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ber geist in WortungderGeistin derat
Dr. Max Goldschmidt
Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Büco für Zeitungsausschnitte
BERLIN N4
Telefon: Norden 3051
BERLIN N4
Teleion: Norden 3051
Ausschnitt aus:
Vossische Zeitung, Berlin
Neue Leipziger Zeitung
— Jan. 1927.
Ban. 1927
Ein charakterologisches Werk von Arthur
(Schnitzler. Arthur Schnitler veröffentlicht
Begabung
demnächst=unter dem Titel „Der Geist im Wort
und der Geist in der Tat“, bei S. Fischer,
Von
ein kleines Werk, in dem er versucht, des menschlichen
Geistes Urtypen schematisch in zwei Diagrammen“
Arthur Schnitzler
darzustellen. Er weist besonders auf die Irrtümer
Heute erscheint im Verlage S. Fischer eine kleine Schrift
hin, die in der Beurteilung von geistigen Menschen
dadurch geschehen, daß Geistesverfassungen nicht nur
des Dichters „Der Geist im Wort und der Geist
von gleich oder ähnlich benannten Begabungen, son¬
in der Tat“, aus der wir im folgenden eine Probe
dern auch von gleich oder ähnlich benannten Berufs¬
geben. Schnitzler versucht in dieser Schrift die Urtypen
arten nicht sorgfältig genug unterschieden werden.
des menschlichen Geistes, das Wesen seiner Repräsentanten
Als das Wesentliche für die Beurteilung und Er¬
in Wort und Tat zu schildern.
kenntnis des geistigen Menschen gilt ihm nicht der
Wir können allgemeine und spezifische Be¬
—
gabungen unterscheiden.
Die allgemeinen Begabungen könnte man auch als
Beruf, nicht die Begabung und nicht die Seelen¬
allgemeine Anlagen intellektueller Natur bezeichnen, wie z. B.
zustände, sondern in jedem Fall die angeborene, ein¬
heitliche, unveränderliche Geistesverfassung, als deren
Fleiß, Phantasie, Scharfsinn — im Gegensatz zu den Anlagen
Repräsentant der Typus in der Welt der Erscheinun¬
ethischer Natur, den eigentlichen Charakteranlagen, wie z. B.
gen auftritt.
Güte, Gerechtigkeit, Grausamkeit usw.
Bei manchen allgemeinen Anlagen wird es sich schwer ent¬
scheiden lassen, ob sie eher den Anlagen intellektueller oder
den Anlagen ethischer Natur zuzuzählen sind (z. B. Schlauheit).
Die allgemeinen Begabungen sind in Hinsicht auf die Ge¬
samtpersönlichkeit oft bedeutungsvoller als die spezifischen
Begabungen und je nach ihrem Grade auch mehr oder minder
bestimmend für die Entwicklungsmöglichkeiten einer spezifi¬
schen Begabung. So wird z. B. die Phantasie fördernd
Dr. Max Goldschmidt
auf die dichterische, der Scharfsinn auf die philosophische Be¬
Büro für Zeitungsausschnitte
gabung wirken usw.
Teleion: Norden 3051
Eine allgemeine Begabung darf nicht verwechselt werden
BERLIN N4
mit einer vielseitigen Begabung, worunter wir bekanntlich
das Vorkommen mehrerer verschiedenartiger spezifischer Be¬
Ausschnift aus:
gabungen in einem und demselben Individuum verstehen.
Bestimmte allgemeine Begabungen zeigen geradeso wie be¬
Hamburger Nachrichten
stimmte spezifische Begabungen Affinitäten zu bestimmten
Geistesverfassungen. So wird z. B. die sogenannte diplo¬
matische Begabung sich besonders häufig beim Staatsmann
22. Jan 927
und Politiker finden.
Als Beispiele für spezifische Begabungen seien für
Literarische Notizen.
hundert andere hier vorläufig nur die dichterische, schrift¬
geisteswissenschaftliches Werk von
stellerische, rhetorische, staatsmännische, politische angeführt.
Ein
er.
