V, Textsammlungen 3, Dämmerseelen. Novellen, Seite 22

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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
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∆ Ausephnfft ahis:
peitep-Zeitung, Wien
E vom:
Tnmerseie. Pensien von munser ectllen
Berlin. S. Fischer, 1907. 132 S.
Dammerselen, halbschtächtige, zweiseln leicht ure
gehende, leicht bewegliche, leicht bestimmbare Menschen schildert
Schnitzler immer mit Vorliebe. Er schildert sie halb mit Spottt
halb mit Ernst; er steht über ihnen, spielt mit ihnen und ha
doch für sie eine merkwürdige Vorliebe. Die fünf kleinen Novellen
haben alle diesen Charakter der Ironie und des Mitleids, des
sanften Spottes und des traurigen Ernstes. Es liegt über ihnen
ein leicht gedämpfter Schimmer, der entzückt und bewegt. Sie
sind mit jener feinen Kunst schmerzlicher Müdigkeit erzählt, die
den Dichter auszeichnet und die ihn zu einer so besonderen Er¬
scheinung unserer gegenwärtigen Literatur macht.
74% herrn v. Leisenbohg“. Es ist
Neues von Wiener Dichtern.es sich an dem seinen Man
* Es schreibt sich so leicht über unsere Wiener Toggenburg liebt ein junges
berühmten Sängerin wird.
Poeten, daß es schon wieder sehr schwierig wird.
Leidenschaft in eine andere
Als graziös und kraftlos sind sie in der deutschen
hofft. Bis sie nach manchen
öffentlichen Meinung gebrcht, als angenehme
mittelt sich ihm ergibt und
Charmeure, die man nicht allzu ernst nehmen
Des Rätsels Lösung erfährt e
muß, als liebenswürdig gehaltlose Plauderer von
Liebhaber später. Der früher
angenehmer Leichtfertigkeit. Der biedere Norden
bend den ersten verflucht, der
wird immer mißtrauisch, wenn er sich amüsiert,
würde. Und die schöne Frau
und so gilt ihm die Donau als Nebenfluß der
Deshalb erlebt Leisenbohg je
Seine. Deutsch schreibende Gallier scheinen wir
liche Erfüllung seines Wunsch
ihm: verfeinert, doch auch schwächlich und ent¬
starrt er nun in das entsetzte
artet. Er schreibt unseren Könnern ins Zeugnis:
forschende Gesicht seines Nachf
äußere Form der schriftlichen Arbeiten musterhaft.
er hört, wie der Tote ihn ruft
Aber hinter der Anerkennung für die Form birgt
von der Enttäuschung, der Sch
sich eine Verachtung für den Inhalt. Die Wiener
nacht, der Angst des Verhängr
Dichter gelten bloß als Schilderer kleiner
Wodurch sich der Fluch erfüllt
Amnouren, unbeträchtlicher Verhältnisse, wehleidi¬
beruhigen und wieder aufblühe
er Liebeleien. Statt Leidenschaft bringen sie nur
Sentimentalität auf, eine sanfte, witzige Me¬
Solche grausame und au
lancholie. Während unsere norddeutschen Dichter
Begebnisse beschäftigen Schnitz
bekanntlich die Welt und die ganze Menschheit in
haft. Er macht gern Ausflüge
ihre Werke eingefangen haben. Da die Form
derbaren. So findet sich ind
mangelhaft ist, muß doch der Inhalt gediegen sein.
zählung „Die Weissagung“, i
Denn wären sie sonst Dichter? ...
phezeiung eines galizischen 2
Nun steckt ja in jeder Trivialität eine Erkennt= den Tag erfüllt. Das Bild, da
ren aufblitzen ließ, wird Leb
nis — meist als versteinerter Kern. Ganz sicher
ist also jenes Lob und jener Tadel der Wiener vollzieht sich das Fatum trot
berechtigt. Aber es ist bloß eine Wahrheit, nicht Anstrengungen des von ihm
die Wahrheit. Menschen, insbesondere künst- Unheimlichste daran ist, daß es
lerische Menschen gefrieren eben nicht in der Phantasie eines Dritten,
dient, der auf eine so unbegt
Formen, lassen sich nicht in Schubladen stecken.
Geschicke fremoer Menschen gre
Das fühlt man so recht wenn man den letzten
durch¬
sogar, daß des Poeten Phanta
Novellenband Artug
blättert. Es ist durg us noch der ine Schnitzler Gesetzen gehorcht. Denn in
ward einer Gestalt gedacht, die
und doch auch ein neuer Schnitzler. Und beides
in sein Stück aufnehmen woll
ist erfreulich. Seine alten Tugenden sind zu wohl
ließ. Aber sie hat offenbar
sbekannt, als daß man sie noch preisen müßte. Die
Zeugungsakt des Denkens das
Ineuen hingegen muß man zu erfassen suchen.
und entscheibei iene Weissagun
Denn sie machen das Bild des lieben Dichters erst
das Tiessie gerührt, an Ding
so recht hell, gerade indem sie ihn uns auf jenen
sind, um ausgesprochen oder a
dunklen, einsamen und seltsam verschlungenen
werden, hier werden Empfindu
Wegen zeigen, auf denen er jetzt zu gehen liebt.
gefühlt werden können.
Da berichtet er uns „das Schicksal des Frei¬
erinnert man sich jenes orient
der die Kunst für Frevel hält,
*) „Dämmerseelen.“ Verlag von S. Fischer,
vom Schöpfer ihre Seele verlg
Berlin. 1907,
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