V, Textsammlungen 3, Dämmerseelen. Novellen, Seite 27

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3. Daemner
Iseelen
Telephon 12801.
P mim WEn
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.

Vertretungen
□ in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
= Ausschnitt aus
Igemeine Rundschau, München
2
E vom:
GEES0
Bücher und Menschen.
Don
Dr. A. Lohr.
Unsere Kultur ist in den letzten Jahrzehnten ungeheuer in
A die Breite gegangen — freilich auf Kosten ihrer Tiefe. In der
Zeit der Volkshochschulen und der allgemeinen Bildung suggeriert
man sich die Fiktion einen Hebung der Gesellschaft in Persönlich¬
keit und Schönheit, berauscht sich gern an der Möglichkeit einer
allgemeinen Perfektibilität, an der Hoffnung auf eine rasche
Annäherung an ein mehr oder minder vages allgemeines Kultur¬
oder Bildungsideal — und wiegt sich dabei in tönenden Phrasen
und übersieht den Wurm der Entsittlichung, der stetig am Marke
der Volkswohlfahrt nagt.
Und wenn man in unsere Literatur hineinschaut, die ja der
Spiegel der Volksseele sein soll, so überkommt einen oft ein
si
Grauen. Und es ist nicht so sehr der sttengefährdende Einfluß
eines Teiles unseres Schrifttums — denn der war schon größer —,
welcher mich elegisch stimmt, als die traurige Erscheinung, daß
allenthalben das Virtuosentum überhand nimmt, daß so überaus
viele Schriftsteller unseres großen Vaterlandes wie ausgeblasene
Eier sind, die einem nur die weißschimmernde Schale glitzernder
Worte und bizarrer Erfindungen bieten, aber inwendig zum Er¬
schrecken hohl sind und weder den Verstand anregen, noch das
Herz beschäftigen. Einen Jahrmarkt der Worte könnte man mit
Recht den weitaus größten Teil unserer Gegenwartsliteratur
nennen, der bei äußerem Firlefanz Verstandesöde und Herzenskälte
in weiten Volkskreisen zurücklassen muß.
Man nehme nur des bekannten Aunes

Novellenbuch „Dämmerseelen“ Berlin 1907. S. Fischer.
132 S. 3.— M) her. Die Stilisierung der Geschichten ist ja elegant
und fein, aber hinter der schillernden Oberfläche steckt rein nichts.
Schnitzler wollte nach E. A. Poes Vorbild Erlebnisse schildern,
die unter dem Banne einer fremden, außermenschlichen Sphäre
liegen. Aber Schnitzler und — Mystiker: Es liegt gar nichts
Wahrscheinliches in den mehr ulkig=pikanten als schaurigen Ge¬
schichten, die in keiner Weise die faszinierende Wirkung der Er¬
zählungen Poes oder R. L. Stevensons ausüben. Vielleicht sollen
die Sachen nur novellistische Clownsprünge zur Belustigung des
literarischen Variétépuhlikums sein
Telephon 12801.
P MimteieeEr Bnng
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
4
Vertretungen
∆ in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New -Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
Kusschntt as Oaue arte dalee,
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Na
* TOm OZeT 700
DAM MERSEELEN, by the Austrian
novelist and playwright, Arthur
Schnitzler. whose Liebelei“ was played
in NewVork last winter under thef
name The Reckoning, is a collection
of six talented short stories that do
lionor to the name of this promising
author. As the general title indicates,
they are somber tales, problem episodes,
if you will, and for that reason hardly
to be chosen for translation even if wei¬
disregard the bolder elements in thef
situations presented. Consider, for in¬
stance, the last story,Andreas Tha¬
mevers letzter Brief.“ It is the fare¬
well letter of a man about to commit
suicide. He does not doubt his wise's
virtue—far from it. He takes infinite
pains to prove that it is unimpeachable,
and yet he despairs of convincing any
but himself. The circumstances are so
peculiar and the evidence seemingly so
danming that he knows the whole world
will condemin her and will point the fin¬
ger of scorn at him. No, he does not
doubt her, but he cannot bear the shame
of it all. He can only leave this letter
to defend her. The problem is whether
she merits his eloquent defense.—J.
G.
(G. E. Stechert & Co., 120 W. zoth
St., Neze Vork.)