III, Einakter 11, Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 31

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11. Der tapfere Cassian
welches auch die darstellenden Künstler opponiert haben Handlung ist von kindlicher Einfachheit: Sophie wird ihrem
sollen, weil sie über die darin enthaltene moralische Herab= ersten Liebhaber Martin untreu, weil die kraftvolle Männ¬
setzung des Schauspielerstandes entrüstet waren, liegt in lichkeit des tapferen Cassian auf sie stärkeren Reiz aus¬
Buchform noch nicht vor, aber die Mitteilungen, die über seinen
übt. Die beiden Nebenbuhler ziehen die Degen, natürlich
Inhalte in die Oeffentlichkeit drangen, lassen die behörd¬
sticht der tapfere Cassian den waffenungeübten Martin
liche Verfügung wohl gerechtfertigt erscheinen. Schnitzlers
im Duell nieder und geht mit Sophie auf und
schriftstellerisches Können wurzelt derart tief in perverser
davon. Nun bläst sich der todmüde Martin noch ein Stückchen
Erotik, daß er gar nicht anders schaffen kann als unter
auf seiner geliebten Flöte vor, legt sich dann hin und stirbt.
der Suggestion sexueller Bilder, und sobald er auf dieses
Voilà tout. Die Geschichte spielt sich ab wie auf dem
Reizmittel verzichtet, wird er langweilig. Dem Künstler jedoch,
Kasperltheater und tatsächlich wurde der Einakter auch
der solcher Stimulantien bedarf, ergeht es wie dem Morpho¬
so dargestellt, denn Schnitzler nennt sein Opus
manen, er muß immer größere Mengen des gefährlichen
ausdrücklich Puppenspiel. Den tiefen Sinn, der in dem
Giftes nehmen, um in den gewünschten Rauschzustand zu lächerlichen Zeug liegen soll, konnte ich nicht erraten
gelangen. Bei Schnitzler läßt sich der unheimlich kurze Weg,
und das ärgerlich zischende Publikum offenbar auch nicht!
der von hochgradig gesteigerter poetischer Erotik zu ordinärer
Den neuen Kadelburg, „Der Familientag“ im Lust¬
Pornographie führt, leicht aufzeigen: Nach dem Fiasko, das
spielhause habe ich mir nicht angesehen, denn dieser Schrift¬
der Autor mit dem Renaissancestück „Der Schleier der
steller macht keine literarischen Ansprüche, sondern
Beatrice“ machte, gewährte er seinen Verehrern und Ver¬
besitzt nur für die Erzeugnisse seiner Schwankfabrik einen
ehrerinnen einen höchst indiskreten Einblick in seine Ge¬
festen Kundenkreis unter sämtlichen deutschen Theater¬
dankenwerkstätte, indem er eine Reihe von Skizzen unter
direktoren, welche ausschließlich auf die Lachlust spekulieren.
dem Sammelnamen „Reigen“ im Manuskripte drucken ließ.
Und die Erschütterung des Zwerchfelles ist eine für die
Dieses Opus gehört — das gestand selbst die Schnitzler
menschliche Gesundheit so wichtige Bewegung, daß der Kritiker
gesinnungsverwandte Kritik offen zu — zu jenen gewissen
schon allein aus hygienischen Gründen es vermeiden sollte,
Büchern, die man von jüdischen Hausierern in Ofen=Pest
Leuten, die für die Erheiterung der lieben Mitmenschen
heimlich unter dem Tische zugesteckt erhält — zur gefälligen
sorgen, das Handwerk zu erschweren. Darum kann ich auch
Stunden der Ernüchterung
Ansicht! Dann in
dem Intendanten der Münchener Hoftheater, Herrn Ernst
kommt über ihn wieder das
Aufbäumen des
v. Possart, nicht gram sein, der den Zuschauern durch
litevarischen Gewissens, unter dessen Zwang er sich sein einaktiges Trauerspiel „Andromache“ ein Stündchen
vergeblich bemüht, einen Stoff zu
gestalten, der ungetrübter Heiterkeit verschaffte. Diese Tragödie wirkt wie
nicht ausschließlich auf die Lösung sexueller Probleme gestellt
eine unfreiwillige Parodie der „Iliade“ und schreitet auf den
ist. Was aber hiebei herausschaut, hat zuletzt „der einsame
Stelzen einer zum Ueberschnappen hinaufgeschraubten Vers¬
Weg“ erwiesen, der sich durch eine trostlose Sumpflandschaft
sprache mit einer Grandezza einher, daß man unwillkürlich
mit grauem Herbsthimmel darüber endlos hinzieht und worin
an die mauschelnden Beine des Autors denkt, wenn er den
der Autor den Maler Julian in die verzweifelten Worte
König Philipp spielt. Daß das königliche Schauspielhaus in
ausbrechen läßt: „Für alle, ja, auch für Sie, bin ich ein
Berlin nach Lubliner, Sardon und Otto Ernst nunmehr
Heruntergekommener, einer, der fertig ist, einer, dessen Ernst v. Possart an die Reihe kommen läßt, muß wohl als
ganzes Talent seine Jugend war.“
neuer Ausweis für die literarischen Ambitionen des Herrn
„Der tapfere Cassian“ ist eine echte Schnitzlersche
v. Hülsen bezeichnet werden. Im übrigen: Manus manum
„Geistreichelei“, die sein Wiener Publikum wohl als jarat! — ziemlich frei ins Deutsche übersetzt: Ein Intendant!
höhere Offenbarung aufnehmen mag, über welche aber ein
verpflichtet sich dem anderen!
J. St—8.
verständiger Mensch nur den Kopf schütteln kann. Die
Budgetausschusse gewissermaßen als Siegerin
ist. —
Insoferne es sich um eine nicht seh
friedigung der unabweislichen Bedürfnist
handelt, ist es möglich, daß die beiden Par
Opposition aufgetreten sind, auf den Beifa
ihrer Wähler zählen, bei welchem nur ein
Politik populär zu sein pflegt. Beide Par#
in ein Lotteriespiel eingelassen. Der
ein solches nicht treiben.“
Aus diesen Stichproben kann der L#
welche „Klarheit“ in der Auffassung bei de
schen Parteien bezüglich der gegenwärtigen S
An tatsächlichem Material steht diesem
folgendes gegenüber:
Unter dem Vorsitze des Ministerpräst
Koerber fand gestern nachmittags ein A
an dem mit Ausnahme des Landesverteit
F3M. Grafen Welsersheimb sämtlich
glieder des Kabinettes teilnahmen. Die B
ungefähr 1½ Stunden.
Der Kaiser ist gestern abends um 181
in Wien eingetroffen und wird heute mittag
präsidenten Dr. v. Kverber in Audiens
sich Bericht erstatten zu lassen.
Wie das Prager offiziöse „Abendblatk
Neujahr noch ein Versuch zur Sanierung
tarischen Lage unternommen werden. In Wi
tarischen Kreisen nennt man bereits den 17.
den Termin, zu dem der Reichsrat wieder w#
werden. Dem gegenüber ist daran festzuhalten
Vermutungen verfrüht sind, da erst die heuti
Ministerpräsidenten und die ihr folgenden
des Kaisers über das Schicksal des Parlamen
werden.