Maerchen
Das
3. „
box 7/2
Hueren!
1.
1393.
16. August.
Sete
Beilage zur Bohemia Nr. 224.
Ansage weie man en de Redaetlon, 3 zeigen an dir Administratlon und Bengesber en die Ezpedielon der „Johentet fnde
rtsanatn
Sent iunnentan
heißt ein wenig Psychologie treiben. Im Vordergrunde] Worte und die Manieren. Da gibt es einen frech ge¬
wandten Wiener Lebemann August Witte (Herr Kühne),
stebt zunächst eine sogenanute „Gefallene“, die kleine
Theater.
den Bruder des ehemaligen Liebhabers, einen unge¬
Schauspielerin Fanny Theren (Frl. Gabri), die Tochter
Neues deutsches Theater. („Die Reise
bildeten, Possenreißer, der hier seinen Allerweltswitz ohne
einer armen ungebi## ten Witwe (Frl. Laska), die sich
um die Erde in 80 Tagen.“) In den nen eröffneten
Maulkorb spazieren führt und an seiner Seite einen
mit ihren beiden Töchtern recht und schlecht durchs
Hallen spielt sich zunächst eine Vorsaison ab, eine
Studenten Emmerich Berger (Herr Fritz Rudolf), der
Leben schlägt und sich dabei den Luxus strenger mo¬
leichtere Onverture zu der gewichtigeren Spielzeit,
in die Hochschule des Lasters gehen möchte und sich
ralischer Anschanungen nicht gestattet. Fannys Schwe¬
wenn man die Versuche dieser Tage nicht etwa gar
ungeduldig nach den Frauenzimmern erkundigt, „mit
ster Clara (Frl. Marbach) ist ein etwas kühles, ver¬
für das Stimmen des Orchesters ####men will. Auf
denen etwas anzufangen wäre.“ Da verkehrt die an¬
ständiges Mädchen, das für den Hausstand sorgt, sich
das Schablonenlustspiel „Hofgunst“ mit dem der Beginn
ständig erzogene, aber von naidem Corruptionstrieb
in Clavierlectionen abrackert und Tugend und Vortheil
gemacht wurde und von dessen Neubesetzungen noch ge¬
erfüllte Theaternovizin Ninetta (Frl. Erneck), die wie
z gleich zu wahren versteht; sie hat einen ältlichen
legentlich die Rede sein soll, folgte das Ausstattungsstück.
die Motte um das flackernde Licht der Bohême herum¬
kleinen Beamten Adalbert Mandl (Herr Worlitzsch),
„Die Reise um die Erde“, das sich als volksthümliche
flattert und es nicht erwarten kann, sich die Flügel zu
einen Mann, der ihr ergeben ist und der sie zwar
Komödie eingelebt hat und das, wenn es auch auf
verbrennen. Da gibt es endlich eine Gruppe von
nicht beglücken, aber der sie versorgen wird, an sich ge¬
Kanstwerth verzichtet, einen gewissen culturellen Werth
„Mödernen“, die die Gesellschaft auf freie Grundlagen
fesselt. Fauuy, die sehr Früc zum Theater ging, ge¬
für sich in Anspruch nehmen kann. Freilich ist mit
stellen will und die sich in diesem vorurtheilslosen
hört zu den Geschöpfen von lehhafteren Empfindungen,
den Decorat onen der artigen, physikalisch=geographischen
Kreise behaglich fühlt. Dazu gehört außer dem Maler
heißerem Blut und ikühneren Begehrungen; von der
Komödie auch die Tradition der Aufführung ein wenig
Robert Well (Herr Emil Wirth), einem behaglichen
Mutter schlecht oder gar nicht bewacht, fällt sie bald
verblichen, und zumal die ernsteren Rollen des Stückes,
Genußmenschen, der in der Leichtfertigkeit herum¬
den Liebeswerbungen des leichtlebigen jungen Arztes
über deuen auch eine Art kindlichen Humors schwebt,
plätschert und dem klugen Dr. Mildner (Herr Schlag¬
Dr. Witte (Herr Levent). in dessen Jugendvergnü¬
werden von einigen Darstellern gar zu mechanisch
hammer), der sich bei aller theoretischen Kühnheit
gungen sie nur eine Episode mehr bedeutet, zum Opfer.
