III, Einakter 7, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 24

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K a
7. Der grueneorgakadu
Yonka
S.O.V.S.
Orasaner Neueste Näsärichlob
Dresd’A SEP. 1922
Wienerin. Und sie ist eine Christine. Ihre liebe Er¬
Ein Schnitzler=Abend
dire
scheinung, ihr weicher samtener Alt, ihre stille gute Art:
„Liebelei“.
Das alles nimmt von Anfang an gefangen. Und im
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und
letzten Akt brach soviel echtes Leid auf in diesem!
Vernin
„Der Grüne Kakadn“
Mädchen, die Verhaltenheit des Stückes fast sprengend,
im Neustädter Schan= aber mit Leben sprengend, mit herzerschütternder Ver¬
Kum erstenmal
zweiflung
spielhaus
Es war ein Ereignis. — Dem leider in dieser Auf¬
Zunächst feiern wir am Albertplatz ein paar Ge¬
burts= und Gedenlage. Erst Goethes Geburtstag (nach= führung sonst menig gewachsen war. Der neue junge
Regisseur Leo Mittler hat Schnitzler spielen wollen.
träglich) mit Bab und „Stella“. Nun Arthur Schnitzler,
Im Rhythmus, im Ton, in Pausen spürte man es.
den Sechzigjährigen. Feiern wir immerhin die Feste
Aber die Darsteller fügten sich nicht recht. Weder
mit, wie sie in Neustadt fallen!
Straube noch der neu gewonnene Ludwig
„Neigen“ war doch nicht die rechte Schnitzler=Feier. 11 ger. wider Irma Zeißig fdie die Mizi mit pein¬
Wieviele tausend Dresdner und Tresdnerinnen werden (licher Nouttine gab), noch auch Albert Willi fanden
den Dichter des „Anatol“, der „Liebelei“.des „Grünen den Ton. —
der diese Musil macht. Es blieb nur
Kakadu“ des „Medardus“ und des Romans vom „Weg
Claire Kristl.
ins Freie“ mißverstanden haben vor diesen Reigen
Nach „Liebelei“, die geist= und temperamentvolle
szenen! Oder haben sie doch die bittre Melancholie des
Skizze vom Pariser „Großen Wurstl“, die Revolutions¬
Lebensreigens empfunden? Sie alle müssen nun aber
groteske „Der grüne Kakadu“, in der Spiel und
den Schnitzler sehen, den sie nicht mißverstehen können.
Wirklichkeit sich seltsam mischen, Spiel so Leidenschaft ist,
Sein klassisches Liebesstück, das klassische Wiener Liebes¬
daß es Wirklichkeit wird. Diese Figuren in der „Ver¬
stück
brecherkneipe“
des
ehemaligen Theaterdirektors
„Liebelei“ — das ist die Tragödie des liebenden
Prospère sind genial gezeichnet, die Luft dieser Pariser
Mädechens. Das dunkeläugige Wiener Greichen mit
Revolutionsnachtstunde ist voll von Rausch. Jede
dem zu weichen Herzen wird immer Christin' heißen.
Leidenschaft triumphiert, Schauspieler der Bühne und
Sie ist das Mädchen, das zum erstenmal liebt. Und das
Komödianten des Lebens taumeln durcheinander, man
ist zum letztenmal. Sie liebt und will wieder geliebt
weiß nicht mehr, ob dies ein wirklicher Verbrecher ist
sein. Und nicht nur „Erholung" für junge Wiener
oder nur einer, der einen Verbrecher spielt. Der gespielte
Herren, die sich mit den Ehegatten dämonischer Frauen Mord reizt die Marquisen und Chevaliers ebenso wie
kurführen. Christine liebt den Fritz Lobheimer.. der wirkliche Mord. Was ist Phantasie, was Wirklich¬
Mein, für liebe einen Namenlosen, und der ist für sie leit? Großartig. geistreich, tief, spielerisch ist dieser Akt
alles. Der Einzige, der Erste, der Letzte, ein Gott. Aber,
Schnitzlers.
daß es der Fritz ist, den sie liebt, das ist ihr Schicksal.
Und so hat ihn Leo Mittler wohl auch spielen
Warum klingt einem hier die skeptische und doch
lassen wollen. Die Gebärde war da. Auch da und dort
feierliche, die leidenschaftliche und doch frivole
das Tempo. Aber das muß virtuos beherrscht sein:
Zerbinetta=Arie? „Als ein Gott kam jeder gegangen.“
Szene und Darsteller. Es gab vielerlei, was man auf
Die Zerbinetten sind die andern. Die Christinen über¬
dieser Bühne ähnlich selten genug gesehen hat. Aber
winden nicht. Die Zerbinetten können es bis zur Vir¬
es blieb nur Andeutung, Umriß, Skizze
tuosität. Die Gretchen und die Christinen sind die
Mehrere Schauspieler zeigten sich in beiden Stücken.
seltenen. Aber sie werden nicht aussterben. Nicht nur
Willi und Straube Grafael und die Zeißig.
in Wien.
Verwandelt? Am meisten verblüffte Ludwig Unger,
Man muß diese „Liebelei“ wie Schubert spielen.
der Fritz in „Liebelei“, der Henri im „Grünen Kakadu“.
Arthur Schnitzlers Poesie ist voller Musik. Auch für
Kaum wiederzuerkennen. Auch als Henri noch zu
dieses Werk gilt, was für „Stella“ galt: die eingeborene
pretiös, zu pointiert, aber hier liegt sein Weg. Von
Musik muß erklingen. Es ist eine weiche, dunkel¬
seiner metallisch klingenden Stimme darf er sich aber
sentimentale, schwermütige Musik..
nicht zu jener viel beliebten Gesangsmanier verführen
In dieser Aufführung, deren Regieabsichten deutlich
lassen. Walter Strom als Grain war die persönlichste
zu spüren waren, wenn sie sich auch nur sellen durch= Natur unter diesen zwanzig. Und dann fiel Friederike
setzten, hatte nur eine Darstellerin die Musik. Aber 9 bner auf, auch ein neues Mitglied der Bühne.
es war die Darkellerin der Christine. Und dadurch die zeichnerische Begabung erwies mit ihrer Marquise
kam in die Aufführung Schönheit, innere Schilheit, Séverine, wenn sie es diesmal auch bei einer
Wärme. Den Namen der Schauspielerin Glaire Bauros=Figur bewenden ließ.
Kristl wird man sich merken. Hier ist eine Künstlerin
Alles in allem: Bravo Leo Mittler! Und aufrich¬
der=Neustädter Bühne gewonnen worden, die man herz=tiger=Dank=für=Claire-Krisil.
lich in Dresden willkommen heißen muß. Sie
Alfred-Günther.