II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 92

4. 5. Abschiedssouper
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in Zustände,
durch die hell¬
#nschen Ausdruck des
an, aber zuletzt von der
# berechtigter Skepsis auf¬
gesunden limgee
#en gaben das Stück über¬
genommen wird. Die M.
aus drastisch, aber vielleicht noch erbarmungsloser, als es der
Dichter gemeint hat. Herr Spira war vom ersten Mo¬
meute an ein Sterbender, Herr Jarno, der den grausamen
Professor der todten Spruchen wunderlicher Weise in der
Maske eines Börseaners und Lebemannes spielte, schlug un¬
heimliche Mephistotöne an und Fräulein Fehdmer gab der
rücksichtslosen Koketterie einen allzu starken Beisatz von
Schärfe. Die letzterwähnte Dame versteht sich auf schlangen¬
hafte Weiblichkeit; aber sie weiß den Reichthum der
Nuancen noch nicht durch ausgleichende Natürlichkeit zu
verschleiern. Der zweite Einakter des Abends „Mondschein¬
sonate“ von Ludwig Wolff, das als verwegene
Posse besser an den Schluß gesetzt worden wäre, ist eine
dramatisirte Anekdote aus dem Bereiche der jüdischen Heiraths¬
vermittler. Ein Freier von einstudirter Sentimentalität
vergreift sich bei seiner Liebeswerbung, indem er die jüngere
Tochter des Hauses statt der älteren, der eine größere
ansäuselt. Mit Zustimmung
Mitgift zugebacht
aller Betheiligten berichtigt er seinen Irrihum, in¬
dem er seine Anträge mit demselben Aufgebot von
Empfindung bei der Inhaberin der ausgemachten Mitgift
wiederholt. Die Würze der anspruchslosen Posse, in der die
Herren Jarno und Ehrens sowie Frau Pohl=Meiser,
hervorstechende Rollen hatten, liegt in den verschiedenen
Nuancen des jüdischen Jargons, wic sie hier bereits durch
das Herrenfeld=Ensemble vertraut sind. Die feinste Wirkung
dieser Art erzielte Herr Jarno mit der durch Erziehung und
geworbene Ruhe gemilderten Eigenart, die in solcher
Auch
Abdämpfung von besonders zarter Komik ist.
das hier längst bekannte „A
Schritzler, daß den Beschluß des Abends machte, hat im
Grunde nur anektoiarischen Gehalt; aber der Dialog, der
um die kleine Handlung herumgesponnen ist, schimmert in allen
Farben des Esprits. Neben Herrn Jorno, der an diesem
Abend große Versatilität zeigte und den philosophisch an¬
gehauchten Bummler mit sympathischem Humor darstellte, trat
hier Hansi Niese in der Rolle der Tänzerin, mit der die
Sandrock vor einiger Zeil großen Erfolg hatte, in den Vorder¬
grund. Die Sandrock charakterisirt die Dalletdame, die unter¬
halb des moralischen Bewußtseins ihren frechen Instinkten die
Zügel schießen läßt, viel schärfer, die Niese ist harm¬
loser und lustiger; sie mildert die spitzen Pointen durch die
höchste Drolligkeit des gedankenlosen Geschöpfes. Der Beifall
war nach dem Stücke von Strindberg am stärksten, nach dem
Abschiedssoupee am meisten berechtigt. Die Josephstädter haben
vor dem anspruchsvolleren Wiener Ensemble das jüngst hier
gastirte, das Eine voraus, daß sie mehr Ge hl davon haben,
A. K.
worin sie ihre Spezialität zeigen können.
Telefon 12801.
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Aussahntit
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Ausschnitt aus:
Post (Berling
vom 30.
6. 1.905
Neues Theater.
Gastspiel des Theaters in der Josefstads
in Wien.
