Schicksal
an das
Fra
Die
4. 1. Deege an dus Leniensar box 7/4
0 Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
Teleion: Norden 3051
BBRLIN N4
pedishe Prisse Tarlsruhe
—15 Ma
im Aufbau. Nancy gehört zu jenen Frauen, für die ein Mann nicht
Moderner Komödienabend.
ausreicht. Sie ist zu voll von Verheißungen und lügt auch zu gut
und mit zu großem Liebreiz. Im Hausfreund findet sie den er¬
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Kammerspiele im Konzerthaus.
sehnten Geliebten. Daraufhin wird die anfangs sehr problematische
Ehe so glücklich, daß Freund Jermer sagen kann: „Wo in aller Welt
Der Sommer naht, und damit eine gewisse Theatermüdigkeit.
findet man wohl drei Menschen, die gemütlicher und besser zusammen¬
Man verlangt nach leichter, anregender, aufreizender Kost. Der
leben und sich unbedingter aufeinander verlassen können als Dein
moderne Komödienabend, als Kammerspiel gedacht, entsprach diesem
Mann und wir beide)“. Da kommt ein neuer Freund ins Haus.
Geschmacke. Eine glückliche Hand vereinigte zwei innerlich ver¬
Nancy, die Abwechslung liebt, würde am liebsten mit dreien kut¬
wandte Dichter; den Wiener Arzt Arthur Schnitzlex und den
Dänen Peter Nansen. Beide vollendete Krüller der Frauen¬
schieren, um keinem Wehe zu tun. Der tadellose Jermer jedoch
seele, beide glänzende Meister der eleganten Erzählerkunst. Bei
tritt ab als schweigender Ehrenmann und räumt seinen Platz dem
beiden verfeinert sich der Naturalismus zu genauester Beobachtung
andern. Bald erlebt er die Genugtuung, auch seinen Nachfolger kalt
gestellt zu sehen. Ein köstliches Dreiblatt steht am Schluß beisammen:
des Seelenlebens. In Arthur Schnitzlers Werken lebt der Geist
der wissende erste Freund voll humorvoller Resignation, der jüngere
Des sinnenfrohen, nachdenklichen Wienertums, bei Peter Nansen die
liebenswürdig=leichtsinnige Erotik der Kopenhagener Kultur.
zweite Freund, der in seiner Erklärung die neue Sachlage noch nicht
begreifen kann und der überglückliche Ehemann, der von alledem
Schnitzlers Einakter: „Die Frage an das Schicksal“ ist
nichts ahnt und noch immer gerührt ist über die Anhänglichkeit seiner
dem Anatolzyklus entnommen. Anatol ist der Typus des künst¬
entzückenden Frau zu ihrer alten Tante Leue. die sie regelmäßig im
lerisch angehauchten Wieners der seine erotischen Gefühle und Sor¬
Stift besucht. Mit Wehmut der eine, mit Wut der andere, so ge¬
gen mit Andacht genießt. Mit der Gewissenhaftigkeit eines Arztes
denken beide Hausfreunde der Zeit, wo sie selbst in ihrer Junggesellen¬
beobachtet er die feinsten Stimmungen seiner Seele und erkennt den
ewigen Wechsel der flutenden Gefühle. Wie kann er an die Bestän¬
wohnung als „gute, alte Tante Lene“ durch Nancys heimlichen Be¬
digkeit der Liebe eines Weibes glauben? Von Zweifeln zermartert
such beglückt wurden. Der Name der Firma besteht noch, die Teil¬
haber aber haben gewechselt. So rundet sich das geschickt aufg c##te,
möchte er doch Gewißheit über das Gefühl seiner Geliebten haben.
geistvolle Lustspiel wundervoll ab.