Arthur Schnitzler, Arthur Schnitzler veröffentlicht
Man merkt hier nicht zum erstenmal, daß für manche Arten
demnächst unler dem Titel „Der Geist im Wort
von spezifischer Begabung gleiche Bezeichnungen gebraucht
ein
und der Geist in der Tat“ (bei S. Fischer
werden, wie sie für Typen von Geistesverfassungen angewen¬
kleines Werk, in dem der Dichter versucht, das
det wurden. Und gerade der Umstand, daß wir für eine be¬
Gebiet des menschlichen Geistes, insbesondere die
stimmte spezifische Begabung und für eine bestimmte Geistes¬
Beziehung zum Urtypus schematisch in zwei
verfassung häufig das gleiche Wort haben, gibt zu Irrtümern
Diagrammen darzustellen. Er weist besonders mit
und Fehldiagnosen oft verhängnisvollen Anlaß. Aber dich¬
Nachdruck auf die Irrtümer hin, die in der Be¬
#terische Geistesverfassung und dichterische Begabung, journa¬
urteilung von Geistesmenschen dadurch geschehen,
daß Geistesverfassungen nicht nur von gleich oder
listische Geistesverfassung und journalistische Begabung usw.
ähnlich benannten Begabungen, sondern auch gleich
sind keineswegs dasselbe, und gerade so wie Geistesverfassun¬
oder ähnlich benannten Berufsarten nicht sorgfältig
gen und Berufsarten müssen auch Geistesverfassungen und
genug unterschieden zu werden pflegen. Und als
Begabungen, auch wo gleiche Bezeichnung für beide angewen¬
das Wesentliche für die Beurteilung und Erkenntnis
det wird, streng unterschieden werden.
des Geistesmenschen gilt ihm nicht der Beruf, nicht
Die spezifischen Begabungen sind wohl durchaus an¬
die Begabung und nicht die Seelenzustände, sondern
geboren, müssen aber keineswegs in jedem Falle zur Ent¬
in jedem Fall die angeborene, einheitliche, un¬
wicklung, ja, müssen nicht einmal zur Erscheinung kommen.
veränderliche Geistesverfassung, als deren Repräsen¬
tant der Typus in der Welt der Erscheinungen
Aeußere Einflüsse, persönliche Schicksale können ihre Ver¬
auftritt, wenn auch gerade die Geistesverfassung
kümmerung oder auch ihre Vervollkommnung zur Folge
als das tiefste Element der Persönlichkeit sich selbst
haben.
dem Blick des Menschenkenners für kürzere oder „
Gewisse Affinitäten zwischen bestimmten Geistesverfassungen
tängere Dauer zu verberaon verrrd“
und bestimmten Begabungen leuchten ohne weiteres ein, wie
z. B. die zwischen einer spezifisch dichterischen Begabung und
der dichterischen Geistesverfassung. Doch auch hier handelt es
sich immer nur um Affinität, nicht um notwendige Beziehung
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Vossische Zeitung, Berlin
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— Jan. 1927.
Ban. 1927
Ein charakterologisches Werk von Arthur
(Schnitzler. Arthur Schnitler veröffentlicht
Begabung
demnächst=unter dem Titel „Der Geist im Wort
und der Geist in der Tat“, bei S. Fischer,
Von
ein kleines Werk, in dem er versucht, des menschlichen
Geistes Urtypen schematisch in zwei Diagrammen“
Arthur Schnitzler
darzustellen. Er weist besonders auf die Irrtümer
Heute erscheint im Verlage S. Fischer eine kleine Schrift
hin, die in der Beurteilung von geistigen Menschen
dadurch geschehen, daß Geistesverfassungen nicht nur
des Dichters „Der Geist im Wort und der Geist
von gleich oder ähnlich benannten Begabungen, son¬
in der Tat“, aus der wir im folgenden eine Probe
dern auch von gleich oder ähnlich benannten Berufs¬
geben. Schnitzler versucht in dieser Schrift die Urtypen
arten nicht sorgfältig genug unterschieden werden.
des menschlichen Geistes, das Wesen seiner Repräsentanten
Als das Wesentliche für die Beurteilung und Er¬
in Wort und Tat zu schildern.
kenntnis des geistigen Menschen gilt ihm nicht der
Wir können allgemeine und spezifische Be¬
—
gabungen unterscheiden.
Die allgemeinen Begabungen könnte man auch als
Beruf, nicht die Begabung und nicht die Seelen¬
allgemeine Anlagen intellektueller Natur bezeichnen, wie z. B.
zustände, sondern in jedem Fall die angeborene, ein¬
heitliche, unveränderliche Geistesverfassung, als deren
Fleiß, Phantasie, Scharfsinn — im Gegensatz zu den Anlagen
Repräsentant der Typus in der Welt der Erscheinun¬
ethischer Natur, den eigentlichen Charakteranlagen, wie z. B.
gen auftritt.
Güte, Gerechtigkeit, Grausamkeit usw.
