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4. 2. Neihnachtseinkael
Seinnachtschhnasdte
Nr. 3
stisch und neuartig gebärden wie sie wollen, mag die lit wir nur selten den Herzenston durchzittern hören, kann
uch Anzengruber ist über unsere Bühne
ich mir kaum einen besseren Vermittler denken als Emil
terarische Physiognomie des einen der des andern noch
man auch diesen gewaltigen Dramatiker
Milau mit seinem klaren, ruhigen, beherrschenden, präg¬
so unähnlich sein, es ist Wiener Sonne, die auf sie alle
nicht aus seinen besten Werken kennt.
nanten Ton. Aber wenn wir hier immer auf festem,
scheint und die hat gar ein mildes, verklärendes, versöh¬
wie sein Freund Rosegger, unter den
sicherem Boden wandeln, so schwankt und wankt bei den
nendes Licht, das Licht der Schönheit.
Dichtern am meisten im stande, beim
jungen, nervösen Wienern alles. Darin besteht eben
Ein bekannter Wiener Feuilletonist behauptete ein¬
ikum verwandte Saiten mitklingen zu
ihre große Kunst, daß sie das Huschen von Licht und
mal, wenn das Publikum der berüchtigtesten Wiener
ntürmen sich als Hintergrund dieser
Schatten der Stimmung festzuhalten ver##hen und
Verbrecherspelunken zu tanzen anfange, sehe es edel und
ichtes, starkes Gefühl und ein reiches
darin besteht die Eigenart Marcell Salzers, daß er
anmutig aus, trotz aller inneren Rohheit. Darum giebt
en ihren Kern.
gleichsam ein zartes, bei der leisesten Bewegung mit¬
es keinen österreichischen Naturalismus im norddeutschen
irkel Hottingen, der den Zürchern
schwingendes Instrument, jede seelische Berührung in
Sinne, wird es nie einen geben. Im tiefsten Grunde
nRosegger lebendig und leibhaftig her¬
Töne übersetzt. Dabei ist dieser „kleine Wiener mit den
werden dem Schweizer die meisten Erzeugnisse des nord¬
nun übernommen, Vermittler einer gan
geistsprühenden Augen“ ein feiner Kenne der modernen
deutschen Naturalismus unverständlich sein, weil sie auf
gen und reizvollen Bekanntschaft zu wer¬
Litteratur; die eleganten kleinen einleitenden Charakteri¬
einer hier unfaßbaren Schroffheit der Standesunterschiede
Wien“, die Elite der modernen Wie¬
stiken, die er vorausschickt, sind Meisterwerke des Stils,
beruhen. Das tritt in Oesterreich, wie im Süden über¬
uns vorgeführt werden und Marcell
anregend und belehrend zugleich. Und mit geschickten
haupt, viel mehr zurück, das allgemein menschliche viel
geistvoller Feuilletonist und congenialer
Händen versteht er es, durch kleine Streichungen alles
mehr hervor. „Menschen, Menschen san mer alle“ heißts
er Person, wird am nächsten Montag
Anstößige aus seinen Texten zu entfernen, wobei der ge¬
in einem beliebten Wiener Gassenhauer, und die Durch¬
jener anmutvollen Kraft, die man ihm
schmackvolle Mann sich wohl hütet, seinen Dichtern in
führung eines gleichmütigen, oft nur zu nachsichtigen
Fühmt, in das neue Wien entrücken, in
irgend etwas Wesentlichem, in ihrer Eigenart, Abbruch
Humanitätsprinzips läßt den Oesterreicher milde und
nann Bahrs, Arthur Schnitzlers, Peter
zu thun.
versönlich auch im Verkommensten das rührend Mensch¬
Salzer stellt J. J. David an die Spitze seines
liche entdecken. Wern das nun im allgemeinen ein Fehler
litterarische Wien, wie verschieden ist es
Programms, einen schwermütigen Romantiker, der noch
sein mag, dem Dichter steht es wohl an. Ist es doch
alten! Was haben diese müden, aufgereg¬
der ältern Periode angehört und hier kaum „aufremden“
das schönste Wort, das Gottfried Keller ausgesprochen:
ichelnden und empfindungsschaukelnden
wird, trotz seiner ausgesprochenen Individualität. An¬
„Selbst der Unhold ist mit einem goldenen Bändchen
illparzer, mit Bauernfeld, mit Anzeugru¬
ders dürfte es mit Peter Altenberg und Her¬
an die Menschheit gefesselt.“
Suchen sie uns nicht, der eine auf diese,
mann Bahr gehen. Dieser der Schöpfer der Wiener
So haben wir denn auch von „Jung Wien“ das
jene Weise den modernen Menschen dar¬
sublimierten „Litteratenlitteratur“, der das Flackern und
Schönste zu hoffen, besonders, da es bei uns einen In¬
altmodischer Ideale, der eine, indem er
Flimmern des Innern impressionistisch festzuhalten ver¬
terpreten findet, wie Marcell Salzer. In Bezug
Die Brust greift und uns seine geheimsten
sucht, jener ein feiner vornehmer Zeichner, der bei den
auf Recitatienen ist man ja in Zürich verwöhnt; für die
ngen mitmachen läst, der andere, indem
Japanern und Franzosen in die Schule gegangen ist;
plastische, formende, bildende Poesie unserer großen
as modernes Großstadtleben zu Tage för¬
aber solche fremde Einflüsse haben in Wien von jeher
schweizerischen Epiker, in deren Lyrik selbst die Empfin¬
ugen führt? Doch gemach, ein Gemein¬
ben! Mögen sich die Jungen so reali= dung sich in keuscher Scham in der Tiefe verbirgt, sodaß! eine spezifisch wienerische Umformung erhalten und so
4. 2. Neihnachtseinkael
Seinnachtschhnasdte
Nr. 3
stisch und neuartig gebärden wie sie wollen, mag die lit wir nur selten den Herzenston durchzittern hören, kann
uch Anzengruber ist über unsere Bühne
ich mir kaum einen besseren Vermittler denken als Emil
terarische Physiognomie des einen der des andern noch
man auch diesen gewaltigen Dramatiker
Milau mit seinem klaren, ruhigen, beherrschenden, präg¬
so unähnlich sein, es ist Wiener Sonne, die auf sie alle
nicht aus seinen besten Werken kennt.
