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770 herrn v. Leisenboha“. Es ist sehr erstaunlich, wie nun verknüpft mit den geheimnisvollen Beziehun= Ruhe plaudert er diese Affären wo
gen der Menschen zu einander, die, ohne es zu Menschen aus, die alle viel zu korre
Wiener Dichtern.es sich an dem seinen Manne erfüllt. Dieser
wollen oder auch nur zu wissen, Schicksale ent=Leidenschaft sind. Er hat den schönen
Toggenburg liebt ein junges Mädchen, das zur
hso leicht über unsere Wiener
des Erzählers, der sich Zeit läßt, we
scheiden.
berühmten Sängerin wird. Er sieht sie von einer
kon wieder sehr schwierig wird.
Das schlägt ein bißchen ins Uebersinnliche hin= daß man ihm zuhört. Es ist etwas
Leidenschaft in eine andere fallen, wartet und
kaftlos sind sie in der deutschen
in seiner Sicherheit, freilich auch einig
hofft. Bis sie nach manchen Jahren ganz unver¬
über — ein Gebiet, das auch die Novelle „Die
ng gebucht, als angenehme
Fremde“ betritt, und das in der letzten Erzählung fälligkeit, die empfindlichere Gemüter
mittelt sich ihm ergibt und dann verschwindet.
nan nicht allzu ernst nehmen
Des Rätsels Lösung erfährt er von ihrem neuen
mit feiner Lustigkeit wieder mit dem Realen ver- verletzt. Wie man sich in der Gesellsch
frdig gehaltlose Plauderer von
oder — noch lieber — wie man dort
Liebhaber später. Der frühere Galan hatte ster¬
einigt wird. Allein der Zufall ist für den Mystiker
fertigkeit. Der biedere Norden
Schnitzler kein plumper Geselle er ist vielmehr ausweicht, schildert er mit viel Witz
bend den ersten verflucht, der nach ihm kommen
auisch, wenn er sich amüsiert,
würde. Und die schöne Frau ist abergläubisch. ein unbekannter Gott, dessen Fäden unsere Augen viel Behagen. Als rechter Feuilletoni
ie Donau als Nedenfluß der
dabei alle Einfälle und Pointen und
Deshalb erlebt Leisenbohg jene jähe, unbegreif- nicht zu sehen, bloß zu ahnen vermögen. Solche
reibende Gallier scheinen wir
seine Novellen auf. Nur in einer
liche Erfüllung seines Wunsches, und deshalb
dunkle Dinge fließen vor uns in einem durch¬
doch auch schwächlich und ent¬
„dem Abenteuer der Unterlehrerin“
starrt er nun in das entsetzte, zitternd ihn aus¬
sichtigen, reinen Stil vorüber — in ein fremdes
unseren Könnern ins Zeugnis:
Land. Aber es tut wohl, die Hand eines Dichters ganz schlicht, und da merkt man auf
forschende Gesicht seines Nachfolgers. Nicht lange;
hriftlichen Arbeiten musterhaft.
der lächelnde Amüseur auch ein Dicht
er hört, wie der Tote ihn ruft, fällt, zersch.nettert
zu spüren, der uns von plumper Tatsächlichkeit
herkennung für die Form birgt
Nichts — bei einer alten Jungfer ist
von der Enttäuschung, der Schmach jener Liebes¬
fortführt in das Reich der Phantasie, allwo es
für den Inhalt. Die Wiener
rung — wird plötzlich sehr bedeuten
nacht, der Angst des Verhängnisses, tot nieder
wunderbare Einwirkungen, Verknüpfungen und
ploß als Schilderer kleiner
Fenster einer armen Seele tut sich auf,
Beziehungen gibt. Zufall ist ja schließlich bloß
Wodurch sich der Fluch erfüllt hat, der andere sich
chtlicher Verhältnisse, wehleidi¬
liche, rührende, verratene Sehnsucht
ein Verlegenheitswort. Neben seiner anonymen
beruhigen und wieder aufblühen kann.
att Leidenschaft bringen sie nur
Herz. Und dann wird man wohl auf
Solche grausame und äußerst wunderbare Gewalt macht sich der Mensch besonders winzig.
uf, eine sanfte, witzige Me¬
sieht auch bei den anderen Erzählung
Begebnisse beschäftigen Schnitzler jetzt sehr leb= Schnitzler wird nicht müde, dies Mißverhältnis
nd unsere norddeutschen Dichter
hin und bemerkt erstaunt, daß der Dic
ironisch auszudeuten. Die Sachlichkeit, mit der
haft. Er macht gern Ausflüge ins Reich des Wun¬
lt und die ganze Menschheit in
zu finden ist, nur hinter einer koket
er solche von einem Schicksal befallene Existenzen
derbaren. So findet sich in dem Buche eine Er¬
fangen haben. Da die Form
zählung „Die Weissagung“, in der sich die Pro= erfaßt hat einen wissenschaftlichen Ernst, der mit versteckt. Es fällt ihm ganz ungew
doch der Inhalt gediegen sein.
