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2. Die griechische Taeherin
eingeführt: mit ihrer sicheren, ruhigen, kraftvollen
Art, fesselnde Prosa zu schreiben, Gestalten zu sehen
oder zu erfinden. Sie ist keine Ebner=Eschenbach, die
uns Oesterreichern gehört, aber die Deutschen haben
keine bessere. Aus Fanni Gröger, deren „Adi¬
mukti“ man kennt, müßte eine Viebig werden können.
Der Stern des Gegners, Herr Stilgebauer,
ist sicher auch kein unbedeutender Mann: manches
Wort, mancher Satz, vielleicht manches Kapitel ge¬
mahnt, die Lektüre zu verlangsamen, hebt ihn von der
zahlreichen Mittelmäßigkeit ab. Er liefert heute schon
weit über Durchschnittsware. Nur zu viel Kaleidoskop,
nichts als Bilder. Besonders der zweite Teil ist der
reine Kinematograph: man wird ganz schwindlig. Er,
selbst vermutlich ein ewig Rastloser, gönnt dem Leser
keine Ruheplätzchen.
Dies alles habe ich gesagt, um zu beweisen, daß
mir Stilgebauer wirklich sympathisch ist. Es täte mir
leid um seine Anlagen, seine Fähigkeiten (ich meine
nicht die Absatzfähigkeiten!). Aber sein Name verliert
sich im Lärm des Trommelwirbels, der ihn umbraust,
im Getöse des Reklameorchesters, das ihn begleitet.
Und so wäre es jetzt vielleicht am Platze, nachzu¬
schlagen, was die verschiedenen Dichter und Denker
einmal über einen ähnlichen Fall, wie ein talentierter
Mensch von der Reklame erdrückt wird, gesagt haben.
Ich bin sicher, daß Goethe ein gutes Wort niedergelegt
hat; auch Lessing, Wagner, Nietzsche haben auf diese
Eventualität, zitiert werden zu müssen, vermutlich
nicht vergessen. Aber man erinnert sich dabei an das
Wort Luthers, der gesagt hat: „Gott soll mich nur
vor meinen Freunden schützen, mit meinen Feinden
will ich schon selbst fertig werden.“ Wie ich bemerke,
habe ich aber nun doch zitiert ...
Oskar Friedmann.
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2. Die griechische Taeherin
eingeführt: mit ihrer sicheren, ruhigen, kraftvollen
Art, fesselnde Prosa zu schreiben, Gestalten zu sehen
oder zu erfinden. Sie ist keine Ebner=Eschenbach, die
uns Oesterreichern gehört, aber die Deutschen haben
keine bessere. Aus Fanni Gröger, deren „Adi¬
mukti“ man kennt, müßte eine Viebig werden können.
Der Stern des Gegners, Herr Stilgebauer,
ist sicher auch kein unbedeutender Mann: manches
Wort, mancher Satz, vielleicht manches Kapitel ge¬
mahnt, die Lektüre zu verlangsamen, hebt ihn von der
zahlreichen Mittelmäßigkeit ab. Er liefert heute schon
weit über Durchschnittsware. Nur zu viel Kaleidoskop,
nichts als Bilder. Besonders der zweite Teil ist der
reine Kinematograph: man wird ganz schwindlig. Er,
selbst vermutlich ein ewig Rastloser, gönnt dem Leser
keine Ruheplätzchen.
Dies alles habe ich gesagt, um zu beweisen, daß
mir Stilgebauer wirklich sympathisch ist. Es täte mir
leid um seine Anlagen, seine Fähigkeiten (ich meine
nicht die Absatzfähigkeiten!). Aber sein Name verliert
sich im Lärm des Trommelwirbels, der ihn umbraust,
im Getöse des Reklameorchesters, das ihn begleitet.
Und so wäre es jetzt vielleicht am Platze, nachzu¬
schlagen, was die verschiedenen Dichter und Denker
einmal über einen ähnlichen Fall, wie ein talentierter
Mensch von der Reklame erdrückt wird, gesagt haben.
Ich bin sicher, daß Goethe ein gutes Wort niedergelegt
hat; auch Lessing, Wagner, Nietzsche haben auf diese
Eventualität, zitiert werden zu müssen, vermutlich
nicht vergessen. Aber man erinnert sich dabei an das
Wort Luthers, der gesagt hat: „Gott soll mich nur
vor meinen Freunden schützen, mit meinen Feinden
will ich schon selbst fertig werden.“ Wie ich bemerke,
habe ich aber nun doch zitiert ...
Oskar Friedmann.