nanten Ton. Aber wenn wir hier immer auf festem,
scheint und die hat gar ein mildes, verklärendes, versöh¬
wie sein Freund Rosegger, unter den
sicherem Boden wandeln, so schwankt und wankt bei den
nendes Licht, das Licht der Schönheit.
Dichtern am meisten im stande, beim
jungen, nervösen Wienern alles. Darin besteht eben
Ein bekannter Wiener Feuilletonist behauptete ein¬
ikum verwandte Saiten mitklingen zu
ihre große Kunst, daß sie das Huschen von Licht und
mal, wenn das Publikum der berüchtigtesten Wiener
ntürmen sich als Hintergrund dieser
Schatten der Stimmung festzuhalten ver##hen und
Verbrecherspelunken zu tanzen anfange, sehe es edel und
ichtes, starkes Gefühl und ein reiches
darin besteht die Eigenart Marcell Salzers, daß er
anmutig aus, trotz aller inneren Rohheit. Darum giebt
en ihren Kern.
gleichsam ein zartes, bei der leisesten Bewegung mit¬
es keinen österreichischen Naturalismus im norddeutschen
irkel Hottingen, der den Zürchern
schwingendes Instrument, jede seelische Berührung in
Sinne, wird es nie einen geben. Im tiefsten Grunde
nRosegger lebendig und leibhaftig her¬
Töne übersetzt. Dabei ist dieser „kleine Wiener mit den
werden dem Schweizer die meisten Erzeugnisse des nord¬
nun übernommen, Vermittler einer gan
geistsprühenden Augen“ ein feiner Kenne der modernen
deutschen Naturalismus unverständlich sein, weil sie auf
gen und reizvollen Bekanntschaft zu wer¬
Litteratur; die eleganten kleinen einleitenden Charakteri¬
einer hier unfaßbaren Schroffheit der Standesunterschiede
Wien“, die Elite der modernen Wie¬
stiken, die er vorausschickt, sind Meisterwerke des Stils,
beruhen. Das tritt in Oesterreich, wie im Süden über¬
uns vorgeführt werden und Marcell
anregend und belehrend zugleich. Und mit geschickten
haupt, viel mehr zurück, das allgemein menschliche viel
geistvoller Feuilletonist und congenialer
Händen versteht er es, durch kleine Streichungen alles
mehr hervor. „Menschen, Menschen san mer alle“ heißts
er Person, wird am nächsten Montag
Anstößige aus seinen Texten zu entfernen, wobei der ge¬
in einem beliebten Wiener Gassenhauer, und die Durch¬
jener anmutvollen Kraft, die man ihm
schmackvolle Mann sich wohl hütet, seinen Dichtern in
führung eines gleichmütigen, oft nur zu nachsichtigen
Fühmt, in das neue Wien entrücken, in
irgend etwas Wesentlichem, in ihrer Eigenart, Abbruch
Humanitätsprinzips läßt den Oesterreicher milde und
nann Bahrs, Arthur Schnitzlers, Peter
zu thun.
versönlich auch im Verkommensten das rührend Mensch¬
Salzer stellt J. J. David an die Spitze seines
liche entdecken. Wern das nun im allgemeinen ein Fehler
litterarische Wien, wie verschieden ist es
Programms, einen schwermütigen Romantiker, der noch
sein mag, dem Dichter steht es wohl an. Ist es doch
alten! Was haben diese müden, aufgereg¬
der ältern Periode angehört und hier kaum „aufremden“
das schönste Wort, das Gottfried Keller ausgesprochen:
ichelnden und empfindungsschaukelnden
wird, trotz seiner ausgesprochenen Individualität. An¬
„Selbst der Unhold ist mit einem goldenen Bändchen
illparzer, mit Bauernfeld, mit Anzeugru¬
ders dürfte es mit Peter Altenberg und Her¬
an die Menschheit gefesselt.“
Suchen sie uns nicht, der eine auf diese,
mann Bahr gehen. Dieser der Schöpfer der Wiener
So haben wir denn auch von „Jung Wien“ das
jene Weise den modernen Menschen dar¬
sublimierten „Litteratenlitteratur“, der das Flackern und
Schönste zu hoffen, besonders, da es bei uns einen In¬
altmodischer Ideale, der eine, indem er
Flimmern des Innern impressionistisch festzuhalten ver¬
terpreten findet, wie Marcell Salzer. In Bezug
Die Brust greift und uns seine geheimsten
sucht, jener ein feiner vornehmer Zeichner, der bei den
auf Recitatienen ist man ja in Zürich verwöhnt; für die
ngen mitmachen läst, der andere, indem
Japanern und Franzosen in die Schule gegangen ist;
plastische, formende, bildende Poesie unserer großen
as modernes Großstadtleben zu Tage för¬
aber solche fremde Einflüsse haben in Wien von jeher
schweizerischen Epiker, in deren Lyrik selbst die Empfin¬
ugen führt? Doch gemach, ein Gemein¬
ben! Mögen sich die Jungen so reali= dung sich in keuscher Scham in der Tiefe verbirgt, sodaß! eine spezifisch wienerische Umformung erhalten und so