erledigt. Unser neuer Held Herr Freiburg scheint
mit den praktischen Forderungen des Lebens ab¬
Von dem Liebhaber, der ihr als glücklicher Bräutigam
sich durch den Fogg ein wenig degradirt zu fühlen;
zufinden weiß, jener höhergestimmte Feodor Denner,
einer Andern die Freundschaft kündigt, verlassen, fühlt
aber ein tüchtiger Schauspieler sollte jede Rolle „nach
der eine tiefe Neigung zu Fanny gefaßt hat und
sie sich zuerst lief unglücklich und dann noch tiefer ge¬
dem eigenen Verdienst behandeln", und, was den
der seine Empfindungen so ernst nimmt, wie seine
demüthigt, da ein rechtschafftner Mann, zu dem sie
Fogg insbesondere anlangt, zeigte uns seinerzeit
theoretischen Forderungen. Das Gespräch dreht sich
kaum die Augen aufzuschlagen wagt, der Schrifsteller
Sauer, daß sich aus dem energischen Phlegma dieses
um den Werth weiblicher Tugend und um die Folgen
Feodor Denner (Herr Richard Wirth) ihr eine ernstere
Sonderlings eine leichte, liebenswürdige Komik heraus¬
ihres Verlustes, und im Streite mit dem Beamen
Neigung zu erkennen gibt. Sie ist aus ihrem Irrthum
fühlen und herausarbeiten läßt. Mit Temperament
Mandl, der den Anschauungen der Modernen die
erwacht und weiß doch kein Mittel sich von dem Makel
und Laune sind die Herren Löwe (Fix), v. Wyme¬
kurze philiströse Verneinung entgegensetzt, redet sich
der Vergangenheit rein zu waschen; von scheinbar nutz¬
tal (Passepartout) und John (Corsicau) bei der
Denner immer hitziger in die Vertheidigung der Mäd¬
loser Reue gepeinigt, von der Schwester mit einer
Sache. Was sie an antochtonen Spassen auf der
chen hinein, die in einer Wallung des Temperamentes
Schonung, aus der Verachtung spricht, behandelt, von
Weltfahrt leisten, mag im grotesk=parodistischen B¬¬
ihre Unschuld verloren haben. Ist es theoretischer
beleidigender Galanterie umgeben, fühlt sie sich von
reiche der Schnurre immerhin seine Schuldigkeit thun.
Cifer oder ist es eine halb unbewußte Ahnung, daß
ihrem bisherigen Leben angeekelt und sieht doch keinen
Die drei genannten Darsteller sorgten im Verein mit
sein Herz einem Mädchen von nicht ganz reiner Ber¬
Weg, der in ein anderes Tasein hinüberführt. In
den Schaustücken der Scene für die Hauptwirkungen
gangenheit gehört: er kommt von dem Thema nicht
dieser Stimmung wird es ihr fast zur Qual, die
der Komödie und eine leichte Unterhaltung, der sich
los, geißelt das „Märchen von der Gefallenen“ als
Wirthin ihres Jours zu machen, den Pflichten der
das Publicum willig hingab. Die Wiederholungen
eine gesellschaftliche Erfindung, die zu der craffesten
Geselligkeit zu entsprechen und im Verkehr mit dena
werben für Proben aufkommen und andererseits
Ungerechtigkeit führt, die für das männliche Laster
Manne, zu dem sie sich hingezogen und dessen sie sich
den Darstellern doch genug Zeit jassen, sich für
und die rein äußerliche Frauentugend Pariei nimmt
A. 8.
doch nicht werth fühlt, den rechten Ton zu finden.
schwierigere Aufgaben zu sammeln.
und die zu Grausamkeiten gegen angeblich „Schuldige“
Die Dreiviertelwelt, die sich im Hause Theren bei
*.* Deutsches Volkstheater. (Zum ersten
führt, die vielleicht berufen wären, über ihre Richter
einem etwas kärglichen Thee versammelt, ist mit jener
Male „Das Märchen“ von Arthur Schnitzler.) Das
anspruchslosen Virtnosität, die geistvoll beobachtet, ohne zu Gerichte zu sitzen. Für Fanny ist dieses Plaidoyer
70# neue Stück von Artbur Schnitax, das am Samstag
den selbstherrlichen Einfall dazwischen zu werfen, ge= Labsal und Erlösung; mit gierigem Ohre saugt sie
zum Besten des deutschen Journalistenverbandes in
Scene ging, hat fast nur innere Handlung; es erzählen, zeichnet. Die Gedanken sind verfänglicher als die jedes Wort ein, sie hört ihre Rehabilitirung und zu¬
0
Das
3. „
box 7/2
Hueren!
