II, Theaterstücke 4, (Anatol, 4), Episode, Seite 31

Zpisode
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4. 4. K ann.
Die Stunde, Wies
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Wessely-Film wird in alle Welt verkauft
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schicksalshaften Erlebnisen einen mensch¬
Im Vorführungsraum der Tobis-Sascha
lichen Weg zur Zufriedenheit findet. Alles,
herrscht ganz ungewöhnliche Spannung.
Hier starteten schon viele Welterfolge, hier
was bis dahin war, was sich um sie abge¬
Der Tag, Berlin
spielt hat, Episode, nichts als Episode.
begannen schon viele hundert Meter, die
701— Arthur=Schnitzler=Abend. Für die
Handelnde Personen neben Paula Wessely
dann in hunderttausenden über den ganzen
erkrankte Margareke Christeens vom Deutschen
Karl Ludwig Diehl, Otto Treßler, Erika von
Globus liefen. Heute ist wieder ein großer
Theater, die im Kammerkunst=Abend
Wagner und besondere (einstweilen Wiener)
Tag, denn der neue Walter Reisch¬
Arthur Schnitzler zu Gehör bringen wollte, sprang
Sensation, daß Otto Treßlers Söhne Hans¬
Film „Episode“, der neue Wessely-Film
der Kollege Johannes Riemann ein und
Jürgen Treßler und Wolf-Dieter Treßler,
wird zum ersten Male den Käufern aller
hatte einen vollen Erfolg. Nach der Einleitung zu
auch im Film seine Söhne sind. Dann spielen
Länder vorgeführt. Es ist noch nicht die
„Anatol“ von Hoffmannsthal erwies sich der Vor¬
noch Fried! Czepa, Fritz Imhoff, Rosa
tragende besonders im „Reigen" („Der junge
endgültige Form des Films, es wird da und
Albach-Retty, Wilhelm Heim, Ferdinand
Herr und die junge Frau“ und „Die junge Frau
dort noch Kürzungen geben, aber der Film
und der Ehemann") als eleganter Plauderkünst¬
Maierhofer, Ernst Arnold, Liesl Handl und
ist doch fix und fertig und man darf ruhig
ler, dem die Gabe der leichten Konversationskunst
Dorothy Pool zum Teil kleinere Rollen.
schon jetzt das Geheimnis dieses zweiten
vortrefflich zu eigen zu sein scheint, und in der
Oskar Strnad hat wieder ein Stück Wien ins
Walter Reiech — Paula Weesely¬
ergreifenden Schauspielergeschichte „Ehrentag“ als
Atelier gesetzt, das im besten und stärksten
Films verraten: er ist außerordentlich. So
ein fein charakterisierender Gestalter. Man sah
Sinn wirklich Wien ist. Ausgezeichnete
sagen die Käufer, die mit erwartungsvollen
die Figuren dieser Erzählung deutlich vor sich,
Photographie des Amerikaners Harry Strad¬
Mienen gekommen sind, viele ein wenig
und man war gebannt von ihrer dramatischen
ling, der jetzt in Paris arbeitet.
skeptisch, weil eie der Meinung waren, der
Wirkung, die Riemann sehr geschickt durch seine
Neu für den Film Robert Katscher, der
Spitzenfilm „Maskerade“ wäre nicht zu
Vorlesung aufzubauen und zu steigern wußte
Komponist, der augenblicklich bei der
überbieten, ja vielleicht gar nicht zu er¬
Metro Goldwyn in Hollywood arbeitet. Man
reichen. Aber nach Schluß der Vorführung
hört sein Lied: „Jetzt müßte die Welt ver¬
war das ein herzliches Händeschütteln, die
sinken“ das durch den Film geht, von allen
Käufer dankten, alle waren begeistert,
gesungen, immer wieder durch Straßen und
England, Frankreich, Deutschland, Ungarn,
Höfe klingen, immer wieder aufgenommen
Südamerika, die Türkei, Norwegen. Sie
und weitergegeben, es ist ein bezaubernder
#.
hatten-zum Teil den Film „blind gekauft“
Rhythmus von Leharscher Süße. Gegen
und sie haben es, wie sie sagen, nicht zu
Ende des Films singt es dann endlich die
bereuen gehabt. Da war aus Deutschland
Wessely, sie singt wie eine Frau, deren ur¬
Präsident Engl des „Neuen Deutschen
eigentliches Element nicht Gesang ist, aber
Lichtspielsyndikats“, das den Film bereits
sie singt es mit Empfindung und Innigkeit
gekauft hat, von der British Gaumont Prä¬
sondergleichen.
sident Ostrer, der Besitzer der großen
Londoner Zeitung „Telegraph“ Direktor
In dem kleinen Vorführungsraum sitzen
Henkel von der Tobis-Sascha aus Paris,
Otto Treßler, Hilde Wagener und die beiden
Direktor van Tynhoven aus Holland,
Jungen, Hans-Jürgen Treßler und Wolf¬
Firmen aus Jugoslawien, aus der Tschecho¬
Dieter Treßler und sehen sich in diesem
Volkszeitung, Vien.
slowakei.