Sein überlegener Freund Max rät ihm, sie zu hypnotisieren und
auszufragen. Im richtigen Augenblick erschreckt Anatol doch vor der
Diese pikante Komödie wurde vorzüglich aufgeführt. Char¬
Schicksalsfrage zurück. Steht nicht die Illusion, die glücklich macht,
lotte Kunze vergriff sich zwar anfänglich als unbefriedigte Gat¬
höher als die nackte Wahrheit, die ein Glück zerstört? Ist hoffnungs¬
tin etwas im Ton, aber entfaltete bald als verstohlene Liebhaberin
reiche Unsicherheit nicht besser als hoffnungslose Gewißheit? So ver¬
eine Fülle reizvoller Weiblichkeit. Sie gestaltete Nancy zu einer
spricht die leichte Pla=verei in die heitere Melancholie des Augen¬
lügenden und beglückenden Eva. Ganz prächtig spielte Paul
blicksgenusses. Ein großes Fragezeichen steht am Ende. Die Resig¬
Müller. Als Christian Mogensen strahlte er in seinem unver¬
nation des mondänen Zweiflers. Die Frau bleibt für ihn ein un¬
besserlichen Optimismus förmlich vor Eheglück. Er schuf um sich
lösbares Rässel.
eine Atmosphäre heiterer Zufriedenheit, die geradezu ansteckend¬
Dieser Einakter kann nicht leich und natürlich genug gespielt
wirkte. Alles in allem ein Prachtskerl von Ehemann trotz seiner
werden. Im weichen Wiener Ton müßte die liebenswürdige Plau¬
Hörner. Siegfried Nürnberger verlieh seinem Dr. Fried¬
derei dahin fließen. Friedrich Beug wirkte als Freund Max
rich Jermer, dem ersten Hausfreund, jene gemessene, selbstsichere,
überlegen, klug und elegant. Alfons Kloeble gestaltete den
eleaante Männlichkeit, der keine Frau vom Typ der Nancy wider¬
komplizierten Anatol zu bewußt, ohne warme naive Selbstverständ¬
stehn kann. Großartig spielte auch Alfons Kloeble den auf¬
rchkeit, und geriet gegen Ende zu stark in die Nähe des Schwankes.
geregten, raschen Hausfreund Nr. 2, Martin Wie er sich im Haus
Es fehlt ihm die gefällige Nonchalance des weltmännischen Wieners.
Mogensen einführte, wie er im Schlußakt die Kunde seiner Ent¬
Herma Clement fand sich in der mehr passiven Rolle der Cora
ihronung aufnahm. das gehört zum feinsten und originellsten, was
besser zurecht und spielte mit Absicht weniger Dame als Wiener Vor¬
Kloeble auf der Bühne gezeigt hat. Diese Art handfester Komil
stadtmädel. — Die Aufmachung der Szenerie schien manchem Ge¬
liegt ihm offenbar besser als die heiter=melancholische Weise des fein¬
schmack etwas zu ausdringlich, aber es muß auch für das Kammer¬
zeistigen Genießers Anatol. Elly Murhammer betrat als
spiel im Konzerthaus erst noch die richtige Einstellung gefunden
elegante, blasierte Frau Dr. Jermer nur kurz die Bühne. Hansi
werden Und das war das letztemal nicht leicht vor allem wegen der
Vauer, das Dienstmädchen hätte etwas zurückhaltender sein dürfen.
unerträglichen Störungen des zu spät kommenden Publikums Bei
Friedrich Beug hatte als Regisseur das Spiel aut abgestimmt.
dem Lärm und dem durch die Türen einfallenden Tageslicht kann
Er ließ den Geist der witzigen Dichtungen durch sich selbst wirken und
keine intime Stimmung zustande immen. Während des SpielsI vermied jede Effekthascherei. Das zeugt von gutem Geschmack.
sollte keine Türe geöffnei werde# ürfen. —
Zu große Pausen zogen zum Schaden des Stückes die Spieldauer
„Die glückliche Ehe“ von Peter Nansen ist ursprünglich eine
in die Länge. Zudem verdarb eine unvorhergesehene Störung an der
reizende Novelle Vor etwa 15 Jahren wurde sie fürs Theater be¬
elektrischen Leitung der Stadt die Einkeit des ersten Aktes Ohne
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arbeitet. Eine fast liebenswürdige Ehebruchskomödie in vier Akten
Zwischenfälle wäre der Gesamteindruck des überaus genußreichen
Im eleganten Stil des französischen Konversationsstückes; geistreich! Theaterabends sicher noch besser gewesen.
