II, Theaterstücke 4, (Anatol, 4), Episode, Seite 28

1 S O C
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4.4. EP.
21A 1. 19

ung Bel
Schnjtler=Abend.
Das Programm des A. Kammerkunstabends der Buch= und
Kunsthandlung Reuß u. Pollack wurde von Johannes Riemann
vom Deutschen Theater bestritten, der Dichtungen von Arthue
Schnitzler vortrng. In der Einkeitung zu „Anatol“ in zwei Dia¬
logen aus dem „Reigen“, im „Ehrentag“ und in der „Episode“
bewies Riemann, daß er der Form wohl Küßerst gerecht zu werden
vermag, daß er aber jenen Herzenston vermissen ließ, der vor¬
handen sein muß, wenn man echter Wienet Kunst nähertreten will.
Die Geschmeidigkeit Riemanns und seine sprecherischen Vorzügs¬
wurden vom Publikum dankbor anerkannt.
13•9
2 MaLlhse
Vossische Zeitu# Berlin
Ein Arthur Schnitler Abend in der Buch= und Kunst¬
handlung von Reuß und Pollak war durch die Absage des
Fräuleins Christian in Frage gestellt. Für sie sprang Johau¬
nes Riemann vom Deutschen Theater ein. Seltsam diese ver¬
storbene, morsche Süßigkeit des Schnitzlerischen Wien: selksam fremd
und unwahr geworden diese verschnörkelten Weisheiten vom füßen
Mädel Anatols; fast gespenstisch, im Rhychmus einer anderen Zelt,
verloren und erstickt, dieser Dualtsmus von Wit und Empfinesam¬
keit. Und doch jedes Wort imprägniert mit einer alten, unver¬
wischbaren Kuktur. Riemann kas aus dem „Anatol“ mit einer
sanften, freundlich bedeutsamen, sehr stilsicheren Wirksamkeit;
immer dieses Pendeln zwilchen Unwichtigfeit und Gewichtigkeit
glücklich festhaltend, ganz mit der intimen Gebärde leiser Kammer¬
kunst. In zwei Szenen aus dem „Neigen“ war er sichtlich bemüht,
zwischen dem frech eindeutigen Aufriß und einer entkleideten Ge¬
danklichkeit künstlerisch zu vermitteln. Man dankte ihm durch
lächelndes Mis erstehen und ernsthaftes Sicheinstellen auf eine
verblaßte, von ferne in die Gegenwart hereinklingende Kultur le.)“
.
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von: 1 4, SEP. /935
Ludwig Ullmann:
Enisodes-Beg
stung — daß er diese Träne fließ
in Augenblicken von simpler drotli
kindhafter Melancholie, in gEinstels
wienerisch süßer Dämmerung de
und des Lichts der Träume, die an
Schnitzlers herbstliche Abendweg
mannen an seine Cottage-Gärte
Trauer, Duft und ferner Musik d
schieds und der Vergessenheit.
mit geführtem Entzücken festgestel
Friedl Czepa in der Tat eines
Schnitzler-Mädchen spielt, hold un
gaukeinde cEpisodes, sprühend von
K
spöttischer Wehmut und bezauben
Glanz und Leistung dieses Fims stiller
scher Güte, ein Wesen aus dem Schn
und auch sehr lauter Erschütterung ist die
Dialog, gleichsam zusammengesef
Rolle. Die große leuchtende fast übermütig
Pointen und Albernheiten, überfließe
tränenschwere, aber keineswegs stets nur
aphoristischem Liebesgepapper, ab
metierfix jubelhelle Wessely-Rolle. Ein
Filmelfe mit unanzweifelbar großa
kunft.)
kleines Meisterwerk präziser und pro¬
phetisch selbstsicherer Mitergriffenheit.
In den Schlußszenen dieses Filmg
Meisterwerk vor allem technisch in seinen
die Kamera völlig Wessely-toll. Sie
Schattierungen, Dämpfungen, Uebergän¬
das geniale Antlitz in unersättlicher
gen und Ausbrüchen. Beschattet von der
hin, groß, noch größer, lachend, si
sanften Despotie der Persönlichkeit: die
brillanteste und dennoch zarte Huldigung
des arriviertesten Filmdichters der Epoche.
Apimes-Revue FEN
Sein Bekenntnis, daß alle Filmmagie an
6
sich, der gesamte Rausch optischer und
rhythmischer Finessen, die ganze Tempo¬
strahlend, entrückt ... Nur sie,
jagd und Großaufnahmen-Parade nur
Wessely höchstselbst, kann sich
Mittel, und an sich noch immer recht dürf¬
Rausch der Bildfluche gestatten,
tige sind zum Zwecke der Verklärung einer
wahrhafte Zertrümmerung der Fill
So souverän scheuen Menschlichkeit.
zentration. Denn sie ist es ja wirklich
sie, die aus dieser Filmidylle ins me
lich Große wächst und selig lächelt
1 Maharadschah
Auge über den Spuk und Sturm, auch
und 1000 Frauen
Erfolgs, hinweg. Noch ist der Glauk
dies Auge stärker als die Großaufne
Es geht also hier nicht um Einzelheiten.
Noch ein Wort für Walter Reisch
Denn Walter Reisch hat für den aMaske¬
Regisseur, der eine Edelarbeit vor
rades-Film etwa ein um etliche Nuancen
des poetischen Taktes vollbracht ha
seelisch diskreteres Drehbuch geschrieben,
allerdings dem Stil, auch dem psychischen
der Handlungszeit gemäß. „Episodes ist
um den nötigen Grad blanker, schärfer und
greller. Wie dort ein parodistischer Unter¬
ton mitschwang, setzt hier immerhin noch
taktvolle Satyre schon deutlicher ein. Die
Kontrastwirkung ist dafür umso unmittel¬
barer: aus dem Taumel der Lorven und
Lächerlichkeiten steigt still leuchtend die¬
ser tapferen Mädchenstirn Aura reiner
und entschlossener Ahnungslosigkeit. Das
Wessely-Wunder ist noch immer über der
Vesselp-Sensation.