III, Einakter 10, (Marionetten. Drei Einakter), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 18

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10. Der Puppen
spieler


he.

Cösterr. behördl. konz. Bureau ür —
Wien, I., Concordie,
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Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
vom:
# # Winer Aligeeine Zeitung
1
Theater, Kunst und Literatur.
Wien, 13. December.
Schnitzler-Abend.
Im Carl=Theater: „Die letzten Masken“, „Der Puppen¬
spieler“ (zum erstenmal), „Literatur“ von Arthur Schnitzler.
— Der Puppenspieler. Wieder kehrt nach langen Jahren ein
Freund zurück. Wieder wird ein Stück Vergangenheit auf ein
Stück Gegenwart projicirt und gezeigt, nach wie seltsamer, mensch¬
lichem Vermuthen und Beabsichtigen ganz entrückter Logik diese
aus jener gereift ist. Das ist ein Lieblingsmotiv Schnitzlers:
diese rückkehrenden Geister des Perfectums; man könnte eine
ganze Reihe Schnitzlerscher Dramen unter dem Gesammttitel:
„Les revenants“ organisch vereinigen. Dabet wissen diese Menschen
und Gespenster von ehemals, welche plötzlich wieder kommen,
immer geheime Wahrheiten: die scheinensie nur deshalb so lang bei
sich behalten zu haben, damit inzwischen Einer, der nichts von
jenen Wahrheiten weiß, sich auf der Basis dieses Nichts=Wissens
ein festes Schicksal zimmern, ein schönes Dasein construiren
konnte, die nun durch plötzliche Wahrheits=Explosion einfach
ecrasirt werden sollen. Immer gibt es in Schnitzler=Dramen
Confrontationen zwischen Vergangenheit und Gegenwart: die
Gegner sehen einander zitternd vor Erregung ins Auge, dann gibt es
einen, oft lautlosen Zusammenstoß, ein kurzes Ringen, bis Einer
kampfunfähig das Feld räumt. Meist ist es bei Schnitzler die
Vergangenheit, welche= unterliegt und wieder in das Dunkel
zurücksinkt, aus dem sie so plötzlich aufgetaucht ist. Ihren meuch¬
lerischen Tolch läßt sie, eine nutzlose Waffe, auf dem Platz
zurück. Sie stach zu — aber entweder erlahmte im
letzten Augenblick ihre Kraft (Die letzten Masken), oder
der Tolch war stumpf und der Gegner gepanzert (Der Puppen¬
spieler), oder der Dolch war überhaupt kein Dolch, sondern ein
Federpenal oder ein Falzbein, mit dem herumzufuchteln sehr
lächerlich wirkt (Literatur). Gemeinsam wie der Freund aus der
Vergangenheit, der zurückkommt, um unangenehme Sachen aus¬
zuplauschen, ist den drei Einactern, die man am gestrigen
Schnitzler=Abend zusammenstellte, auch der Küchendunst des
Métiers: immer Leute, die schreiben möchten, schreiben, ge¬
schrieben haben, nicht schreiben können! Nie Greißler oder
Raubmörder oder Commis, immer Literaten und Angrenzendes.
Im „Puppenspieler“ scheint sich der Dichter, als Einer, der
mach seinen Kräften ehrlich gibt, was er zu geben hat, an Jenen
ein bischen zu rächen, die von der Höhe ihrer Impotenz herab
f.die bescheidenen Potenzen der Anderen mit überlegener Laune
umblasen. Der Puppenspieler ist Einer, der sich seine Unzuläng¬
lichkeiten für sein Selbstbewußtsein dadurch verdaulich macht, duß
er sich die Zulänglichkeiten verekelt. Er hat ein eigenes System,
um das Nicht=Erreichbare zu verschmerzen: er disqualifieert das
Erreichbare. Er ist ein Dialectiker des Gefühls. Das Ge¬
ringfügige, das er hat, empfindet er sich sozufagen um.
bis es Bedeutsames, Großes wird. Seine Armuth wird
ein Spazier¬
ihm Freiheit, sein Zwang eigener Wille,
Ereigniß zum
gang zur Weltumseglung, ein zufälliges
Triumph seiner unerbittlichen Absicht (der Tod des Mitreisenden),
und alle Stürme, welche mit dem Schicksal des ohnmächtigen
Mannes ihre turbnlenten Spässe treiben, ihn hart an alle