II, Theaterstücke 3, Das Märchen. Schauspiel in drei Aufzügen, Seite 11

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versprochen hatten. Der Held und die Heldin fingen an,
miteinander zu zanken, als ob sie schon verheiratet wären,
indeß wuchsen sie nur zusammen, um auseinander zu
gehen. Er wurde brutal und sie unterschrieb aus Zorn
einen glänzenden Vertrag nach Petersburg, worauf das
Stück zu Ende war. Und in Rußland kann es nun geschehen,
daß die von einem simplen Dichter verlassene Gefallene
von einem Fürsten geheiratet wird, der sich über das
Vorleben einer talentvollen Schausvielerin nicht die
geringsten Skrupel macht! Die Begabung des Ver¬
fassers ist jedenfalls bedeutender, als sein Stück,
das sich mangels einer Handlung aus lauter, mit
unter allerdings interessanten Gesprächen zusammen¬
setzt. Auch ist es nicht so naturalistisch, wie sein
Ruf, womit allerdings nicht gesagt sein will, daß
„Das Märchen“ ein passendes Weihnachtsgeschenk
für Kinder sei. Man kann es schlimmsten Falles ein
Fächerstück nennen, ein Stück, in welchem junge, aber
noch erröthende Damen ihren Fächer wiederholt in Ge¬
brauch nehmen. Die Darsteller spielten gut. Fräulein
Sandrock gab die dreimal gefallene Schau¬
svielerin mit lobenswerther Discrection; nur die große
Sceue im dritten Acte sprach sie zu leise, sozusagen
mit gedämpfter Zunge. Herr Nhil redete sich von den
zwei Seelen, die in seiner Brust wohnten, eine heraus,
aber er that dies mit hohem Anstand. Ein gut ge¬
zeichnetes Wiener Gigerlpärchen fand in den
Herren Kutschera und Giampietro vor¬
treffliche Interpreten; manchmal sprachen sie allerdings
flüsternd, als ob sie sich genirt hätten, alle ihre Dialog¬
wendungen öffentlich vorzutragen. In einer kleineren
Rolle führte sich Frl. Bock, eine Ueberläuferin vom
Burgtheater, angenehm ein. Die Herren Tewele,
Eppens und Meixner 2c. trugen das Ihre zu dem
Erfolge bei, der erst nach dem letzten Fallen des Vor¬
hanges heftigen Einwänden begegnete. Warum mußte
auch Dr. Arthur Schnitzler Alles auf einmal sagen
wollen? In seinem Schauspiel wird so viel geredet, als
ob er es in einer Sprechstunde geschrieben hätte.
3. Das Maerchen
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Oesselsternose*
tung war bewundernswürdig und die Chöre klangen
selten frisch und prächtig.
(Deutsches Volkstheater. „Das Märchen",
Schauspiel von Arthur Schnitzler
Jung=Berlin
hat mit Proletarierdramen debutirt; Jung=Wien be¬
ginnt seine Laufbahn, indem es Themen aus dem
alten Theaterrepertoire modernisirt, dies ist bezeich¬
nerd für die literarischen Kreise der beiden Städte.
Ist es bloßer Zufall, daß die großen Dramatiker
Shakespeare, Schiller, Augier bis auf Hebbel, Anzen¬
gruber und Ibsen, alle insgesammt vom Leben in
früher Jugendzeit schon mit rauher Hand angefaßt
wurden? Das Trama ist wohl eine ernste Kunst, die
der Ernst des Lebens am besten zu lehren vermag.
Das literarische Jung=Wien aber, das jetzt graziös und
lächelnd seine Hand nach dem dramatischen Lorbeer
ausstreckt, besteht aus verhätschelten Kindern Fortung's,
die Lustspiele erleben und Trauerspiele schreiben
möchten. Arthur Schnitzler, darunter der Besten
Einer, hat es nun an sich erfahren, daß von der
Canserie und dem Proverbe zu den steilen Höhen
des Dramas kein sicherer Weg führt. Sein Anatol,
der echt wienerische, liebenswürdige frische in seinem
Cynismus stets graziöse Held eines Cyklus von Ein¬
actern, dramatisirten Junggesellenabenteuern, wie
schwächlich nimmt er sich in dem neuen Stücke als
Fedor Denner aus, von dem Autor vor ein ernstes
Schicksal und eine ernste Frage gestellt! Die Frage
lautet: Kann man einer Gefallenen verzeihen? Das
klingt nun nicht sonderlich originell noch auch mo¬
dern. Hebbel hat darauf in seiner „Maria Magda¬
lena“ mit dem unbarmherzigen Vater geantwortet:
„Darüber kann kein Mann hinweg.“ — Dasselbe sagt
auch Fedor Denner, der Held des Schnitzler'schen
Stückes. Aber er sagt es erst zum Schluße, nachdem
er vorher das gerade Gegentheil gesagt und auch ge¬
glaubt hat. Dadurch wird die Sache wieder neu und
interessant. Die These verschwindet, die Wirklichkeit
kehrt uns ihr gleichmüthiges Antlitz zu und kündet
uns die bitter-ironische Wahrheit, daß man ein sehr
moderner Geist sein, und dabei doch der Vorurtheile
nicht jedig werden kann, die Einem von der Gro߬
vaterzeit her im Blute liegen. „Wir sind Alle für
unsere Welt nicht reif!“ sagt im ersten Act einer von
den Kameraden Fedor Denner's. Das könnte nur
der leitende Gedanke des Stückes sein — ist es aber
nicht, denn Schritt für Schritt weichen Autor und
Held zaghaft vor dem Problem zurück. Zuerst ver¬
Aereng.
d daß heißt wieder: die Aussicht, daß wir bald
In Pilsner zum Trinken haben werden. Unsere
kirthe haben ihr Herz für die Consumenten entdeckt
D wollen nicht, daß er sein Krügel „Pils“ theurer
pr
zahle und die gutmüthigen Wiener, gerührt von
eser Rücksichtsnahme für ihre Tasche und ihren
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urst, sind entschlossen, den Feldzug der Wirthe durch
e Enthaltsamkeit zu unterstützen. Wenigstens jetzt
lange noch die Vorräthe dauern, welche die klugen
irthe trotz ihrer kriegslustigen Stimmung einge¬
iert haben, ist die Strikelust groß. Und Alles trinkt
#t zum — Abschied Pilsner. Wer weiß, wann man
jeder ein so schäumendes Krügel „Pils“ vor sich
jen wird, sagt sich der Wiener, und gießt „immer
ch ein's“ hinter die Binde. Aber wir glauben, daß
ese Abschiedsstimmung, so zuträglich sie für die
egsführenden Parteien — die Wirthe und das
sner Brauhaus sein mag — doch unberechtigt ist.
wird gar nicht zur Schlacht kommen. Das alte
erichwort: „Wer den Frieden will, rüste zum
iege“ wird auch diesmal seine Wahrheit erweisen,
id die erfreulicher Weise stattlichen Lagervorräthe
fer
Pilsner werden hinreichen, um den streitenden
rteien Zeit zum Friedensschlusse zu lassen. Die
Ge
orgten Freunde des „Pils“ können also ruhig
art
en Durst auf das alte Quantum zurückschrauben,
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ist
alle Aussicht vorhanden, daß sie um ihren
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nuß nicht gebracht werden.
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Eine galante Affaire.) Eine galante Affaire
vor
über die in den Kreisen der Eingeweihten ge¬
bre
t und gelispelt, gewitzelt und gewispelt wird;
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Sie ist ausgestattet mit allen