Im Neuen heater war gestern etwas wie ein
litterarischer Geist zu spüren, der sonst in diesem
schmucken Luxustheaterchen schon lange nicht mehr
störend umzuge#en pflegt. Die üblichen Dilettanten¬
Schwänkchen, die Frau Nuscha Butze hier sonst einem
so gutmüthigen, wie geduldigen Publikum vorzusetzen
liebt, waren durch wirkliche Kunst ersetzt, und das
gab für die Habitués dieses Hauses dem Abend ger
wiß etwas Befremdliches, geradezu Verblüffendes¬
Direkter Jarno mit seinem tuchtigen Eusembie
vom Wiener „Theater in der Josefstad
### datte einen
Einakterabend zusammengestellt, N: Bekanntes und
Neues, grimmigen Ernst und kecke Saiyre mi
gutem Glück mischte und seinen Derstellern, 1
allem ihm selbst — der in seinem Zugstücke „Flitter¬
wochen“ leider nicht mitspielt — Gelegenhest gieb
Menschen darzustellen auf dieser Bühne,
noch Schwank=Marionetten gewöhnt Rst. Vnaul
Strindbergs „Gläubiger“ und Arthur Schunt.
lers „Abschiedssouper“ sind ier in Beelin
wohlbekannt. Beide so grundverschiedene Stücke
inclusive
50 2
Für
fanden gestern eine sehr achtbare, wenn auch nicht
Porto.
100
durchweg gleichwerthige Darstellung. Der zügel¬
Zahlbar
200
lose Weiberhaß des Schweden, der mit der fein¬
500
zeschliffenen Klinge der Dialektik jede Blöße Voraus.
.1000
des Gegners erspäht und schonungslos ausnutzt, ge= khnitte ist das
wann in der fein ausgearbeiteten Wiedergave der jeh stcht es den
Ir
Hauptpartie des betrogenen und nun unbarm¬
Abonneme
herzige Rache übenden Gatten durch Herrn Jarno Pudern.
Abonnent
eine grausam wahrhaftige Gestalt. Dieser Einakter
ist für Strindberg den Menschen wie den Dichter
so ungemein bezeichnend; denn jene beiden Seelen,
die in seiner Brust wohnen — seine selbstbiogra¬
phische Beichte eines Thoren in ihrer cynischen Genia¬
lität hat es deutlich offenbart — sind hier reinlich
geschieden in den beiden Männern des Stückes: dort
der durch Bitrug und herbe Enttäuschung zum er¬
bittertsten Feind des Weibes und des Feminismus
gewordene Gustav, in dessen Seele Haß und Ver¬
achtung alles Mitleid mit der Schwäche, alle Ge¬
rechtigkeit erstickt haben; hier der weichliche, schwache
Adolf, dessen glühende Sinnlichkeit, bessen unstät¬
flackernde Enexgielosigkeit ihn zum willenlosen Spiel¬
zeug eines lebensdurst. „.n Weibchens machen. Gustav
und Adolf in eine einzige Person untrennbar ver¬
schmolzen, und doch sich ewig hassend und be¬
fehdend, sich ewig Schlachten liefernd und sich auf¬
reibend in diesem Kampfe — das ist August Strind¬
berg. Am meisten aus seinem Geiste heraus
schuf Heer Jarno; Fräulein Fehdmer hatte in der
ungemein schwierigen Rolle, unterstützt von einer dem
Charakter angepaßten Erscheinung, sehr glückliche
Momente; die glücklichsten vielleicht da, wo sie die
Weibchennatur, deren verächtliche Minderwerthigkeit
gerade bewiesen werden soll, gegen den Dichter selbst
vertheidigen zu wollen schien. Herr Spira als
Adolf war ein bischen gar zu larmoyant. Das
Stück ist schon quälend genug, wenn man nicht
übertreibt.
Die kleine Novität des Abends: „Die Mond¬
scheinsonate“, Komödie in 1 Akt von Ludwig
Wolff, ist eigentlich kein Stück, sondern ein
Stückchen von einem Stück. Es giebt sich als eine
lustige Seene, die wie eine von einem witzigen Kopf
in dramatische Fori
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