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8. Die letzten Nasken
Unsterblichkeit.
Die letzten Masken.
—,
Literatur.
T
Ur= und Erstaufführungen im Königl. Schauspielhause.
Durch den Titel des dritten der Einakter, die am Freitag in
einem Abend zusammengefaßt zum ersten Ma#e in Szene gingen,
wird zugleich das Gepräge bezeichnet, den der ganze Abend trug:
es war ein literarischer, der sich wie von vornherein betont sein
mag, an ein besonderes Publikum wendete. Ueber die künst¬
lerische Berechtigung, die dramatische Stinenung durch die Viel¬
heit der Aufführungen hintereinander zu zerreißen und die
Wirlung der einen unter Umständen arg zu gefährden, kann
man verschiedener Meinung sein. Wenn aber, wie in „Morituri“
ein Dichter selbst ein festes Band um die Vielgestaltigkeit seiner
Dramen legte, oder wenn, wie am Freitag, ein Grundgedanke
die aufgeführten Tramen in Zusammenhang bringt, dann wird
#auch von streng ästhetischer Seite in die Zerlegung des Ganzen.
nichts einzuwenden sein. Den hochinteressanten Abend eröffnete
die Uraufführung des dramatischen Gedichtes „Unsterblichken“
1des Dresdner Dichters Königsbrun=Schaup. Das
Trama, in dem eine klangvolle stark poetische Sprache und ein
„Feradezu raffiniertes Ausnutzen der Situation und der Szene zu
unbestreitbarer machtvoller Wirkung kamen, erscheint fast wie
eine Illustration des Sesenheimer Spruches: „Ein Strahl der
Dichtersonne fiel auf sie, so voll, daß er Unsterblichkeit ihr lieh“.
Petrarca und seine Laura, der Dichter und sein Objelt werden
in dramatischem Zusammenhange vorgeführt. Jener ist durch
seine poetische Produktion im Goetheschen Sinne frei geworden
von den drückenden Banden der Liebe; nachdem das Feuer, das
in ihm brannte, in Gedichte eingesaßt ist, fühlt er für die be¬
sungene Geliebte nicht mehr das einst Empfundene, sondern er
betrachtet sie nunmehr als etwas außer ihm Stehendes, Frem¬
des. Anders das Weib, das nur lieben kann „nicht egoistisch
rechnen und tlügeln. Ihr ist Liebe und Hingebung eines und
ein Freiwerden von der Liebe Gewalt durch die stauke Tat
kennt sie nicht. Wider ihren Willen hat Laura durch die Ge¬
dichte ihres Petrarca den Kuß der Unsterblichkeit er
hat ihm, den in der Ferne Weilenden, darum sog
allein da er nun zurückgekehrt ist von weiter Reise,
in ihr die alte Liebe mächtig alle Bande: sie will un
sein und findet, daß sich in ihm die Leidenschaft zur
klärt hat, daß es überhaupt niemals ihre besondere
keit und Schönheit war, die ihn anzog und festhielt,
sie daraus erkennt, daß er sich der schöneren Tochter
Mutter zuwendet, nur die abstrakte Schönheit und
den Künstler fesselte. Darüber stirbt sie. Das Drau
leugbar einen poetischen Einschlag von hohem Wert
nicht leicht verständlich und wird sich immer nur an
neren Kreis wendem. Da es sich bemüht, tiefsinnig us
tig zu sein, ist es umso mehr zu bedauern, daß der
Gedichtes erst nach der Aufführung erschienen ist, ein
der als neueste Mode vor langem in Berlin aus Koke
leicht aber auch aus übergroßer Vorsicht aufgekomm
aber von dem gewissenhaften Kritiker als Rücksic
empfunden wird. So kann nach einmaligem Anhörc
der Unmöglichkeit, die rasch vorüberziehenden volltön
tischen Phrasen auf ihren Gehalt hin zu untersuchen
Urteil gefällt werden, daß die Darstellung einen ganz
den Sieg davongetragen hat. In ihr waltete ein
vornehm ausgeglichenes Ebenmaß, die Poesic des
wurde so kräftig durch das poetische Verständnis und
schaffende Gestaltungskraft der Darsteller gehobem,
stark besuchte Haus, das dem ganzen Abend ungeteiltes
entgegen brachte, lebhaften Beifall spendete und den a##
Dichter mehrfach hervorrief. Den schönsten Eindruck hi
Petrarca=Wiecke, eine wunderbare Gestalt von
Weihe, in der kein falscher oder übertriebener Zug
Laura=Salbach, deren heiße Leidenschaft, deren wirh
Erkenntnis mit mächtiger Ursprünglichkeit wirkten.
die kleineren Rollen mit ersten Kräften besetzt waren
Politz spielte die junge Laura und die Herren A
Winds und P. Neumann waren ferner tätig :
sich ernessen, daß ein Werk, dem auch die Regie höch
8. Die letzten Nasken
Unsterblichkeit.
