V, Textsammlungen 1, Die Frau des Weisen. Novelletten, Seite 29


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S
We
de
1. Die Frauisen
COSMOPOLIS.
Nikusi und wird namenlos glücklich. Ein dämonischer
Sprössling derselben byzantinischen Familie, Panayotti, führt
nach langer Werbung ein mimosenhaftes Fräulein aus den
Kreisen der vornehmen Londoner Gesellschaft heim und wird
namenlos unglücklich. Auf einem geheimnisvollen Waldgang
erschiesst er einen haltlosen Gecken, der Mauds Verhängnis
seit ihren Mädchentagen gewesen, und beschleunigt durch seine
jedem weltlichen Richter entrückte Mordtat den Heimgang
einer längst hoffnungslos hinsiechenden Frau. Damit verfällts
Panayotti selbst den Erinnyen. Seine Sinne umdunkeln sich.
Seine letzten Tage vertrauert er auf dem von einem Lord¬
Sonderling erbauten Märchenschloss der Prinzeninsel Plati, bis
ein Erdbeben den Marmorpalast aus seinen Fugen hebt und
unter den Trümmern den gemütskranken Panayotti begräbt.
Schon diese dürftige Inhaltsangabe lässt erkennen, dass
Rudolf Lindau in Fanar und Mayfair wiederum seiner alten
Neigung für exotische Gegenden, exotische Menschen, exotische
“ Fälle“ nachhängt. Eine Stoffwahl, die ebenso sehr zu den
persönlichen Schicksalen, wie zu den künstlerischen Liebhabe¬
reien unseres Autors stimmt. Rudolf Lindau ist ein echter
Bürger von Cosmopolis. Er spricht und schreibt nicht nur,
er denkt und träumt in allen Zungen unserer internationalen
Revue. Er hat vieler Menschen Städte gesehen und Sitten
gelernt, mehr, weit mehr, als der heidnische König von
Ithaka. In Japan und am Goldenen Horn hat er in diploma¬
tischer Sendung geweilt; in Europa öffneten sich ihm aller¬
orten alle Türen; in Paris zählte er zu den Stammgästen der
Revue des Deux-Mondes; in London zu den Ehrengästen
exclusiver Clubs, und dem geheimen Legationsrat des deutschen
auswärtigen Amtes wurden manche Staats- und Hofgeheimnisse
offenbar. So kennt er die kleine und die grosse Welt, wie ein
alter Theatergänger das klassische und das moderne Reperteire,
und er referirt als Erzähler über das Spiel mit der überlegenen
Ruhe eines akademischen Kritikers. Ihn erregt scheinbar
nichts, weil ihn scheinbar nichts Wunder nimmt. Seine
Sprache ist, wie der Ton in den Liebesbriefen seiner Hypatia,
“gefällig, ohne jeden Schwulst, vielmehr etwas kühl und
trocken. Nichts weniger als alltägliche Geschichten teilt er
im nüchternsten Alltagston mit. Vulkanische Ausbrüche
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