V, Textsammlungen 3, Dämmerseelen. Novellen, Seite 14

3. Daemnerseelen box 35/7
Telephon 12801.
M PTTSm


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Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Onellenangabe ohne Gewähr.)
10
Ausschnitt aus: 1
ragblatt
135
12.APR.1907
E vom:
Was wäre nun von Schnitzlers neuestem Buch
tsagen? Es heißt „Dammerseelen“
und enthält Novellen, fünf an der Zahl. Es
ist nicht ganz der Schnitzler, den wir vom
„Anatol“ her kennen und vom „Grünen Ka¬
kadu“, aber es ist immerhin noch genug Schnitz¬
ler, um gelesen zu werden. Dämmerseelen,
Seelen die von geheimnisvollen Mächten beein¬
flußt werden. Aber gleich muß man wieder
fragen: Mächte? Sind es wirklich Mächte, die
hier ihr Spiel treiben? Man nehme z. B. die erste
der fünf Novellen: „Das Schicksal des Freiherrn
von Leisenbogh.“ Dieser Freiherr gehört zu den
guten Menschen, die nur dazu da sind, um von
schönen Frauen Fußtritte zu bekommen. Er
liebt eine schöne Frau und sie behandelt ihn
entsprechend. Da plötzlich gibt sie ihm die lange
erbettelte Erlaubnis. Warum? Der Vorgänger
des Freiherrn hat seinen Nachfolger verflucht und
die abergläubische Schöne will nicht, daß ihr neuer
Geliebter von diesem Fluch getroffen wird,
daher benutzt sie den Freiherrn als
Zwischen¬
station. Der Freiherr stirbt an der Entdeckung.
Ist das nun Tragik oder Spott?
In diesem
Mittelton hält sich das ganze Buch.
Eine ganz sonderbare Geschichte fand ich, als
ich den Roman „Madame d’Ora“ von dem
Dänen Jensen aufschlug. Es ist das sozusagen ein
geistreicher Schauerroman, oder auch ein schauerlich
geistreicher Roman. Da ist schon fast zuviel
des Guten. Detektives und Verbrecher, Mord,
Spiritismus — kurz alles mögliche und unmög¬
liche gruppiert sich um die Sängerin Madame
d’Ora. Man wird an Eugene Sue erinnert,
aber das soll beileibe kein Tadel sein.
— Ein
Kritiker meint, dieser Däne erinnere an Peter
Altenberg,
das aber habe ich nicht finden
können.
Telephon 17801.

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Ausschnitt aus:
7. 4. B0DIE POST, BERLIN
123
E vom:
Titerarisches.
Arthur Schnitzler, Dämmer¬
ffcelen. Novellen. Schicksal des
Freiherrn von Leisenbohg — Die Weisjagung —
Das neue Lied — Die Fremde — Andreas Tha¬
meyers letzter Brief. (S. Fischer, Verlag, Berlin.)
Schnitzlers neue Novellen sind Variationen über
Themen aus der Gedankenwelt Edgar Pocs.
Menschliche Schicksale werden bestimmt durch eine
Macht, die aus einer fremden, außermenschlichen
Sphare herüberlangt. Man kann es Zufall nennen,
aber ist es nicht vielleicht die Laune, die Schaden¬
freude eines Dämons, für den unsere Welt nur
Spielwerk ist? Die spezielle Note dieser neuen
Novellen von Schnitzler ist es nun, daß sie nicht
eigentlich den Zweifel an der natürlichen, kon¬
trollierbaren Kausalität ausdrücken wollen, son¬
dern daß sie mit diesem Zweifel spielen; sie
foppen damit; und unmerklich führen sie viekleicht s
eine Idee, aber sicher den Leser ad absurdum.
Durch das ganze Buch geht ein spöttischer Ton,
hört man verhaltenes Kichern. Und alles das ist
von sicherster, leichtester Hand hingesetzt, trocken,
elegant und unterhaltend.
lecm
S