Dr. Raif.
an das
Fra
Die
4. 1. Deege an dus Leniensar box 7/4
0 Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
Teleion: Norden 3051
BBRLIN N4
pedishe Prisse Tarlsruhe
—15 Ma
im Aufbau. Nancy gehört zu jenen Frauen, für die ein Mann nicht
Moderner Komödienabend.
ausreicht. Sie ist zu voll von Verheißungen und lügt auch zu gut
und mit zu großem Liebreiz. Im Hausfreund findet sie den er¬
4
Kammerspiele im Konzerthaus.
sehnten Geliebten. Daraufhin wird die anfangs sehr problematische
Ehe so glücklich, daß Freund Jermer sagen kann: „Wo in aller Welt
Der Sommer naht, und damit eine gewisse Theatermüdigkeit.
findet man wohl drei Menschen, die gemütlicher und besser zusammen¬
Man verlangt nach leichter, anregender, aufreizender Kost. Der
leben und sich unbedingter aufeinander verlassen können als Dein
moderne Komödienabend, als Kammerspiel gedacht, entsprach diesem
Mann und wir beide)“. Da kommt ein neuer Freund ins Haus.
Geschmacke. Eine glückliche Hand vereinigte zwei innerlich ver¬
Nancy, die Abwechslung liebt, würde am liebsten mit dreien kut¬
wandte Dichter; den Wiener Arzt Arthur Schnitzlex und den
Dänen Peter Nansen. Beide vollendete Krüller der Frauen¬
schieren, um keinem Wehe zu tun. Der tadellose Jermer jedoch
seele, beide glänzende Meister der eleganten Erzählerkunst. Bei
tritt ab als schweigender Ehrenmann und räumt seinen Platz dem
beiden verfeinert sich der Naturalismus zu genauester Beobachtung
andern. Bald erlebt er die Genugtuung, auch seinen Nachfolger kalt
gestellt zu sehen. Ein köstliches Dreiblatt steht am Schluß beisammen:
des Seelenlebens. In Arthur Schnitzlers Werken lebt der Geist
der wissende erste Freund voll humorvoller Resignation, der jüngere
Des sinnenfrohen, nachdenklichen Wienertums, bei Peter Nansen die
liebenswürdig=leichtsinnige Erotik der Kopenhagener Kultur.
zweite Freund, der in seiner Erklärung die neue Sachlage noch nicht
begreifen kann und der überglückliche Ehemann, der von alledem
Schnitzlers Einakter: „Die Frage an das Schicksal“ ist
nichts ahnt und noch immer gerührt ist über die Anhänglichkeit seiner
dem Anatolzyklus entnommen. Anatol ist der Typus des künst¬
entzückenden Frau zu ihrer alten Tante Leue. die sie regelmäßig im
lerisch angehauchten Wieners der seine erotischen Gefühle und Sor¬
Stift besucht. Mit Wehmut der eine, mit Wut der andere, so ge¬
gen mit Andacht genießt. Mit der Gewissenhaftigkeit eines Arztes
denken beide Hausfreunde der Zeit, wo sie selbst in ihrer Junggesellen¬
beobachtet er die feinsten Stimmungen seiner Seele und erkennt den
ewigen Wechsel der flutenden Gefühle. Wie kann er an die Bestän¬
wohnung als „gute, alte Tante Lene“ durch Nancys heimlichen Be¬
digkeit der Liebe eines Weibes glauben? Von Zweifeln zermartert
such beglückt wurden. Der Name der Firma besteht noch, die Teil¬
haber aber haben gewechselt. So rundet sich das geschickt aufg c##te,
möchte er doch Gewißheit über das Gefühl seiner Geliebten haben.
geistvolle Lustspiel wundervoll ab.
