II, Theaterstücke 4, (Anatol, 1), Die Frage an das Schicksal, Seite 64

an das Schicksal
Fr.
4.1. Die age an Schensar box 7/4
Telephon 12. 691.
„OBSERVER‘
1. Isterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitange-Ausschaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianta,
Geuf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapelis,
Naw-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters
burg, Toronto.
(Gnellumgeb. oh. Gerib.
Ausschnitt aus:
Preindenblatt, Wien
- 3. 1910
vom:
Abendblatt

Hochgenuß, den unvergleichlichen Künstler an der Seite Mizzi
Theater und Kunst.
Günthers wirken zu sehen, jener Sängerin, deren Stimme und
Gesangskunst sich — ein Glück für die Wiener Operette — noch
Die „Concordia“=Vorstellung im Carl=Theater.
immer prächtiger entfaltet. Als Mütterchen und als Braut bot
Frau Günther einen gleich entzückenden Anblick; besonderen Reiz
Es war eine überaus gelungene Vorstellung, die gestern nach¬
strahlte ihr Tanz aus. Die Dritte im Bunde war Fräulein Walde
mittags, vom Journalisten= und Schriftstellerverein „Concordia“
vom Raimund=Theater; als Jugeno von fesselnder Erscheinung (ein
veranstaltet, ein glänzendes Publikum im Carl=Theater versammelte.
wahres Bijon) und schausvielerisch von anmutiaster Schalkhaftigkeit.
Das Haus war schon seit einigen Tagen ausverkauft. Es herrschte
Direktor Sigmund Natzler von der „Hölle“ hatte das Werk
eine gewisse Spannung, wie vor jedem Theaterereignis, das ein
eine Aufgabe, die viel Feinheit und
ausgezeichnet inszeniert
wenig sensationell angetan ist. Ein originell gemischtes Programm
Geschick erfordert hat. Von den Ovationen, die am Schlusse den
erwartete die Hörerschaft. Zuerst ein literarisches Viertelstündchen,
Darstellern und mit ihnen Leo Fall bereitet wurden, der vom
von Artur Schnitzler geboten, dann eine wirkliche Operettenpremiere
Orchesterpult auf die Bühne gerufen wurde, wollen wir hier nur
— Oskar Straus mit seinem in Wien noch nicht aufgeführten Ein¬
nebenbei sprechen. Sie waren der stimmungsvolle Abschluß dieser
alter Venns im-Grünen“ — und schließlich eine Girardi=Première.
— Das heißt nämlich: Srar# a Vomtapellmeister Drechsler in der
Veranstaltung.
aus der „Hölle" bekannten Operette „Brüderlein fein“ mit Mizzi
Günther und Fräulein Gerda Walde als Partnerinnen und mit dem
Der außergewöhnliche Erfolg der gestrigen „Concordia“¬
Komponisten des reizenden Werkchens Leo Fall am Dirigentenpult.
Vorstellung und die zahlreichen Wünsche nach einer Wiederbolung, die
Dieles Programm fand außerordentlich dankbare Aufnahme.
namentlich aus jenen Kreisen laut wurden, welche für die gestriges.
Schnitzlers Einakter aus dem Anatol=Zyklus „Die Frage an
Matinee keine Karten mehr erhalten konnten, veranlassen das Komuee
das Schfal“ wurde von einem Ensemble der Neuen Wiener Bühne
die Vorstellung mit dem selben Programm am Sonntag den
Iganz vortrefflich gegeben: Charlé als Anatol, Herr Ziegler
20. d., halb 3 Uhr nachmittags, im Carl=Theater zu wieder¬
als Max und Claire Wallenstein als Cora waren geistreiche
holen. Der Karten=Vorverkauf wird übermorgen Mittwoch,
(Interpreten des Dichters; die leifeste Nuance des sinnigen Dialogs,
9 Uhr vormittags, bei den beiden Tageskassen des Carl=Theaters
die feinste Anspielung nach dem Schalkhaften hin — wie lebhaft
eröffnet.
wurde sie sofort vom Publikum aufgeariffen! Herr Charlé und
Fräulein Wallentin verstanden es auch, durch ein sanftes Unter¬
streichen der wienerischen Note das Problem sozusagen gemütlicher
zu gestalten. Der Einakter hatte einen warmen Erfolg und die
Darsteller wurden oft gerufen; mit ihnen mußte auch Direktor
Steinert, der ausgezeichnete Regisseur, erscheinen.
Der Einakter Oskar Straus' „Venus im Grünen“ nennt
sich ein „musikalisches Fastnachtspiel“; es ist die „Vertonung“ des
lustigen Stückchens Rudolf Lothars, das vor zwei Jahren im
Deutschen Volkstheater so erheiternd gewirkt hat. Schauplatz:
Irgenowo in Toskana. Zeit: Achtzehntes Jahrhundert. Ein junges
Bürschchen wird auf die Brautschau geschickt; er soll Viola zum ersten
Male sehen, die ihm der Vater zur Gefährtin auserwählt. Auf dem
Wege, gerade vor dem Schlosse des Bräutchens, wird der Freier von
Banditen seiner Kleider beraubt. Da gibt es, meint der Räuber¬
hauptmann, nur eine Rettung: der Jüngling möge sich von Passanten
andere Kleider mit Gewalt — ausborgen. Der Jüngling tut's sehr
wider Willen. Da kommen zwei junge Herren von einem Masken¬
fest; der Freier und der Räuberhauptmann zwingen die beiden,
Frack, Weste 2c. als Beute zurückzulassen — bis sich herausstellt, daß
die beiden Opfer niemand anderer sind, als Viola und ihre Zofe
Giulietta. Selbstverständlich Verlobung auf der Stelle. Oskar
Straus hat sich keine der lustigen Situationen entgehen lassen, sie
durch eine leichte, so recht ins Ohr gehende Musik festzuhalten. Das
Ständchen des Freiers, zwei Quartette, das Kußlied des Räubers und
Giuliettas und die lyrische Nummer des Räubers wider Willen fanden den
wärmsten Widerhall; den größten Erfolg jedoch hatte der Walzer
Violas und Giuliettas. Das ist eine Piece, mit der sich Oskar
Straus wieder einmal von seiner schönsten Seite gezeigt hat. Der
*
Walzer ist süß und weich und hat den richtigen sieghaften „Schmiß.
Frau Keplinger (Viola) und Frau Zwerenz (Zofe) sangen,
tanzten und pfiffen ihn hinreißend. Die Zwerenz hat mit dem lustigen
Kammerkätzchen ein Soubrettenröllchen ganz nach ihrem Herzen ge¬