phezeiung eines aalizischen Taschenspielers auf der Phantastik jener Vorgänge reizvoll kon= ein, er beobachtet intensiv und er hat
nst Dichter?..
liche Unmittelbarkeit der Anschauun
trastiert. Ebenso ist die Hilflosigkeit dieser ver¬
jeder Trivialität eine Erkennt= den Tag erfüllt. Das Bild, das er vor zehn Jah¬
Vergleiche gibt, die ins Schwarze tre
ratenen, sehnsüchtigen Menschen ein Lieblings¬
ren aufblitzen ließ, wird Leben. Unentrinnbar
ersteinerter Kern. Ganz sicher
die Welt, die er sieht, ist klein,
motiv des Dichters. Sie werden von den Frauen,
vollzieht sich das Fatum trotz der verzweifelten
und jener Tadel der Wiener
winzig, und sie leidet daran, daß
für die sie allein existieren, pünktlich verlassen —
ks ist bloß eine Wahrheit, nicht Anstrengungen des von ihm Bedrohten. Das
wichtig nimmt. Diesen Respekt tei
die anderen, die nichts opfern, die sie nicht lieben,
stenschen, insbesondere künst- Unheimlichste daran ist, daß es sich diesmal dazu
Dichter. Sicher plaudert er charme
sind eben deshalb die Stärkeren. Das Thema
gefrieren eben nicht in der Phantasie eines Dritten, eines Dichters, be¬
das sind eben seine zwei Gebrechen,
wird immer wieder variiert. Man denke an des
dient, der auf eine so unbegreifliche Art in die
h nicht in Schubladen stecken.
plaudert und daß er es immer
Freiherrn v. Leisenbohg sonderbares Schicksal.
Geschicke fremder Menschen greift. Ja, es scheint
recht, wenn man den letzten
charmant er plaudert. Er regt sich nich
Ohne es zu wissen sterben jene Mä er immer
sogar, daß des Poeten Phantasie tief verborgenen
durch¬
ers
wäre wohl auch unschicklich.... Er hal
zu Gunsten ihrer Nebenbuhler.
Gesetzen gehorcht. Denn in jener Prophezeiung
Archald Wdch er are=Schnitzler
man an allen seinen sorgsam gearl
Von irgendwelchen transzendentalen Gedanken
ward einer Gestalt gedacht, die der Dichter zuerst
kin neuer Schnitzler. Und beides
vellen und auch an seinen Feuillet
ist Raoul Auernheimer auch in seiner
in sein Stück aufnehmen wollte und dann aus¬
ne alten Tugenden sind zu wohl
—.0
Grenzen sind da kaum merklich —
neuesten Novellensammlung*) sehr weit entfernt.
ließ. Aber sie hat offenbar schon durch den
an sie noch preisen müßte. Die
lich viel Gefühl für Form, sehr geri
Er steht immer in dieser Welt, und zwar nicht
Zeugungsakt des Denkens das Leben gewonnen
muß man zu erfassen suchen.
für Inhalt. Das „Wie“ ist raffiniert,
dort, wo sie tief, nicht dort, wo sie hoch, sondern
und entscheidet jene Weissagung. Hier wird an
gas Bild des lieben Dichters erst
meist kaum der Rede wert. Auch dar
das Tiefste gerührt, an Dinge, die viel zu zart dort, wo sie amüsant ist. Da führt er denn einige
de indem sie ihn uns auf jenen
tiert der begabteste Schriftsteller
sind, um ausgesprochen oder auch nur gedacht zu mondäne Anekdoten mit tadellos sitzenden Pointen
n und seltsam verschlungenen
schaft“ diese selbst. Mit Recht ist ei
vor; seine Novellistik ist augenblicklick die best an¬
werden, hier werden Empfindungen wach, die bloß
denen er jetzt zu gehen liebt.
beliebt. Denn er hat es für sie auf
gezogene in deutschen Landen. Mit lächelnder
gefühlt werden können. Aber unwillkürlich
uns „das Schicksal des Frei¬
Dichter zu sein. Wobei er auch ge
erinnert man sich jenes orientalischen Gedankens,
Womit kann man den Ruhm abka
*) „Die ängstliche Dodo.“ Verlag von Egon
der die Kunst für Frevel hält, weil die Geschöpfe
en.“ Verlag von S. Fischer,
Popularität,
vom Schöpfer ihre Seele verlangen. Hier ist er Fleischel & Co., Berlin, 1907.