Sein überlegener Freund Max rät ihm, sie zu hypnotisieren und
auszufragen. Im richtigen Augenblick erschreckt Anatol doch vor der
Diese pikante Komödie wurde vorzüglich aufgeführt. Char¬
Schicksalsfrage zurück. Steht nicht die Illusion, die glücklich macht,
lotte Kunze vergriff sich zwar anfänglich als unbefriedigte Gat¬
höher als die nackte Wahrheit, die ein Glück zerstört? Ist hoffnungs¬
tin etwas im Ton, aber entfaltete bald als verstohlene Liebhaberin
reiche Unsicherheit nicht besser als hoffnungslose Gewißheit? So ver¬
eine Fülle reizvoller Weiblichkeit. Sie gestaltete Nancy zu einer
spricht die leichte Pla=verei in die heitere Melancholie des Augen¬
lügenden und beglückenden Eva. Ganz prächtig spielte Paul
blicksgenusses. Ein großes Fragezeichen steht am Ende. Die Resig¬
Müller. Als Christian Mogensen strahlte er in seinem unver¬
nation des mondänen Zweiflers. Die Frau bleibt für ihn ein un¬
besserlichen Optimismus förmlich vor Eheglück. Er schuf um sich
lösbares Rässel.
eine Atmosphäre heiterer Zufriedenheit, die geradezu ansteckend¬
Dieser Einakter kann nicht leich und natürlich genug gespielt
wirkte. Alles in allem ein Prachtskerl von Ehemann trotz seiner
werden. Im weichen Wiener Ton müßte die liebenswürdige Plau¬
Hörner. Siegfried Nürnberger verlieh seinem Dr. Fried¬
derei dahin fließen. Friedrich Beug wirkte als Freund Max
rich Jermer, dem ersten Hausfreund, jene gemessene, selbstsichere,
überlegen, klug und elegant. Alfons Kloeble gestaltete den
eleaante Männlichkeit, der keine Frau vom Typ der Nancy wider¬
komplizierten Anatol zu bewußt, ohne warme naive Selbstverständ¬
stehn kann. Großartig spielte auch Alfons Kloeble den auf¬
rchkeit, und geriet gegen Ende zu stark in die Nähe des Schwankes.
geregten, raschen Hausfreund Nr. 2, Martin Wie er sich im Haus
Es fehlt ihm die gefällige Nonchalance des weltmännischen Wieners.
Mogensen einführte, wie er im Schlußakt die Kunde seiner Ent¬
Herma Clement fand sich in der mehr passiven Rolle der Cora
ihronung aufnahm. das gehört zum feinsten und originellsten, was
besser zurecht und spielte mit Absicht weniger Dame als Wiener Vor¬
Kloeble auf der Bühne gezeigt hat. Diese Art handfester Komil
stadtmädel. — Die Aufmachung der Szenerie schien manchem Ge¬
liegt ihm offenbar besser als die heiter=melancholische Weise des fein¬
schmack etwas zu ausdringlich, aber es muß auch für das Kammer¬
zeistigen Genießers Anatol. Elly Murhammer betrat als
spiel im Konzerthaus erst noch die richtige Einstellung gefunden
elegante, blasierte Frau Dr. Jermer nur kurz die Bühne. Hansi
werden Und das war das letztemal nicht leicht vor allem wegen der
Vauer, das Dienstmädchen hätte etwas zurückhaltender sein dürfen.
unerträglichen Störungen des zu spät kommenden Publikums Bei
Friedrich Beug hatte als Regisseur das Spiel aut abgestimmt.
dem Lärm und dem durch die Türen einfallenden Tageslicht kann
Er ließ den Geist der witzigen Dichtungen durch sich selbst wirken und
keine intime Stimmung zustande immen. Während des SpielsI vermied jede Effekthascherei. Das zeugt von gutem Geschmack.
sollte keine Türe geöffnei werde# ürfen. —
Zu große Pausen zogen zum Schaden des Stückes die Spieldauer
„Die glückliche Ehe“ von Peter Nansen ist ursprünglich eine
in die Länge. Zudem verdarb eine unvorhergesehene Störung an der
reizende Novelle Vor etwa 15 Jahren wurde sie fürs Theater be¬
elektrischen Leitung der Stadt die Einkeit des ersten Aktes Ohne
7
arbeitet. Eine fast liebenswürdige Ehebruchskomödie in vier Akten
Zwischenfälle wäre der Gesamteindruck des überaus genußreichen
Im eleganten Stil des französischen Konversationsstückes; geistreich! Theaterabends sicher noch besser gewesen.
Dr. Raif.