V, Textsammlungen 2, Die griechische Tänzerin. Novellen, Seite 27

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2. Die griechische Tachzerin
Ffungen, die den zur Prasiventen=

stagt Houd auf die Saal¬
tribüne führenden Teppich hielten und die sie vom
auf den Tisch des Präsi¬
Fußboden loslösten. Dies ist das Bild des Hauses fast
Blocke des Präsi¬
eine volle Stunde hindurch bis 11 Uhr, während welcher
ab. Hierauf schleudert er
Zeit sich kein einziger oppositioneller Abgeordneter aus
uteuil des Präsidenten
dem Saale rührt.
ab.
Bevor ich mich einer weniger literarischen Ange¬
nn, wer einmal mit ihm
legenheit etwas ausführlicher widme, will ich in bunter
affen durch.
Reihe noch auf ein paar Publikationen der letzten Zeit
kurz hinweisen. Von Björnstjerne Björnson er¬
„Arrivierter“ Hermann
er Kamenzind"*)
schien*) erschien ein älterer großer Erziehungsroman
„Flaggen über Stadt und Land“ in
den obenauf. Er scheint
einer sehr empfehlenswerten Uebersetzung. Der
u sein, der einen solchen
nordische Dichter erweist sich in diesem Werke wieder
sat. Man findet vieles
als der sichere Charakteristiker, der er immer gewesen
in seiner Geschichte, vieles
ist. Seine Wärme, sein Mitgefühl, sein Mitleben mit
sicher wieder auch das
seiner Zeit durchzieht seine Arbeit. Knut Hamsuns
verrät doch auch ein
„Im Märchenlande"*) bringt uns Erlebtes und
an anderem Lebendigen
Erträumtes aus Kaukasien, in der scharfumrissenen
emde Dinge, Erlebtes der
Manier seines Verfassers. Es ist das Buch eines
fassen. Hermann Hesse
Künstlers, der Humor hat, oder, was noch seltener
der eine für seinen
ist, eines Humoristen, der ein Künstler ist. Harmloser
mödie „Der Meister“
gibt sich Henry F. Urban, dessen spaßiges Bänd¬
dpreis bekommen. Die
chen „Die Maus Lula“**) allerlei fideles bringt.
so groß, daß gleichzeitig
Seine Lustigkeit ist wohl manchmal etwas gesucht,
Teilbetrag zugewiesen
aber immer angenehm. Er ist kein Mark Twain, und
irklich nichts Bemerkens¬
Wilhelm Busch braucht ihn erst recht nicht zu fürchten.
so aus, als ob man
Aber seine schnurrigen Mitteilungen sind amüsant
wollte. Ich möchte
und das genügt ja schließlich. „Katastrophen“, ein
nerkung erlauben, daß
Novellenband von Kurt Martens***) enthält
8 Preises sein dürfte. So
mehr oder minder gut ausgefallene Versuche, den Zu¬
katur denn doch nicht. Die
sammenbruch einer Menschenseele darzustellen. Wer
der Verteilung der Geld¬
von uns erlebt nicht seine Debacles? Wer ist frei von
Kenntnis wenig bekannter
gestrandeten Hoffnungen, verlorenen Kämpfen, ver¬
er nimmt, wenn sie aner¬
nichtenden Enttäuschungen? Das will Martens sagen.
lche mit der Anerkennung
Und er behandelt dieses Thema, ohne dabei allzu tief
noch nicht gekrönt sind.
zu sein, aber er geht mancher ihm entgegenlaufenden
sterreich ein gewisser Peter
Geschmacklosigkeit sicher aus dem Wege. Ziemlich banal
Bücher heißen „Wie ich
und herkömmlich liest sich dagegen Alfred Briegers
der Tag mir zu¬
t, ihn endlich offiziell zu
Bei Albert Langen, Verlag für Literatur und
Kunst, München.
Concordia, Deutsche Verlagsanstalt, Berlin
*) Egon Fleischel und Co., Berlin.
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konnte. Ernste Zusammenstöße zwischen der Mei#
und der Polizei kamen nicht vor.
Kampfepisoden.
Ueber die Exzesse der Opposition liegen zahlreiche
Detailschilderungen vor, welchen folgender Auszug zu
„Armer Yorik!“ Hamlet hat seinen Hanswurst wohl
„einen Burschen von unendlichem Humor und den
herrlichsten Einfällen“ genannt; aber der Roman ent¬
hält wenig von den Eigenschaften seines Titel¬
originals. Das Buch bringt die verschiedensten Typen,
Konflikte und macht stellenweise auch den Anlauf zum
Dramatischen. Aber all das Geschilderte ist nicht neu;
wäre es eine Partitur, man müßte es Kapellmeister¬
musik nennen. Diese Novität ist kein Ruhmesblatt für
den Verlag, der die Werke einer Klara Viebig
ediert.
Nicht ohne Grund habe ich diese Dichterin aus
ihrer stillen und guten Arbeit gerufen, denn sie ist bei
einer peinlichen Affäre in Mitleidenschaft gezogen. Ich
bin überzeugt, daß sic nichts zu einem häßlichen Kon¬
kurrenzkampf beigetragen hat, der seit Monaten
zwischen zwei Verlagshäusern wogt. Leider steht sie
dem einen nicht nur als Autorin recht nahe, im an¬
deren erschienen bis nun zwei Bände eines umfang¬
reichen Werkes, das viel von sich sprechen macht:
„Götz Kraft“]), die Geschichte einer Jugend, von
Edward Stilgebauer. Auf beiden Seiten werden
Aehnlichkeiten, Plagiate, unlauterer Wettbewerb
einander vorgeworfen. Zeitungen und Kritik werden
verwendet und ins Treffen geführt, die Pfeile schießen
hin und her. Ein literarisches Montague und Capulet
ohne Liebende; denn Stilgebauer=Romeo und Klara
Viebig=Julia haben ihre Herzen gegeneinander bei¬
weitem nicht entdeckt. Bei diesem unblutigen Gefechte
der Feindlichen siegen natürlich die Autoren; das
Publikum ist immer gern Manöver= oder Schlachten¬
bummler. Ich denke, beide Verlagshäuser hätten es
nicht nötig, denn die Verfasserin des „Schlafenden
Heeres“, der „Wacht am Rhein“ und des „Müller¬
hannes“ hat sich beim deutschen Volke ohne Reklame
1) Richard Bong, Verlag, Berlin.