IV, Gedichte und Sprüche 1, Gedichte, Seite 9

box 35/
6
dichte
CASINOS IN OSTERREICH
Paden Salzburg Semmering
Rouleite — Baccara — Chemin de fer
Osterreichische Casino A. G.
Wien III, Schwarzenbergplatz 5a
7
„OBSERVER“
österr. behördlich konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WienI, Wollzeile 11, Telephon R-23-0-43
Aeschmuit ue. Alt 19
vom: 24 F
(Grillparzer=Gesellschaft.) Ein höchst erfolgreiches Debüt
bedeutete die Vorlesung des Mitgliedes des Deutschen Volks¬
theaters Karl Kyser in der Griilparzer=Gesell¬
schaft aus Werken des Patrons dieser vornehmen Vereinigung
und anderer österreichischer Dichter, mit erlesenem Geschmack
gewählt und durchaus charakteristisch zum Vortrag gebracht. Die
Perlen des Programms waren Grillparzers mächtiges „Vater
unser“, seine feinsinnige Glosse über Raimund, tiefschürfende
Selbstbetrachtungen und die ein künstlerisches Porträt ergebenden
Beethoven=Erinnerungen, ferner nebst der hinterlassenen Parabel
Arthur Schnitzlers herrliche Lyrik von Max Mell, Th. Csokor,
Rudolf Jeremias Kreutz, Johannes Ilg und anderen, die durch¬
wegs tiefste Ergriffenheit auslöste. Für die Gesellschaft und das
beifallsfreudige Publikum sprach dem Künstler Staats= und Hof¬
rat Professor Dr. Oswald Redlich, Präsident der Akademie
der Wissenschaften, den Dank für die erhebende Darbietung aus.
CAIINOS IN OSTERREICH
Baden Salzburg Semmering
Roulette — Baccara — Chemin de fer
Osterreichische Casino A. G.
Wien III, Schwarzenbergplatz 5a
„OBSEBVER“
I. österr. behördlich konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien I, Wollzeile 11, Telephon R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Neuse Wiener Ihen
2 5 FEB. 1936
vom:
* (Vorlesung Karl Kyser.) Im Rahmen der
Grillparzer=Gesellschaft las dieser Tage im Rittersaal des
niederösterreichischen Landhauses in der Herrengasse Karl
Kyser vom Deutschen Volkstheater Grillparzer und andre
österreichische Dichter Das Programm war ungemein reich¬
haltig. Zu den stärksten Eindrücken zählte vor allem Grill¬
an
parzers „Vater unser“ dann seine „Erinnerungen
Beethoven“. Kyser las sie mit ebenst großer Eindringlichkeit
wie mit vornehmer Zurückhaltung. Dann las Kyser Schnitzler
und Wildgans. Von Schnitzler lernte man eine unveröffent¬
lichte Ballade von zritkofer Größe und Gültigkeit kennen. Auf
einsame. Bergeshöhe begegnen dem Dichter himmlische Ge¬
statten, die ins Tal zu den Menschen gleiten. Es sind die Iheen.
Bald dringen von den Menschen Laute der Freude herauf,
die sich in Laute der Wut der Verzweiflung, des Hasses, in
wüsten Larm wandeln. Und dann (war es nach Stunden
Joder nach Jahrhunderten?) kehren die Gestalken wieder, zer¬
rissen innerlich zerbrochen. Sie waren von den Menschen mit
Jubel empfangen und als Führer begrüßt und gewählt worden.
Aber dann bildeten sich unter den Menschen feindliche
Gruppen, die Menschen nannten die Ideen nicht mehr „Ideen“,
sondern „Ueberzeugungen“, wüster Kampf begann. „Sie
schwingen,“ erzählen die Ideen dem Dichter, „die Feten unsrer
Gewänder, sie hauen sie sich gegenseitig um die Köpfe, das
ist ihnen genug. Wir aber steigen wieder empor zu Gott,
woher wir gekommen.“ Erschütternd wirken von Wildgans
„Die blinden Soldaten“ mit ihrer Klage: „Oh, wie schön war
die Welt, oh, wie schön war sie selbst noch in Kampf, Blut und
Brand“ denn man sah einst, man sah. Den Schluß des Abends
bildeten Verse lebender österreichischer Dichter. Man hörte
Max Mell Csokor, Henz, Zernatto, Helene Ehmann, Rudolf
List, Rudolf Jeramias Kreutz, Johannes Ilg, Wilhelm Franke,
und immer waren es starke Worte, große Gedanken. Kyser
hatte eine vortreffliche Auswahl getroffen und brachte jedes
Wort zur entsprechenden Geltung.