Die letzten Masken.
—,
Literatur.
T
Ur= und Erstaufführungen im Königl. Schauspielhause.
Durch den Titel des dritten der Einakter, die am Freitag in
einem Abend zusammengefaßt zum ersten Ma#e in Szene gingen,
wird zugleich das Gepräge bezeichnet, den der ganze Abend trug:
es war ein literarischer, der sich wie von vornherein betont sein
mag, an ein besonderes Publikum wendete. Ueber die künst¬
lerische Berechtigung, die dramatische Stinenung durch die Viel¬
heit der Aufführungen hintereinander zu zerreißen und die
Wirlung der einen unter Umständen arg zu gefährden, kann
man verschiedener Meinung sein. Wenn aber, wie in „Morituri“
ein Dichter selbst ein festes Band um die Vielgestaltigkeit seiner
Dramen legte, oder wenn, wie am Freitag, ein Grundgedanke
die aufgeführten Tramen in Zusammenhang bringt, dann wird
#auch von streng ästhetischer Seite in die Zerlegung des Ganzen.
nichts einzuwenden sein. Den hochinteressanten Abend eröffnete
die Uraufführung des dramatischen Gedichtes „Unsterblichken“
1des Dresdner Dichters Königsbrun=Schaup. Das
Trama, in dem eine klangvolle stark poetische Sprache und ein
„Feradezu raffiniertes Ausnutzen der Situation und der Szene zu
unbestreitbarer machtvoller Wirkung kamen, erscheint fast wie
eine Illustration des Sesenheimer Spruches: „Ein Strahl der
Dichtersonne fiel auf sie, so voll, daß er Unsterblichkeit ihr lieh“.
Petrarca und seine Laura, der Dichter und sein Objelt werden
in dramatischem Zusammenhange vorgeführt. Jener ist durch
seine poetische Produktion im Goetheschen Sinne frei geworden
von den drückenden Banden der Liebe; nachdem das Feuer, das
in ihm brannte, in Gedichte eingesaßt ist, fühlt er für die be¬
sungene Geliebte nicht mehr das einst Empfundene, sondern er
betrachtet sie nunmehr als etwas außer ihm Stehendes, Frem¬
des. Anders das Weib, das nur lieben kann „nicht egoistisch
rechnen und tlügeln. Ihr ist Liebe und Hingebung eines und
ein Freiwerden von der Liebe Gewalt durch die stauke Tat
kennt sie nicht. Wider ihren Willen hat Laura durch die Ge¬
dichte ihres Petrarca den Kuß der Unsterblichkeit er
hat ihm, den in der Ferne Weilenden, darum sog
allein da er nun zurückgekehrt ist von weiter Reise,
in ihr die alte Liebe mächtig alle Bande: sie will un
sein und findet, daß sich in ihm die Leidenschaft zur
klärt hat, daß es überhaupt niemals ihre besondere
keit und Schönheit war, die ihn anzog und festhielt,
sie daraus erkennt, daß er sich der schöneren Tochter
Mutter zuwendet, nur die abstrakte Schönheit und
den Künstler fesselte. Darüber stirbt sie. Das Drau
leugbar einen poetischen Einschlag von hohem Wert
nicht leicht verständlich und wird sich immer nur an
neren Kreis wendem. Da es sich bemüht, tiefsinnig us
tig zu sein, ist es umso mehr zu bedauern, daß der
Gedichtes erst nach der Aufführung erschienen ist, ein
der als neueste Mode vor langem in Berlin aus Koke
leicht aber auch aus übergroßer Vorsicht aufgekomm
aber von dem gewissenhaften Kritiker als Rücksic
empfunden wird. So kann nach einmaligem Anhörc
der Unmöglichkeit, die rasch vorüberziehenden volltön
tischen Phrasen auf ihren Gehalt hin zu untersuchen
Urteil gefällt werden, daß die Darstellung einen ganz
den Sieg davongetragen hat. In ihr waltete ein
vornehm ausgeglichenes Ebenmaß, die Poesic des
wurde so kräftig durch das poetische Verständnis und
schaffende Gestaltungskraft der Darsteller gehobem,
stark besuchte Haus, das dem ganzen Abend ungeteiltes
entgegen brachte, lebhaften Beifall spendete und den a##
Dichter mehrfach hervorrief. Den schönsten Eindruck hi
Petrarca=Wiecke, eine wunderbare Gestalt von
Weihe, in der kein falscher oder übertriebener Zug
Laura=Salbach, deren heiße Leidenschaft, deren wirh
Erkenntnis mit mächtiger Ursprünglichkeit wirkten.
die kleineren Rollen mit ersten Kräften besetzt waren
Politz spielte die junge Laura und die Herren A
Winds und P. Neumann waren ferner tätig :
sich ernessen, daß ein Werk, dem auch die Regie höch