Das Maerchen
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3. 1
ae . —
Dr. Max & sldschmiet
Büro für Zeitt. 1gsausschnitte
Teleion: Norden 305
BERLIN N4
Ausschmitt aus:
Der Tag, Berlin
en 925
Denn zehn zu eins gewettet, hätte bereits nach ] Lockengewuschel. Ein liebes Kind, das dem Publi¬
„Märchen“=Abeno
kurzen Monaten sie ihm voogeworsen: „Hättest
kum für seinen Beifall noch mit Rickerchen dankt,
du mich damals nicht mit Liebesletten zurück¬
die so kurz wie die Röckchen. Die im Werden
des Lessing=Theaters.
gehalten, so könnte ich schon heute mindestens eine
begriffene Schauspielerin Camilla Spira aber
Die Gebrüter Rotter haben sich wieder einmal
Elisabeth Bergner sein!“
wird man besser dann erst beurteilen, wenn ihr
um die Literatur verdient gemacht. An Hand
Su weich und ansechttar die Moral dieses
Gelegenheit geboten ist, ernsthaft und lange (und
dieses österreichischen „Märchen“ trösteten sie
Stückes ist, so dürftig erscheint auch seine Tech¬
möglichst fern vom Film) über eine gar nicht un¬
eine jüngere Generation damit, daß auch ein
nik. Ein damaliger Schnitzler fürchtet noch weder
komplizierte Rolle nachzudenken und wohl auch
Schnitzler nicht gleich vom Himmel fällt, sondern
die Schnitzer dramatischen Aufbaues noch das
noch einiges an Sprach= und Dramentechnik zuzu¬
erst auf Grund holder Liebelei mit dem The¬
überflüssige Geschwätz uns wenig interessierender
lernen.
ater auf einsam weitem Wege zum heiteren
Menschen im kleinbürgerlichen Wiener Haus¬
Reife und Routine in ihrer Umgebung — Else
Reigen ersehnter Erfolge gelangt.
halt. Mag sein, daß, wenn sie alle, nicht nur
Wasa, Karler=Tiß, Rudolf Ettlin
Der Arthur Schnitzler von vor dreißig
Herr Klubertanz aus München, auf der
ger und in ge vissem Abstand manch andern —
Jahren konnte den norddeutschen Hermann
Bühne süddeutsch geredet hätten, so etwas wie
bedeuten Gefahr für knospende Kunst. „Drum
Sudermnann mit seiner „Ehre" und „Sodoms
„Milljöh“ entstanden wäre. Aufgeklärten nord¬
sorge für die Knospe, daß sie auch schön gedeiht“
Ende“ ebensowenig ausschalten, wie er eines
deutschen Menschen soll man eben solche veralteten
sang schon Boccaccio, der noc etwas älter ist, aber
Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“ vergaß.
Dialoge erst gar nicht in den # und legen. Schon
jünger blieb, als dieser Schnitzler.
—ner.
Durüber kommt kein Mann hinweg!“ Nämlich,
weil sie selber nicht baran glauben. Selbst eine
# ein sonst braves Kind schon jemanden vor
plötzlich ertönende „gegrüßte Tante“ läßt in dem
ilm gehabt hat. Doch Schnitzler geht, vielleicht
Falle eher vermuten, daß sie von jenem alten
mit Anatol=Skizzen längst beschäftigt, hier bereits
Admiral stamme, der ebenfalls Nelson hieß.
einen Schritt voran. Der junge Fedor Denner,
Curt von Möllendorff, der erfreu¬
der in der Theorie das Märchen vom gefallenen
licherweise nach lai er, schwerer Krankheit wie¬
Mädchen versicht, schrickt in der Praxis, von dem
der auf der Bühne erschien, konnte sicher auch als
Gerede leichtlebigerer Freunde angesteckt, vor der
Regisseur nicht in alter Frische dem Stück das
Tatsache zurück, daß seine kleine talentierte
geben, was ihm eventuell gedient hätte. Hielt
Fanny Theren „vons Theater“ längst ihren
wohl auch aus gleichen Gründen der Rekonvales¬
„Zweiten“ hatte, in ihm selber bereits zum
zenz in der Dadstellung noch vorsichtig zurück, um
Dritten abanciert, wahrscheinlich aber längst an
sich erst im letzten Aufzug, in der entscheidenden
chronischer Fallsucht leidet. Er krakehlt das be¬
großen Szene mit der Geliebten von neuem als
dauernswerte junge Geschörf, das, sich just an
der bewährte temperamentvolle Schauspieler zu
seiner Seite aufrichten möchte, derart an, daß sie
zeigen.
schließlich selber zu der Ueberzeugung gelangt,
Diese Liebste, das süße Mädel — oh, Schnitzler
daß „nichts zu machen“ sei. Sie wird eben jenen
wußte schon damals davon — ist Camilla
Weg gehen, der künstlerisch aufwärts, doch mo¬
Spira, die kaum Neunzehnjährige. Aus zarten
ralisch abwärts führt, und zu dem Zweck zunächst
Lustspielsphären soll sie zun erstenmal in den
ein bisher krampfhaft ausgeschlagenes, gefahren¬
ernsten Mittelpunkt eines kleinen Dramas treten.
bergendes Engagement nach Rußland annehmen.
