II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 107

4.5. Abschiedssouver
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Telephon 12801.
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Ausschnitt
Nr. 81
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 12.
- Filiale in Budapest: „Figyelö“ -
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
WG
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Naue Freie Presse. Wien
vom:
22
30015
Oche ot
Theater= und Kunstnachrim 90/1
Wien, 29. Sepreulber
[Raimund=Theater] Frau Charlotse Wieh
eine Dänin, deren Stern in dem kleinen Theätre de Capncines
in Paris aufging, hat heute hier ein Gastspiel begonnen. Ihr
Ruf nennt sie die beste Mimikerin, und als solche hatte sie
auch bei uns einen großen Erfolg. „La main“, die Panto¬
mime, die ihr Gatte Bereny für sie schrieb, schildert die
Angst einer Sängerin, die, von einem Einbrecher bedroht,
ihrer Kaltblütigkeit und einem verschmähten Liebhaber Reitung
dankt. In „P’Homme aux poupées“ spielt sie eine Doppelrolle.
Ein Poet hat eine krankhafte Vorliebe für seine Puppen, die
er beleben möchte; von dieser närrischen Marotte heilt ihn
Für
seine Frau, indem sie selbst eine Puppe spielt. In beiden lire
Pantomimen war die Künstlerin von stärkster Wirkung, die 0.
aus.
crassen Züge der ersten mildert sie in feinster Weise, und als für
2
Puppenfee war sie das Entzücken des ganzen Hauses.
das
Schnitzler's „Souper d’Adieu“ erschien seinem Wesen nach
Abonn
ziemlich verändert zwischen den kleinen mimischen Dramen;
Abonn
aus der Heldin, dem „Wiener Mädl“, ist in der französischen
Uebersetzung eine kokette Pariser Cocotte geworden. Madame
Wiehe spielt sie unterstrichener als man bei französischen Dar¬
Inhalt
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stellern gewohnt ist, sie ist jedoch auch hier heiter, gewandt
blät
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und von siegreichem Humor, trotzdem ist sie als Mimikerin
wodur
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ungleich origineller und wirksamer. Sie wird als solche gewiß
Leben
den einmüthigen Beifall Wiens gewinnen. Man wurde nicht
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müde, ihr heute die lautesten Gunstbeweise zu geben.
Prospécte gratis und franco.
Telephon 12801.
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Ausschnitt
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„Fremdenblatt“
3¼ 10 0
(Raimund=Theater.) Charlotte Wiehe, der gefeierte
dänische Gast der Pariser Centenarausstellung, ist nun nach einer
Tournée durch Norddeutschland mit ihrer französischen Gesellschaft
bei uns eingekehrt. Der Beginn ihres Gastspiels am gestrigen Abend
ließ einige Befangenheit auf der einen und vorsichtig prüfende
Zurückhaltung auf der anderen Seite gewahren; bald aber wurden
Künstlerin und Publikum mit einander vertraut und die Vorstellung
schloß als starker Erfolg. Charlotte Wiehe ist bekanntlich aus
dem Kopenhagener Hofballet hervorgegangen, dem sie seit frühester
Jugend angehört hat, aus der Tänzerin hat sich die Mimikerin und
die Soubrette herausgebildet. Für ihre starke künstlerische Per¬
sönlichkeit ist dann wohl französische Technik mit ihrem ganzen
Raffinement bestimmend geworden. Sie wirkt in französischem
Rahmen, mit Pariser Masken. Der leichtblütige Schönheits¬
kultus, die anmuthige Impertinenz, der tolllustige Scherz, der
an den Ufern der Seine seine Heimat hat, liefern die Umrisse as
en
zu ihrer reichen Kunst. Der gestrige Abend bot ein „Mimodram“ und
eine „mimische Erzählung“, die Henry Bereny, den Gemahl der
Künstlerin, zum Autor haben. „La main“ ist vom Volkstheaterabend die
her in Wien bereits bekannt. In der Hauptrolle der Vivette, der ge¬n¬
feierten Tänzerin, die in der nächtlichen Stille und Einsamkeite")
ihres Boudoirs sich plötzlich einem zum Aeußersten entschlossenen ehe
„Mit¬
Einbrecher gegenüber sieht, fand Madame Wiehe mit ihrer
reizenden Tanzstudie Beifall. In „L'homme aux poupées“ siegte sie
in raschem Ansturm. Das Herz eines jungen, blasirten Poeten, der
seine Geliebte über phantastische Vorstellungen vergißt, die ihm der
Anblick zierlich=rosiger Kinderpuppen erregt, erobert sich die besorgte
Schöne zurück, indem sie selbst als Puppe auftritt und den
Ungetreuen mit groteskem Schabernack narrt. Durch die steife
Grandezza der mechanischen Puppengeberden hindurch gewahrt
das Publikum die übermüthige Laune der holden Betrügerin.
Diese Szene ist von entzückender Heiterkeit, das ganze Haus gab sich
der Künstlerin gefangen. Arthur Schnitzler's Abschieds¬
souper in französischem Gewande war zwischen die beiden mimischen
Darstellungen eingeschaltet. Die Louise spielte unser Gast als unver¬
schämtes lebens= und liebelustiges Pariser Pflänzchen in unver¬
hüllter Wahrhaftigkeit, aber mit anmuthig überlegenem Humor der
Zeichnung. Aus der, Mme. Wiehe begleitenden Gesellschaft sei
Mr. Severin=Mars, ein ansehnliches mimisches Talent, hervor¬
geboben.