II, Theaterstücke 4, (Anatol, 4), Episode, Seite 18

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Beil. z. Boh. Nr. 57.
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nata von Vieuxtemps mit Orchesterbegleitung, mit und, wie wir hoffen, dauernden Erfolg. Er hat, wie
welchem Werke er sich auch überall den größten Bei= bereits im Vorjahr einmal, vier Einacter tragischen
und grotesken Stils zu einem bunten Ganzen ver¬
fall ergeigte, zu Gehör bringen, weiters zwei kleine
bunden. Man gab zuerst, als lever le rideau, die
Stücke von Saint=Saëns und Tschaikovsky. In der
„Episode“ von Arthurk Schnitzler. Es sind bereits zwölf
Musikalienhandlung H. Weiner (Obstgasse 4) sind
Jahre vergangen, seitdem die entzückenden „Anatol“.
schon jetzt Sitzplätze (Sesselreihe vor dem 1. Parquet)
Dialoge in der Zeitschrift „Die schöne blaue Donau“
zu 10 Kr. und Saalstehplätze zu 2 Kr., die heuer nur
Am ersten Male erschienen. Dennoch haben sie nichts
in beschränkter Anzahl zur Ausgabe gelangen, ferner
In ihrer Gracie und Frische, von ihrer Innigkeit
Tribünen=Stehplätze zu Kr. 1.20 erhältlich. Nach Ab¬
nd dem leise melancholischen Duft, der über einer
schluß der Subscription gelangen daselbst auch die
eden dieser Studien liegt, verloren. Im Gegentheil!
übrigen Karten zum Vorverkauf.
WSie haben sdie volle Kraft einer aus dem Wiener
* Wilhelm Elsner gastirt zur Zeit im Frank¬
eben, wie es noch immer täglich reizvoll um uns
furter Overnhause auf Engagement. Uiber sein Auf¬
treten als „Faust“ lesen wir in der „Frankfurter Eplandert und lacht, gewonnenen Stimmung und dabei
Zeitung": „Hr. Elsner . .. erfreute auch hier durch Kdennoch bereits den Reiz des ein wenig Entfernten.
Kraft und heldischen Glanz der Stimme, Deutlichkeit Die Generation von heute ist um Vieles ernster und
der Aussprache und vornehmes, beseeltes Spiel. Auch nachdenklicher als die junge Wiener Lebewelt von vor
zwölf Jahren, deren Ton Schnitzler mit solcher Echt¬
der Mangel des Gesanges, jenes schluchzende Absetzen
heit trifft. Darum genießt man heute die „Anatol“=
des Tons bei hohen und gehaltenen Noten, hin und
Einacter mit besonderem, feinschmeckerischen Behagen.
wieder auch etwas gaumiger Ansatz ward gelegentlich
Wie kunstvoll facettirt erscheinen jetzt diese kleinen,
wahrnehmbar, doch überwog entschieden der günstige
scheinbar mit spielerischer Leichtigkeit hingeworfenen
Eindruck, und jener besonders im dritten Acte ....
Scenen! „Weihnachteneinkäufe“ und „Episode“ sind
Gerade hier glückte es dem Gast, dessen Aufnahme
unter diesen zarten Dichtungen die allerzartesten. Ein
beim Publicum anfänglich nicht allzuwarm war, sich
junger Mann hat unter vielen anderen lieben Er¬
vollen Applaus zu sichern. Die verschiedenen Kräfte
innerungen auch die einer besonders glücklichen Stunde.
in Hrn. Elsners Talent haben die glückliche Eigen¬
Ihm war das Abenteuer nur eine „Episode“, nicht
schaft, leicht für einander einzutreten, was auf sehr
die erste und noch lange nicht die letzte, dem „süßen
entwickelten künstlerischen Instinct schließen läßt. Da,
Mädel“, denkt er, ist es ein Schicksal gewesen. So
wo die vollkommen musikalische Ausführung auf
erzählt Anatol seinem Freunde Max. Nun kommt
Schwierigkeiten zu stoßen droht, setzt die Wärme des
das hübsche Fräulein Bianca selbst in die Scene
Vortrags, das sinnige und schöne Spiel doppelt in¬
hereingeschneit. Da stellt es sich nun rasch heraus,
terefsant ein und hilft dem Hörer über einen etwaigen
daß sie Anatol kaum mehr kennt, daß er für sie noch
kritischen Moment leicht hinweg.“
weit weniger als eine Episode bedeutet hat. Dieses
Wiener Theater.