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#e den Snbcaal im e#stunen in
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770 herrn v. Leisenboha“. Es ist sehr erstaunlich, wie nun verknüpft mit den geheimnisvollen Beziehun= Ruhe plaudert er diese Affären wo
gen der Menschen zu einander, die, ohne es zu Menschen aus, die alle viel zu korre
Wiener Dichtern.es sich an dem seinen Manne erfüllt. Dieser
wollen oder auch nur zu wissen, Schicksale ent=Leidenschaft sind. Er hat den schönen
Toggenburg liebt ein junges Mädchen, das zur
hso leicht über unsere Wiener
des Erzählers, der sich Zeit läßt, we
scheiden.
berühmten Sängerin wird. Er sieht sie von einer
kon wieder sehr schwierig wird.
Das schlägt ein bißchen ins Uebersinnliche hin= daß man ihm zuhört. Es ist etwas
Leidenschaft in eine andere fallen, wartet und
kaftlos sind sie in der deutschen
in seiner Sicherheit, freilich auch einig
hofft. Bis sie nach manchen Jahren ganz unver¬
über — ein Gebiet, das auch die Novelle „Die
ng gebucht, als angenehme
Fremde“ betritt, und das in der letzten Erzählung fälligkeit, die empfindlichere Gemüter
mittelt sich ihm ergibt und dann verschwindet.
nan nicht allzu ernst nehmen
Des Rätsels Lösung erfährt er von ihrem neuen
mit feiner Lustigkeit wieder mit dem Realen ver- verletzt. Wie man sich in der Gesellsch
frdig gehaltlose Plauderer von
oder — noch lieber — wie man dort
Liebhaber später. Der frühere Galan hatte ster¬
einigt wird. Allein der Zufall ist für den Mystiker
fertigkeit. Der biedere Norden
Schnitzler kein plumper Geselle er ist vielmehr ausweicht, schildert er mit viel Witz
bend den ersten verflucht, der nach ihm kommen
auisch, wenn er sich amüsiert,
würde. Und die schöne Frau ist abergläubisch. ein unbekannter Gott, dessen Fäden unsere Augen viel Behagen. Als rechter Feuilletoni
ie Donau als Nedenfluß der
dabei alle Einfälle und Pointen und
Deshalb erlebt Leisenbohg jene jähe, unbegreif- nicht zu sehen, bloß zu ahnen vermögen. Solche
reibende Gallier scheinen wir
seine Novellen auf. Nur in einer
liche Erfüllung seines Wunsches, und deshalb
dunkle Dinge fließen vor uns in einem durch¬
doch auch schwächlich und ent¬
„dem Abenteuer der Unterlehrerin“
starrt er nun in das entsetzte, zitternd ihn aus¬
sichtigen, reinen Stil vorüber — in ein fremdes
unseren Könnern ins Zeugnis:
Land. Aber es tut wohl, die Hand eines Dichters ganz schlicht, und da merkt man auf
forschende Gesicht seines Nachfolgers. Nicht lange;
hriftlichen Arbeiten musterhaft.
der lächelnde Amüseur auch ein Dicht
er hört, wie der Tote ihn ruft, fällt, zersch.nettert
zu spüren, der uns von plumper Tatsächlichkeit
herkennung für die Form birgt
Nichts — bei einer alten Jungfer ist
von der Enttäuschung, der Schmach jener Liebes¬
fortführt in das Reich der Phantasie, allwo es
für den Inhalt. Die Wiener
rung — wird plötzlich sehr bedeuten
nacht, der Angst des Verhängnisses, tot nieder
wunderbare Einwirkungen, Verknüpfungen und
ploß als Schilderer kleiner
Fenster einer armen Seele tut sich auf,
Beziehungen gibt. Zufall ist ja schließlich bloß
Wodurch sich der Fluch erfüllt hat, der andere sich
chtlicher Verhältnisse, wehleidi¬
liche, rührende, verratene Sehnsucht
ein Verlegenheitswort. Neben seiner anonymen
beruhigen und wieder aufblühen kann.
att Leidenschaft bringen sie nur
Herz. Und dann wird man wohl auf
Solche grausame und äußerst wunderbare Gewalt macht sich der Mensch besonders winzig.
uf, eine sanfte, witzige Me¬
sieht auch bei den anderen Erzählung
Begebnisse beschäftigen Schnitzler jetzt sehr leb= Schnitzler wird nicht müde, dies Mißverhältnis
nd unsere norddeutschen Dichter
hin und bemerkt erstaunt, daß der Dic
ironisch auszudeuten. Die Sachlichkeit, mit der
haft. Er macht gern Ausflüge ins Reich des Wun¬
lt und die ganze Menschheit in
zu finden ist, nur hinter einer koket
er solche von einem Schicksal befallene Existenzen
derbaren. So findet sich in dem Buche eine Er¬
fangen haben. Da die Form
zählung „Die Weissagung“, in der sich die Pro= erfaßt hat einen wissenschaftlichen Ernst, der mit versteckt. Es fällt ihm ganz ungew
doch der Inhalt gediegen sein.
