, zur Hebung dieses Sports ein großes Tennistournier zu veranstalten. Bei
einer verfehlt angelegten Familie sich gesammelt hat. Nicht er, sondern
herrlichstem Wetter und unter Betheiligung des kurörtlichen, wie auch auswärtigen
Publikums fand jüngst dieses Match statt. Als der Oberschiedsrichter, Universitäts¬
sein Brüder Wilhelm, der Heftigere, hat einmal, um die gequälte
professor Dr. Viktor Concha, das Zeichen zum Beginne des Spieles gab, traten
Mutter zu schützen, die Hand zum Schlage gegen den Vater erhoben,
die ersten Paare kampfeslustig in die Schranken. Nach manch heiteren Zwischen¬
und doch ist er der Kältere, Herzlosere, Höhnischere und Brutalere.
fällen standen sich zum Schlusse die aus sämmtlichen Sets hervorgegangenen Sieger
Er kann sich nur besser beherrschen. Er schlägt Niemand, weil er sich
vis-à-vis. Die Entscheidung fiel zu Gunsten eines Herrn Frank aus, der im ver¬
gangenen Jahre den ersten Preis in Nizza errungen hatte. Unter allgemeinem
nicht aufregen will. Was seinen Bruder peinigt, das veranlaßt ihn
Jubel wurde demselben das Racket vom Schiedsrichter eingehändigt. Seiner
blos zu abgerissenen, spöttischen Bemerkungen: daß der Familie Scholz
Partnerin Fräulein v. Segere fiel der von den Herren der Kurgesellschaft ge¬
die Herzensgüte fehle und daß sie, Vater, Mutter, Tochter und Söhne,
spendete Preis, ein kostbares Bracelet, zu. Abends fand zu Ehren der Siegerin ein
an sich selber kranken. Mit seiner einsilbigen, eisigen Ruhe, voll
Ball in den Kursälen statt.

grimmiger Schadenfreude, stört er das Weihnachtsfest, in dessen
(Fürst Salm=Lose.) Bei der gestern vorgenommenen Ziehung fiel der
Schimmer die Familie sich ausnahmsweise vereinigt, doch selbst in
Haupttreffer mit 20.000 Gulden auf Nr. 9089, der zweite Treffer mit
dieser Situation regt er sich nicht merklich, als sei er mit sich allein.
2000 Gulden auf Nr. 72400, der dritte Treffer mit 1000 Gulden auf
Das Alles drückt Herr Biensfeldt in einer nicht mißzuverstehenden,
Nr. 16837. Je 200 Gulden gewannen Nr. 6281 und Nr. 99586. Je 120 Gulden
gewannen Nr. 2230 6961 7827 und 55671. Je 110 Gulden gewannen Nr. 7129
krystallklaren Kunnstsprache aus. — Von anderer Art ist Herr Rein¬
Gulden gewannen
17060 19215 57399 69809 70191 77416 und 79310. Je
hardt. Er hat etwas vom Lewinsky der Siebziger=Jahre, mit
Nr. 3425 5657 9816 18422 36080 55397 59611 70994 78660 85839 87308
Aenderungen, die den Neigungen des Jahrhundertendes entsprechen. In
94972 und 97725.
zwei Rollen holte er sich uneingeschränkte Zustimmung. Zuerst als
(Graf Waldstein=Lose.) Je 290 Gulden Konv.=M. gewannen Nr. 18905
und 22691. Je 100 Gulden gewannen Nr. 4121 7261 57922 90183 90988. Je
Tischler Engstrand in „Gespenster“ Ohne in Theaterbösewichterei zu
370
50 Gulden gewannen Nr. 178 19002 51580 40269 41027 47817 54187 62489
gerathen, ließ er keinen Zug des verheuchelten schlechten Keris
90689 und 98652.
fallen, der mit seiner Scheinheiligkeit alle Welt und fast sogar sich selbst
S


betrügt. Als Bauer Akim in „Die Macht der Finsterniß“ stand er auf
Nur
der Sonnenhöhe eines wahrhaft bedeutenden Könnens. Es ist möglich,
daß er blos einen Ton hat und daß er auf die Länge einförmig
wird; wir müßten ihn näher kennen, um ihn auf diese Eventualität
1
hin zu beurtheilen. Hier hatte er nicht Zeit, uns durch Monotonie zu
Franz Cart Bischias
enttäuschen. Er stattete den alten Bauer mit der ganzen biblischen Einfalt
Associé des
und Einfachheit aus, mit der der Dichter ihn umkleidet hat. Die
Hof-Feuerwerker A. STUNER
Finsterniß, der Drang zum Verbrecherischen, hat gewaltige Macht über
die Erdenkinder — Akim, der ungebildete, urthümliche Bauer ist
WIEN
das Licht, er ist die Gerechtigkeit, die makellose Reinheit. Schwerzüngig,
wortarm, kann er nur mühsam sagen, was er denkt, aber wir
I., Singerstrasse Nr. 11,
verstehen ihn, und erkennen ihn als das unbefleckte Volks¬
ist das älteste, renommirteste und leistungsfähigste Eta¬
gewissen, das der Wahrheit huldigt, ohne zu erwägen, daß ihm
blissement f. Deeorationen, Feuerwerk, Lampions,
daraus Schaden erwachse. Wie er hört, daß sein Sohn Nikita
Luftballons und Transparente.
die Waise Marina verführt hat, besteht er darauf, daß Nikita
Coriandoli, per 10 Düten zu 40 u. 50 kr.
Serpentinen, 10 Stück zu 10 u. 20 kr.
Marina heirate, denn wenn man einen Fehltritt begangen habe,
Preislisten umsonst.
müsse man ihn gutmachen. Einen Mittelweg gebe es nicht. Recht sei
Recht, Unrecht Unrecht. Nikita leugnet weinerlich und entgeht dadurch
Richt verwechseln mit an¬

dem Zwange; er wird der Ehemann der reichen Bauerswitwe
derem, wenn auch gleich¬
Annußja, die ihren kranken ersten Mann umgebracht hat, und
3560
namigem Geschäfte!
S
zwar mit Hilfe von Matrona, der Mutter Nikita's, die ihrem