Man möchte die kritische Feder aus der Hand
Schrecklich, aber wahr
legen und immer nur das lebende Märchen
Der Schnitzler von heute würde sicher zu be¬
schauen, das hold und zauberisch vor einem steht.
weisen trachten, daß alle beide nur ungeheuer
Mit füßen, vom Leben noch nichts wissenden Kin¬
klug handelten, indem sie sich rechtzeitig trennten. I deraugen unter widerspenstigem, hellblondem
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Dr. Max & sldschmiet
Büro für Zeitt. 1gsausschnitte
Teleion: Norden 305
BERLIN N4
Ausschmitt aus:
Der Tag, Berlin
en 925
Denn zehn zu eins gewettet, hätte bereits nach ] Lockengewuschel. Ein liebes Kind, das dem Publi¬
„Märchen“=Abeno
kurzen Monaten sie ihm voogeworsen: „Hättest
kum für seinen Beifall noch mit Rickerchen dankt,
du mich damals nicht mit Liebesletten zurück¬
die so kurz wie die Röckchen. Die im Werden
des Lessing=Theaters.
gehalten, so könnte ich schon heute mindestens eine
begriffene Schauspielerin Camilla Spira aber
Die Gebrüter Rotter haben sich wieder einmal
Elisabeth Bergner sein!“
wird man besser dann erst beurteilen, wenn ihr
um die Literatur verdient gemacht. An Hand
Su weich und ansechttar die Moral dieses
Gelegenheit geboten ist, ernsthaft und lange (und
dieses österreichischen „Märchen“ trösteten sie
Stückes ist, so dürftig erscheint auch seine Tech¬
möglichst fern vom Film) über eine gar nicht un¬
eine jüngere Generation damit, daß auch ein
nik. Ein damaliger Schnitzler fürchtet noch weder
komplizierte Rolle nachzudenken und wohl auch
Schnitzler nicht gleich vom Himmel fällt, sondern
die Schnitzer dramatischen Aufbaues noch das
noch einiges an Sprach= und Dramentechnik zuzu¬
erst auf Grund holder Liebelei mit dem The¬
überflüssige Geschwätz uns wenig interessierender
lernen.
ater auf einsam weitem Wege zum heiteren
Menschen im kleinbürgerlichen Wiener Haus¬
Reife und Routine in ihrer Umgebung — Else
Reigen ersehnter Erfolge gelangt.
halt. Mag sein, daß, wenn sie alle, nicht nur
Wasa, Karler=Tiß, Rudolf Ettlin
Der Arthur Schnitzler von vor dreißig
Herr Klubertanz aus München, auf der
ger und in ge vissem Abstand manch andern —
Jahren konnte den norddeutschen Hermann
Bühne süddeutsch geredet hätten, so etwas wie
bedeuten Gefahr für knospende Kunst. „Drum
Sudermnann mit seiner „Ehre" und „Sodoms
„Milljöh“ entstanden wäre. Aufgeklärten nord¬
sorge für die Knospe, daß sie auch schön gedeiht“
Ende“ ebensowenig ausschalten, wie er eines
deutschen Menschen soll man eben solche veralteten
sang schon Boccaccio, der noc etwas älter ist, aber
Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“ vergaß.
Dialoge erst gar nicht in den # und legen. Schon
jünger blieb, als dieser Schnitzler.
—ner.
Durüber kommt kein Mann hinweg!“ Nämlich,
weil sie selber nicht baran glauben. Selbst eine
# ein sonst braves Kind schon jemanden vor
plötzlich ertönende „gegrüßte Tante“ läßt in dem
ilm gehabt hat. Doch Schnitzler geht, vielleicht
Falle eher vermuten, daß sie von jenem alten
mit Anatol=Skizzen längst beschäftigt, hier bereits
Admiral stamme, der ebenfalls Nelson hieß.
einen Schritt voran. Der junge Fedor Denner,
Curt von Möllendorff, der erfreu¬
der in der Theorie das Märchen vom gefallenen
licherweise nach lai er, schwerer Krankheit wie¬
Mädchen versicht, schrickt in der Praxis, von dem
der auf der Bühne erschien, konnte sicher auch als
Gerede leichtlebigerer Freunde angesteckt, vor der
Regisseur nicht in alter Frische dem Stück das
Tatsache zurück, daß seine kleine talentierte
geben, was ihm eventuell gedient hätte. Hielt
Fanny Theren „vons Theater“ längst ihren
wohl auch aus gleichen Gründen der Rekonvales¬
„Zweiten“ hatte, in ihm selber bereits zum
zenz in der Dadstellung noch vorsichtig zurück, um
Dritten abanciert, wahrscheinlich aber längst an
sich erst im letzten Aufzug, in der entscheidenden
chronischer Fallsucht leidet. Er krakehlt das be¬
großen Szene mit der Geliebten von neuem als
dauernswerte junge Geschörf, das, sich just an
der bewährte temperamentvolle Schauspieler zu
seiner Seite aufrichten möchte, derart an, daß sie
zeigen.
schließlich selber zu der Ueberzeugung gelangt,
Diese Liebste, das süße Mädel — oh, Schnitzler
daß „nichts zu machen“ sei. Sie wird eben jenen
wußte schon damals davon — ist Camilla
Weg gehen, der künstlerisch aufwärts, doch mo¬
Spira, die kaum Neunzehnjährige. Aus zarten
ralisch abwärts führt, und zu dem Zweck zunächst
Lustspielsphären soll sie zun erstenmal in den
ein bisher krampfhaft ausgeschlagenes, gefahren¬
ernsten Mittelpunkt eines kleinen Dramas treten.
bergendes Engagement nach Rußland annehmen.
Man möchte die kritische Feder aus der Hand
Schrecklich, aber wahr
legen und immer nur das lebende Märchen
Der Schnitzler von heute würde sicher zu be¬
schauen, das hold und zauberisch vor einem steht.
weisen trachten, daß alle beide nur ungeheuer
Mit füßen, vom Leben noch nichts wissenden Kin¬
klug handelten, indem sie sich rechtzeitig trennten. I deraugen unter widerspenstigem, hellblondem