1.
1393.
16. August.
Sete
Beilage zur Bohemia Nr. 224.
Ansage weie man en de Redaetlon, 3 zeigen an dir Administratlon und Bengesber en die Ezpedielon der „Johentet fnde
rtsanatn
Sent iunnentan
heißt ein wenig Psychologie treiben. Im Vordergrunde] Worte und die Manieren. Da gibt es einen frech ge¬
wandten Wiener Lebemann August Witte (Herr Kühne),
stebt zunächst eine sogenanute „Gefallene“, die kleine
Theater.
den Bruder des ehemaligen Liebhabers, einen unge¬
Schauspielerin Fanny Theren (Frl. Gabri), die Tochter
Neues deutsches Theater. („Die Reise
bildeten, Possenreißer, der hier seinen Allerweltswitz ohne
einer armen ungebi## ten Witwe (Frl. Laska), die sich
um die Erde in 80 Tagen.“) In den nen eröffneten
Maulkorb spazieren führt und an seiner Seite einen
mit ihren beiden Töchtern recht und schlecht durchs
Hallen spielt sich zunächst eine Vorsaison ab, eine
Studenten Emmerich Berger (Herr Fritz Rudolf), der
Leben schlägt und sich dabei den Luxus strenger mo¬
leichtere Onverture zu der gewichtigeren Spielzeit,
in die Hochschule des Lasters gehen möchte und sich
ralischer Anschanungen nicht gestattet. Fannys Schwe¬
wenn man die Versuche dieser Tage nicht etwa gar
ungeduldig nach den Frauenzimmern erkundigt, „mit
ster Clara (Frl. Marbach) ist ein etwas kühles, ver¬
für das Stimmen des Orchesters ####men will. Auf
denen etwas anzufangen wäre.“ Da verkehrt die an¬
ständiges Mädchen, das für den Hausstand sorgt, sich
das Schablonenlustspiel „Hofgunst“ mit dem der Beginn
ständig erzogene, aber von naidem Corruptionstrieb
in Clavierlectionen abrackert und Tugend und Vortheil
gemacht wurde und von dessen Neubesetzungen noch ge¬
erfüllte Theaternovizin Ninetta (Frl. Erneck), die wie
z gleich zu wahren versteht; sie hat einen ältlichen
legentlich die Rede sein soll, folgte das Ausstattungsstück.
die Motte um das flackernde Licht der Bohême herum¬
kleinen Beamten Adalbert Mandl (Herr Worlitzsch),
„Die Reise um die Erde“, das sich als volksthümliche
flattert und es nicht erwarten kann, sich die Flügel zu
einen Mann, der ihr ergeben ist und der sie zwar
Komödie eingelebt hat und das, wenn es auch auf
verbrennen. Da gibt es endlich eine Gruppe von
nicht beglücken, aber der sie versorgen wird, an sich ge¬
Kanstwerth verzichtet, einen gewissen culturellen Werth
„Mödernen“, die die Gesellschaft auf freie Grundlagen
fesselt. Fauuy, die sehr Früc zum Theater ging, ge¬
für sich in Anspruch nehmen kann. Freilich ist mit
stellen will und die sich in diesem vorurtheilslosen
hört zu den Geschöpfen von lehhafteren Empfindungen,
den Decorat onen der artigen, physikalisch=geographischen
Kreise behaglich fühlt. Dazu gehört außer dem Maler
heißerem Blut und ikühneren Begehrungen; von der
Komödie auch die Tradition der Aufführung ein wenig
Robert Well (Herr Emil Wirth), einem behaglichen
Mutter schlecht oder gar nicht bewacht, fällt sie bald
verblichen, und zumal die ernsteren Rollen des Stückes,
Genußmenschen, der in der Leichtfertigkeit herum¬
den Liebeswerbungen des leichtlebigen jungen Arztes
über deuen auch eine Art kindlichen Humors schwebt,
plätschert und dem klugen Dr. Mildner (Herr Schlag¬
Dr. Witte (Herr Levent). in dessen Jugendvergnü¬
werden von einigen Darstellern gar zu mechanisch
hammer), der sich bei aller theoretischen Kühnheit
gungen sie nur eine Episode mehr bedeutet, zum Opfer.