phezeiung eines aalizischen Taschenspielers auf der Phantastik jener Vorgänge reizvoll kon= ein, er beobachtet intensiv und er hat
nst Dichter?..
liche Unmittelbarkeit der Anschauun
trastiert. Ebenso ist die Hilflosigkeit dieser ver¬
jeder Trivialität eine Erkennt= den Tag erfüllt. Das Bild, das er vor zehn Jah¬
Vergleiche gibt, die ins Schwarze tre
ratenen, sehnsüchtigen Menschen ein Lieblings¬
ren aufblitzen ließ, wird Leben. Unentrinnbar
ersteinerter Kern. Ganz sicher
die Welt, die er sieht, ist klein,
motiv des Dichters. Sie werden von den Frauen,
vollzieht sich das Fatum trotz der verzweifelten
und jener Tadel der Wiener
winzig, und sie leidet daran, daß
für die sie allein existieren, pünktlich verlassen —
ks ist bloß eine Wahrheit, nicht Anstrengungen des von ihm Bedrohten. Das
wichtig nimmt. Diesen Respekt tei
die anderen, die nichts opfern, die sie nicht lieben,
stenschen, insbesondere künst- Unheimlichste daran ist, daß es sich diesmal dazu
Dichter. Sicher plaudert er charme
sind eben deshalb die Stärkeren. Das Thema
gefrieren eben nicht in der Phantasie eines Dritten, eines Dichters, be¬
das sind eben seine zwei Gebrechen,
wird immer wieder variiert. Man denke an des
dient, der auf eine so unbegreifliche Art in die
h nicht in Schubladen stecken.
plaudert und daß er es immer
Freiherrn v. Leisenbohg sonderbares Schicksal.
Geschicke fremder Menschen greift. Ja, es scheint
recht, wenn man den letzten
charmant er plaudert. Er regt sich nich
Ohne es zu wissen sterben jene Mä er immer
sogar, daß des Poeten Phantasie tief verborgenen
durch¬
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wäre wohl auch unschicklich.... Er hal
zu Gunsten ihrer Nebenbuhler.
Gesetzen gehorcht. Denn in jener Prophezeiung
Archald Wdch er are=Schnitzler
man an allen seinen sorgsam gearl
Von irgendwelchen transzendentalen Gedanken
ward einer Gestalt gedacht, die der Dichter zuerst
kin neuer Schnitzler. Und beides
vellen und auch an seinen Feuillet
ist Raoul Auernheimer auch in seiner
in sein Stück aufnehmen wollte und dann aus¬
ne alten Tugenden sind zu wohl
—.0
Grenzen sind da kaum merklich —
neuesten Novellensammlung*) sehr weit entfernt.
ließ. Aber sie hat offenbar schon durch den
an sie noch preisen müßte. Die
lich viel Gefühl für Form, sehr geri
Er steht immer in dieser Welt, und zwar nicht
Zeugungsakt des Denkens das Leben gewonnen
muß man zu erfassen suchen.
für Inhalt. Das „Wie“ ist raffiniert,
dort, wo sie tief, nicht dort, wo sie hoch, sondern
und entscheidet jene Weissagung. Hier wird an
gas Bild des lieben Dichters erst
meist kaum der Rede wert. Auch dar
das Tiefste gerührt, an Dinge, die viel zu zart dort, wo sie amüsant ist. Da führt er denn einige
de indem sie ihn uns auf jenen
tiert der begabteste Schriftsteller
sind, um ausgesprochen oder auch nur gedacht zu mondäne Anekdoten mit tadellos sitzenden Pointen
n und seltsam verschlungenen
schaft“ diese selbst. Mit Recht ist ei
vor; seine Novellistik ist augenblicklick die best an¬
werden, hier werden Empfindungen wach, die bloß
denen er jetzt zu gehen liebt.
beliebt. Denn er hat es für sie auf
gezogene in deutschen Landen. Mit lächelnder
gefühlt werden können. Aber unwillkürlich
uns „das Schicksal des Frei¬
Dichter zu sein. Wobei er auch ge
erinnert man sich jenes orientalischen Gedankens,
Womit kann man den Ruhm abka
*) „Die ängstliche Dodo.“ Verlag von Egon
der die Kunst für Frevel hält, weil die Geschöpfe
en.“ Verlag von S. Fischer,
Popularität,
vom Schöpfer ihre Seele verlangen. Hier ist er Fleischel & Co., Berlin, 1907.
Cu.en
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