PDTRRREE

Sohn zu der guten Partie verhelfen will. Akim ahnt das nicht, aber
die Wirthschaft bei Nikita, der ein Liebesverhältniß mit seiner Stief¬
Prämürk
tochter Akulina unterhält, gefällt ihm nicht, stimmt mit seinen Ansichten
mit 32 Madaillen¬
so wenig überein, daß er einen Besuch bei ihm abbricht, ein Geld¬
geschenk, das der Sohn ihm gemacht, zurückwirft und in harter Winter¬
unr

nacht aufbricht mit der einfachen Erklärung: „Also kann ich nicht bei
Agandhln
Dir bleiben. Nikita läßt sich von seiner scheußlichen Mutter verleiten,
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1
Aetprhlte
das Kind, das Akulina zur Welt bringt, und dessen Vater er ist, im
Sin aheng
Keller zu vergraben. Endlich trägt er aber zu schwer an der Schuld, die
# eeung
er auf sein Haupt geladen, und angesichts der Hochzeitsgäste — Akulina
ahia nnhtheng
soll verheiratet werden — legt er ein Geständniß ab, freiwillig, zer¬
knirscht, sehnsüchtig nach Buße, wobei er die Versammelten als „recht¬
Wsereahencg
asetesetenag
gläubige Gemeinde“ anredet und von Akim darin bestärkt
ehe hanhenen
wird, durch freies Bekennen sich die Seele zu erleichtern. Akim
wird immer größer. Er wächst empor zum verkörperten
1
an
Rechtsgefühle. Er ist nicht mehr der Vater, sondern der un¬
tchate gualifat
Ausgirbig dabzusgingee
bewußte Ethiker im Bauernkittel. Feierlich ermahnt er ihn:
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„Sprich, mein Sohn, sag' Alles — es wird Dir leichter werden. Thue
Zu haben in unserer Filiale: Wien, I., Kohlmarkt 20.
Buße vor Gott, fürchte die Menschen nicht. Seht, das ist Gottes
Regen- und Staub-Mäntel,
Werk, das Werk Gottes.“ Und da zum Schlusse Nikita den Vater um
Radfahr-Krägen, 4557
Vergebung bittet, antwortet dieser: „Gott wird Dir verzeihen, liebes
Grosse Auswahl von
vollkommen geruch¬
Kind. (Er umarmt ihn.) Hast selber mit Dir kein Erbarmen gehabt,
Möbel- und Holz¬
los, aus echt eng¬
darum wird Er Dir verzeihen, Gott nämlich, Gott!“ Dieser Bauer
Galanteriewaaren
lischen Schafwoll¬
en *
Akin ist eine Schöpfung, die zu den besten Besitzthümern der Welt¬
stoffen, Single und
Double, mit Gummi¬
literatur zählt. Ein primitiver, aber adeliger, vornehmer Urmensch ist
der einfachsten bis
zwischenlage, nach der
zur feinsten Aus¬
nie vorher mit solcher Meisterschaft geformt worden. Wie ein Glorien¬
neuesten Facon, in
führung.
#.
schein liegt es um das struppige Haupt, wenn man ihm begreiflich zu
0
reichster Auswahl.
Uebernahme
machen sucht, wieso ein Kapital Perzente trage, und er in der Ver¬
aller einschlä- #□ Genossenschaft¬
J. N. Schmeidler,
Ka
„Wliches Waarenhaus
zinsung nur eins Schmach sieht, ohne den Vorgang zu begreifen.
gigen
k. Hof=Gummi¬
der
8200
arbeiten. 7/□
Tolstoi wäre ein Dichter ersten Ranges, wenn er nichts Anderes geleistet
waaren=Fahrikant,

U
24
WIEN.
hätte, als diesen russischen Bauer. Wir zollen Herrn Reinhardt ein
Kunst- und
*X)

Zentrale:
volles Maß an Lob, wenn wir sagen, daß seine Leistung als Akin der
W
VII., Stiftgasse 19
ES „SS Möhelischler Wiens
ihm gestellten Aufgabe würdig war. Den Berlinern aber sind wir
Filiale:
R. G. m. b. H.

dankbar verbunden, weil sie uns die „Macht der Finsterniß“ nach
An uat
I., Graben Nr. 10.
Hauptniederlage:
NN
Die Preise sind in
Wien vermittelt haben. .. Es ist gut, wenn man sich Gäste einladet;
S
VI., Gumpendorfer¬
der Filiale und Zen¬
man bekommt dann selber etwas Besseres aufgetischt als sonst. In
2e sa0 P
trale die gleichen. Preis¬
strasse 12—14.
F. Groß ## Telephon 2330. 6527
der Häuslichkeit, wie in der Kunst.
a
liste, Maßanleitung und
Muster postwendend.