erledigt. Unser neuer Held Herr Freiburg scheint
mit den praktischen Forderungen des Lebens ab¬
Von dem Liebhaber, der ihr als glücklicher Bräutigam
sich durch den Fogg ein wenig degradirt zu fühlen;
zufinden weiß, jener höhergestimmte Feodor Denner,
einer Andern die Freundschaft kündigt, verlassen, fühlt
aber ein tüchtiger Schauspieler sollte jede Rolle „nach
der eine tiefe Neigung zu Fanny gefaßt hat und
sie sich zuerst lief unglücklich und dann noch tiefer ge¬
dem eigenen Verdienst behandeln", und, was den
der seine Empfindungen so ernst nimmt, wie seine
demüthigt, da ein rechtschafftner Mann, zu dem sie
Fogg insbesondere anlangt, zeigte uns seinerzeit
theoretischen Forderungen. Das Gespräch dreht sich
kaum die Augen aufzuschlagen wagt, der Schrifsteller
Sauer, daß sich aus dem energischen Phlegma dieses
um den Werth weiblicher Tugend und um die Folgen
Feodor Denner (Herr Richard Wirth) ihr eine ernstere
Sonderlings eine leichte, liebenswürdige Komik heraus¬
ihres Verlustes, und im Streite mit dem Beamen
Neigung zu erkennen gibt. Sie ist aus ihrem Irrthum
fühlen und herausarbeiten läßt. Mit Temperament
Mandl, der den Anschauungen der Modernen die
erwacht und weiß doch kein Mittel sich von dem Makel
und Laune sind die Herren Löwe (Fix), v. Wyme¬
kurze philiströse Verneinung entgegensetzt, redet sich
der Vergangenheit rein zu waschen; von scheinbar nutz¬
tal (Passepartout) und John (Corsicau) bei der
Denner immer hitziger in die Vertheidigung der Mäd¬
loser Reue gepeinigt, von der Schwester mit einer
Sache. Was sie an antochtonen Spassen auf der
chen hinein, die in einer Wallung des Temperamentes
Schonung, aus der Verachtung spricht, behandelt, von
Weltfahrt leisten, mag im grotesk=parodistischen B¬¬
ihre Unschuld verloren haben. Ist es theoretischer
beleidigender Galanterie umgeben, fühlt sie sich von
reiche der Schnurre immerhin seine Schuldigkeit thun.
Cifer oder ist es eine halb unbewußte Ahnung, daß
ihrem bisherigen Leben angeekelt und sieht doch keinen
Die drei genannten Darsteller sorgten im Verein mit
sein Herz einem Mädchen von nicht ganz reiner Ber¬
Weg, der in ein anderes Tasein hinüberführt. In
den Schaustücken der Scene für die Hauptwirkungen
gangenheit gehört: er kommt von dem Thema nicht
dieser Stimmung wird es ihr fast zur Qual, die
der Komödie und eine leichte Unterhaltung, der sich
los, geißelt das „Märchen von der Gefallenen“ als
Wirthin ihres Jours zu machen, den Pflichten der
das Publicum willig hingab. Die Wiederholungen
eine gesellschaftliche Erfindung, die zu der craffesten
Geselligkeit zu entsprechen und im Verkehr mit dena
werben für Proben aufkommen und andererseits
Ungerechtigkeit führt, die für das männliche Laster
Manne, zu dem sie sich hingezogen und dessen sie sich
den Darstellern doch genug Zeit jassen, sich für
und die rein äußerliche Frauentugend Pariei nimmt
A. 8.
doch nicht werth fühlt, den rechten Ton zu finden.
schwierigere Aufgaben zu sammeln.
und die zu Grausamkeiten gegen angeblich „Schuldige“
Die Dreiviertelwelt, die sich im Hause Theren bei
*.* Deutsches Volkstheater. (Zum ersten
führt, die vielleicht berufen wären, über ihre Richter
einem etwas kärglichen Thee versammelt, ist mit jener
Male „Das Märchen“ von Arthur Schnitzler.) Das
anspruchslosen Virtnosität, die geistvoll beobachtet, ohne zu Gerichte zu sitzen. Für Fanny ist dieses Plaidoyer
70# neue Stück von Artbur Schnitax, das am Samstag
den selbstherrlichen Einfall dazwischen zu werfen, ge= Labsal und Erlösung; mit gierigem Ohre saugt sie
zum Besten des deutschen Journalistenverbandes in
Scene ging, hat fast nur innere Handlung; es erzählen, zeichnet. Die Gedanken sind verfänglicher als die jedes Wort ein, sie hört ihre Rehabilitirung und zu¬
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