III, Einakter 1, (Anatol), Die Frage an das Schicksal, Seite 9

cksal
1. Die Frage an dat Schi

VORWANTS, BERLIN
Theater.
Artur-Schnitler-Abone.
(Theater ist der Königgrätzer Straße.)
Ran gab drei von den kleinen, ironisch plänkelnden
Anatsstizzen, mit denen Schnitzler einst als Dichter dehütiente,
und sinen seiner späteren, zu schärferer Charakteristit ausge¬
schlifftnen Einakter: „Literatur
Der treffliche, allzufrüh verstorbene Mannard, der unter Brahm
im Lessingtheuter den Anatol spielte, hatte in seiner Darstollung zu¬
gleich die Endstationen, zu denen ein solches leeres Pflastertreter¬
leben führen muß, andeutend vorgezeichnet. Ein blasses, gedunsenes
Gesicht, eine weit nach hinten vorgeschobene Glatze und schwanimig¬
träge Korpulenz prägten der Figur den tupischen Stempel eines in
sdie Jahre kommenden Genüßlings auf. Hinter den schemenden und
leichten Worten sah man ins Innere einer in zynischem Egoismus
verödeten und ihrer Leerheit sellstbewußten. Seele. Das gab der
er Anatol des
Zeichnung ungewöhnlich starke Eindringlichkeit.
Herrn Eugen Burg war einfacher und dabei gewiß auch Schnitz¬
lerischer. Ein liebenswürdiger Bonrivant, der sich, wenn ihn nicht
gerade eifersüchtige Sorgen plagen, in seinen Nichtigkeiten ganz be¬
friedigt fühlt und durch den Charme der Unbekümmertheit beiticht.
In der „Frage an das Schicksal“ wo dieser Virtuos rasch mechsehn¬
der Verliebtheit durch Aushorchen der hypnotisierten Angebeteten
seine bangen Zweifel an ihrer Treue mit einem Schlage lösen
könnte, indes aus Angst, nichts Angenehmes zu erfahren, klüglich
schweigt, trat dieser liebensmürdige Grundzug, durch drollig #ind¬
liche Naivetät der Furcht bereichert und erhöht, am glücklichsten
hervor,
Das zweite, noch nicht aufgeführte Stückchen, „Dentsteine“.
blieb hinter jenem witzigen und psochologisch so treffsicheren Ein¬
fall weit zurück. Der Tialog des Pärchens eröffnet keinen Aus¬
plick in seelisch interessante Hintergründe, und die Schlußwendung
streift an Theatralik.
Um so entschiedener schlug das „Abschiedssouper“, das bekann¬
teste Glied des Cyklus, ein. Maria Orskas übermütige Laune
gewann der kleinen, offenherzigen Annie eine Fülle überraschend
komischer Pointen ab. Dem Helden Anatol, der, wieder mal von
einem neuen Schönheitsideal bezaubert, die frühere Liebste gern
los sein möchte, wird das Verhältnis von dieser selbst, gar sehr
zur Kränkung seiner Eigenliebe, in beschwivstem Zustand auf¬
gekündigt. Bei aller Drastik verstand die Künstlerin auch hier
Niveau zu halien.
Der Einakter „Literatur", aus welchem der Erinnerung nur
die glänzenden Szenen der kunstzigeunernden Tame und des reno¬
mistischen Bohemeliteraten vorschwehten, enttänschte anfangs etwas
durch die allzu breit gesponnene Einleitung. Doch gleich nach dem
Erscheinen des struppigen von Herrn Alexander Eckert mit
frisch zupackendem Humor gegebenen Pocten, der der Kollegin und
einstigen Geliebten sein neues Werk zu überreichen kommt, setzte
die animierte Stimmung ein. Trumpf folgt auf Trumpf im Zwie¬
gespräche dieser beiden Literaten=Eitelkeiten, die nur Gefühle
mimten, um sie nachher in Druckerschwärze auf den Marki
bringen. Irene Triesch, so genial im Ausdruck tragischeli
und weichen Fühlens, hatte das schriftstellernde Fräulein Mit
Temperament und Leidenschaft, schien mir, zu reichlich ausgehttet.
Die Figur soll nach des Dichters Absicht zweifellos pviel utr ins
Puppenhafte schillern.
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Ausschnitt idüt:
#0 Beichs Anzeiger, Bert.
vom:

Theater und Musik. □“
Theater in der Kön ggrätzer Straße.
Acthur Schnitlel
aKleinkunst der einoktigen
Plauderet M##w der Sonna#en Tbeater in der
Köntagrätzer Straße gewitmet. Nach der schweren, grüblerischen Kunft
Strindbergs, welche auf dieser Bühne im Winter vorherrichte, war das eine
Erholung für die Darsteller wie für das Publikum. Gegeben wurden
drei Sienen aus dem Anatolzoklus, und zwar „Die Frage an das
Schicktul" Abschiedssouper“ und „Denksteine“ sowie der
außerhalb dieser Foige stehende Eirakter Literatur“. Bis auf
Denksteine" einem psochologisch zwor nicht uninteressanten, auf der
Bühne aber wenig wirkungtvollen Stück, sind diese Enakler in
Berlin schon so oft gesvielt worden, daß man sich auf eine Würdi¬
gung der Dorstellung beschränken kann. Die Gestalt des Anatol gob
mit fein andeutender Cbara##e#istik Eugen Burg, der besonders in dem
wirkunge vollen Abschiedtsovper“ die für den Wiener Lebejüngling pein¬
liche Wandlung vom verabschiedenden zum verabschiedeten Lieb¬
haber ausgenichnet veranschaulichte. Maria Orsko, die in der „Frage
an das Schicksal; die mehr passive Rolle der Hypnotisierten zu spielen
hatte, war um so lebendiger als Annte in „Abschiedssouper“. Ste war
zwar nicht das wienerische. Süße Mädel“, das Schnitzler gezeichnet hat,
sondern mehr eine lemperamentvolle Polin, aber ihre Darstellung war
darum nich min der jündend und überzeugend. Anatols Freund Mox wurde
in beiden Stücken von Al xander Ekeit, der echtes Wienertum auf
die Bübne brachte kumordoll gegeher In den beiden andern Ein¬
aktern spielte Irene Triesch die weiblichen Happtrollen. Am eindreng¬
lichsten wirkte sie, wie schon füber im Lessingtbeater, in „Literatur,
jenem belußigenden Stückchen, in
dem sich herausstellt,
daß ein Schrutsteller und eine Schriftstellerin ein und den¬
selben Liebesbrieswichsel
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Eegerstard ihres Romons
gemacht haben. Alexander Ekert als bojuratlich derber Literayund
Eugen Burg als torekter Wiener Anstokrat und Sportsfreuyb ver¬
einigten sich hier mit Frau T iesch zu straff ineinandergreifendem Zu¬
sammenspiel. Dei murtere Einokterabend, dissen Spielleiter Einst.
Welisch mit Geschmack seines Amtes gewaltet hatte, fand bei¬
Zuschauern großen R##