II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 183

heurchen Leichenstadderei.
Die 28jährige Olly Gebauer, die in
nem Spitalsbett in Lainz an einer Kehl¬
pftuberkulose elend zugrundeging und nur
eshalb ein anständiges Begrabnis be¬
mmen konnte, weil ein paar Freunde
ir sie sammelten (beinahe wäre sie noch
nTod durch einen Gauner um alles be¬
ogen worden), war aber auch gar kein
irklicher Filmstar. Es fehlte ihr bis auf
is Talent so ziemlich all das, was einer
raucht, um nicht in einem Lainzer Spi¬
lsbett mit 28 Jahren sein Leben zu be¬
iden sondern in einer Hollywooder Mär¬
envilla weiterzuleben. Aber im Jenseits,
rt, wo es egal ist, ob man im irdischen
ammertal einen Cadillac gehabt hat oder
it der Straßenbahn gefahren ist, wird es
e arme Olly doch freuen, daß fast alle,
e von ihr sprachen, Tränen in den Augen
itten, echte Tranen, und das will viel
ketier gehört rasch weinen zu können.
iese Olly Gebauer, die aus einer kleinen,
überen Wohnung in der Märzstraße in
Welt des Theaters kam, ist nämlich da
blieben, was sie mit Erfolg so oft ge¬
ielt hat, das süße Wiener Mädel, mit
weichen Herz und dem lieben G’schau.
ha
einen wirklich gern gehabt, und
s war kein reicher Industrieller, sondern
ein armer Teufel, der heute irgend¬
idamerika eine neue Existenz
cht, und sie hat, wie eine Kollegin im
ilmhof beteuerte, buchstäblich den
tten
eller hergegeben.
Die Mutter, die mit Stolz und Rüh¬
etont, daß die Olly „ihr Kind“
ar, d
sie mit Not und Entbehrungen
oß zog
sagt: „Einmal im Theater an
Vien
ich hab' sie immer abgeholt
e mir: „Schau, Mama, der
heaterarbeiter da, geht schon den sechsten
ohne Krawatten weg' — und sie hat
nem Geschäft da gleich ums Eck
m
nsechs Schilling eine Krawatten kauft.“
iese Geschichten erklären warum die
me Olly Gebauer mit 28 Jahren in
inz an Kehlkopf=TBC sterben mußte
kein Hollywooder Star wurde. Viel¬
at sie sich den Lungendefekt schon
mals geholt, als sie noch als ganz kleines
ädel in die Tanzschule ging, aber jetzt,
e in dem neuen Wessely=Film mi“
ielen sollte, da hat ihr das Geld doch den
enickfang gegeben.
Das Geld, von dem sie nicht viel ver¬
nd. Und das sie doch lockte. Weil man
iel Schönes damit tun konnte, der
men Mutter in der Märzstraße eine
ende machen, bei einem armen Bühnen¬
beiter in Berlin, der zu Weihnachten
tlassen wurde, die gütige Fee spielen.
ib als nun eine Angina kam und die
andeln anschwollen, da wurde die kleine
ly ungeduldig und ging von einem Pro¬
sor zum andern und bat, ihr die Man¬
n zu nehmen. Ein Professor, der offen¬
r die Gefahr erkannt hatte, lehnte
eimal ab, aber das bißchen ersparte
eld, das Olly Gebauer aus Berlin mit¬
bracht hatte, wurde immer weniger, der
lmtermin rückte immer näher und nach¬
nsie sich mit ihrem langjährigen Arzt
kracht hatte, der den operativen Ein¬
iff auch ablehnte, gab schließlich ein Arzt,
her in bester ärztlicher Überzeugung,
rem Drängen nach.
Und einige Monate später starb die
ine Olly Gebauer, verhungerte buch¬
blich in einem Lainzer Spitalsbett.
„An einem Teller mit Essen hat sie ge¬
chen“, weint die Mutter vor sich hin,
nd hat mir zugeflüstert: Schau, Mami,
gute Sachen hat unser Herrgott wachsen
ssen!“ und wie sie gestorben ist, hat sie
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4. 5. Abschiedssouber

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