Nichts einer Handlung — eigentlich nur eine fein¬
Wien, 23. Februar.
ironische Wendung — ist gleichwohl von verblüffender
Nach manchem weniger geglückten Versuch, im
theatralischer Wirksamkeit. Man sieht: Auch das nur
„Theater in der Josefstadt“, bisher aus¬
innerliche Geschehen vermag bei solcher künstlerischer
schließlich der Stätte französischer Schwankgarnituren,
Durcharbeitung des Details den anfaugs widerstre¬
unsere junge ernste Literatur an „literarischen Abenden“
benden Zuhörer zu fesseln. Allerdings, es bleibt immer
vorzuführen, erzielte Director Jarno, der kluge
ein artistisches Experiment, das Jarno mit der ersten
und temperamentvolle Leiter dieser Bühne, jetzt mit
Aufführung der „Episode“ auf einer deutschen Bühne
seinem jüngsten literarischen Experiment einen großen

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26. Februar 1901.
nur deshalb unternehmen konnte, weil die glanzvoll
Regie und Darstellung, voran Herr Jarno selbst
keine Pointe des Stückes, das nur aus Pointen be¬
steht, fallen ließ und das kleine, intime Haus für
dieses finnirend=heitere Genre besonders geeignet er
scheint. — Der „Episode“ folgte der Act „Zu Hause“
von Georg Hirschfeld, den das Prager Publicum,
irre ich nicht, bereits vor dem Wiener aus einem Gast¬
spiel Berliner Gäste im „Sommertheater“ k##te
Auch zu uns ist dieses kräftige Werk erst auf dem
Umwege über Berlin durch Herrn Jarno gekommen.
Man ist erstaunt, daß sich für dieses erfolgsichere Stück
bisher noch kein Wiener Director fand. Es enthält
alle Vorzüge des Hirschfeld'schen Talentes und nur
wenige seiner Schwächen. Es rollt den für das letzte
Jahrzehut bezeichnenden Kampf zwischen den Rechten
des Einzelnen und den entgegengesetzten der Familie
noch einmal in großen Zügen auf und löst den Con¬
flict energisch zu Gunsten der starken Persönlichkeit.
Die späreren Arbeiten Hirschfelds sind bereits alle in
diesem Jugend=Dramolet dem Tbema und der Gestal¬
tung nach angedeutet. Die Familie zerfällt wieder,
wie in den „Müttern“ und „Agnes Jordan“ in zwei
scharf von einander gesonderte Theile, die ganz ver¬
sumpfte und die aus der grauen Umgebung sehnsüchtig
hinausstrebende Gruppe. Der gedrückte Vater, eine
Figur, die nur ein Dichter von tiefer, mitleidiger
Lebenskenntniß schaffen konnte, die harte Mutter, das
durch Verwabrlosung krank gewordene Kind — lauter
Bekannte aus der Hirschfeld'schen Welt. Sogar die
Namen, Ludwig, Artbur, sind die nömlichen. Und wie
die späteren Werke, so hat auch dieser Erstling, von
Jarno und Frl. Fedmer glänzend gespielt, in Wien
tief ergriffen. Den beiden literarischen Gaben folgten
das musikalische Märchen, „Das Streichholzmädel“
von August Enna, das in Prag ja bekannt ist, und
schließlich „Der Commissär“, eine kecke Scene von
Courtelin, in der Art der Skizzen des Gil Blas,
deren Meister Pierre Veber heißt. Ein pedantischer,
von Maran ergötzlich karikirter Polizeicommissär
wird durch einen lustigen Vagabunden genasführt.
Also wieder eine „Episode“, zum Schluß wie zu Be¬