Film. Otto Treßlers Augen leuchten vom
Walter Reisch erscheint zum ersten Male
Stolz des Vaters. Seine Söhne haben die
als Regisseur seines eigenen Films, der
erste Probe (das darf man jetzt schon sagen
31,Teb. 1937
Autor am Regiepult, er setzt persönlich
ohne Kritik vorwegzunehmen) ausgezeichnet
seinen Eindruck ins Optische und Akustische
bestanden. Sie sind reizend. „Aber jetzt
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um. Seine so eminent filmisch arbeitende
müssen eie erst die Matura machen“, sagt

Phantasie beherrscht auch das Handwerk¬
Otto Treßler, der wieder eine ganz große
liche außerordentlich. Er arbeitet fern vom
Filmrolle spielt. Freundliche Uberraschung
Technisch-Konventionellen, er schafft famose
Kürzlich veranstaltete der Oester¬
auch Fried! Czepa als ein wienerisches
Einstellungen, ein kompositorisch überaus
reichische Künstkerklüb einen inter¬
Mädel vom Grund, ein bisserl leichtsinnig,
interessantes Ineinander von Bild und Ton,
aber gut und wirklich männlich in seiner
essanten Abend. Opernsängerin Ilona
v. Haimassy sang Arien und Lieder. Gisa
das die dramatische Wirksamkeit fördert
Ruhe und Noblesse der Schauspieler Karl
Ludwig Diehl.
und den Aufbau rechtfertigt. Als Autor
Kolbe zeigte als Geigerin ein ungewöhn¬
liches Können. Im Schnitzlerschen Einakter
schlägt er wieder den Schnitzlerschen Ton
„Episode“ wirkten Lork Kbern und die
an. Es ist ein Wiener Film, aus der Atmo¬
Die Spanung ist vorüber, Walter Reisch!
Herren Pergelt und Kennedy mit viel
sphäre dieser Stadt geholt, keiner der üb¬
als Regisseur hat seinen großen Erfolg.
lichen Duliöh-Filme, die Wien in einer fal¬
Begabung mit. Die Damen Eva Schwarz
Selbstverständlich, daß ihn Paula Wessely
und Marion Heinlein, beide Schületinnen
schen Illumination zeigen, in einer billigen
hat. Und der ganze Film. Diese Vorführung
Bekränzung. Alles lebt hier, Straßen und
war entscheidend. Die Käufer haben ge¬
von Grete Gross, glänz¬
Häuser, Höfe und Gärten und vor allem die
sprochen und sie vertreten ja das Publikum.
Menschen.
ten als Tänzerinnen
und die Damen Stella
Der Film steigt aus der Inflationszeit von
Eisner, Gusta Karna und
1922, aus diesem tollen Faschingsfest der
Jenny Maria Rausnitz be¬
Leidenschaften, aus der riesigen Geldüber¬
geisterten mit Liedern und
schwemmung, die über die Welt kam, aus der
Epoche, in der die Jazz aufbrach, um dem
heiteren Vorträgen das
Walzer den Garaus zu machen. Aber auch
Publikun.
in dieser Zeit lebten in Wien Menschen, die
sich die Reinheit ihrer Empfindungen be¬
wahrt haben. Paula Wessely spielt die
Kunstgewerbeschülerin Valerie Gärtner, ein
Wiener Mädel, das draußen in der Vorstadt
wohnt, für ihre Kunst lebt, die kleinen Ver¬
hältnisse gar nicht als klein empfinden
würde, wenn die Familie nicht eines Tages
durch den Krach einer großen Wiener Bank
alles verloren hätte. Und so muß sie sich
damit vertraut machen den Kampf mit dem
Leben aufzunehmen. Paula Wessely spielt
die tapfere kleine Gärtner, wie eben Paula
Wessely ein solches Wesen aus der Tiefe
eines einfachen Herzens spielt, das nach
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