Bei manchen allgemeinen Anlagen wird es sich schwer ent¬
scheiden lassen, ob sie eher den Anlagen intellektueller oder
den Anlagen ethischer Natur zuzuzählen sind (z. B. Schlauheit).
Die allgemeinen Begabungen sind in Hinsicht auf die Ge¬
samtpersönlichkeit oft bedeutungsvoller als die spezifischen
Begabungen und je nach ihrem Grade auch mehr oder minder
bestimmend für die Entwicklungsmöglichkeiten einer spezifi¬
schen Begabung. So wird z. B. die Phantasie fördernd
Dr. Max Goldschmidt
auf die dichterische, der Scharfsinn auf die philosophische Be¬
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gabung wirken usw.
Teleion: Norden 3051
Eine allgemeine Begabung darf nicht verwechselt werden
BERLIN N4
mit einer vielseitigen Begabung, worunter wir bekanntlich
das Vorkommen mehrerer verschiedenartiger spezifischer Be¬
Ausschnift aus:
gabungen in einem und demselben Individuum verstehen.
Bestimmte allgemeine Begabungen zeigen geradeso wie be¬
Hamburger Nachrichten
stimmte spezifische Begabungen Affinitäten zu bestimmten
Geistesverfassungen. So wird z. B. die sogenannte diplo¬
matische Begabung sich besonders häufig beim Staatsmann
22. Jan 927
und Politiker finden.
Als Beispiele für spezifische Begabungen seien für
Literarische Notizen.
hundert andere hier vorläufig nur die dichterische, schrift¬
geisteswissenschaftliches Werk von
stellerische, rhetorische, staatsmännische, politische angeführt.
Ein
er.
Arthur Schnitzler, Arthur Schnitzler veröffentlicht
Man merkt hier nicht zum erstenmal, daß für manche Arten
demnächst unler dem Titel „Der Geist im Wort
von spezifischer Begabung gleiche Bezeichnungen gebraucht
ein
und der Geist in der Tat“ (bei S. Fischer
werden, wie sie für Typen von Geistesverfassungen angewen¬
kleines Werk, in dem der Dichter versucht, das
det wurden. Und gerade der Umstand, daß wir für eine be¬
Gebiet des menschlichen Geistes, insbesondere die
stimmte spezifische Begabung und für eine bestimmte Geistes¬
Beziehung zum Urtypus schematisch in zwei
verfassung häufig das gleiche Wort haben, gibt zu Irrtümern
Diagrammen darzustellen. Er weist besonders mit
und Fehldiagnosen oft verhängnisvollen Anlaß. Aber dich¬
Nachdruck auf die Irrtümer hin, die in der Be¬
#terische Geistesverfassung und dichterische Begabung, journa¬
urteilung von Geistesmenschen dadurch geschehen,
daß Geistesverfassungen nicht nur von gleich oder
listische Geistesverfassung und journalistische Begabung usw.
ähnlich benannten Begabungen, sondern auch gleich
sind keineswegs dasselbe, und gerade so wie Geistesverfassun¬
oder ähnlich benannten Berufsarten nicht sorgfältig
gen und Berufsarten müssen auch Geistesverfassungen und
genug unterschieden zu werden pflegen. Und als
Begabungen, auch wo gleiche Bezeichnung für beide angewen¬
das Wesentliche für die Beurteilung und Erkenntnis
det wird, streng unterschieden werden.
des Geistesmenschen gilt ihm nicht der Beruf, nicht
Die spezifischen Begabungen sind wohl durchaus an¬
die Begabung und nicht die Seelenzustände, sondern
geboren, müssen aber keineswegs in jedem Falle zur Ent¬
in jedem Fall die angeborene, einheitliche, un¬
wicklung, ja, müssen nicht einmal zur Erscheinung kommen.
veränderliche Geistesverfassung, als deren Repräsen¬
tant der Typus in der Welt der Erscheinungen
Aeußere Einflüsse, persönliche Schicksale können ihre Ver¬
auftritt, wenn auch gerade die Geistesverfassung
kümmerung oder auch ihre Vervollkommnung zur Folge
als das tiefste Element der Persönlichkeit sich selbst
haben.
dem Blick des Menschenkenners für kürzere oder „
Gewisse Affinitäten zwischen bestimmten Geistesverfassungen
tängere Dauer zu verberaon verrrd“
und bestimmten Begabungen leuchten ohne weiteres ein, wie
z. B. die zwischen einer spezifisch dichterischen Begabung und
der dichterischen Geistesverfassung. Doch auch hier handelt es
sich immer nur um Affinität, nicht um notwendige Beziehung