VI, Allgemeine Besprechungen 1, Kronfeld, Seite 12


box 36/1
1
Panb.ets offprints
Der scharfe Humor Pichler’s offenbart sich in dem „Der Lehrer“
betitelten Gedichte, in welchem ein armes, ängstlich gekrümmtes Seelchen vor
Minos' Thron lispelt:
„Knaben das AB G lehrt' ich um elenden Sold
Droben im deutschen Land, und schwang ich zu heftig die Rulhe,
Halt’ mir gnädiglich fern zorniger Furien Hieb.“
„„Was? Schullehrer und Deutscher dazu! Nicht ist es gesündigt.
Aber ein Unglück doch, wem es auch immer passiert.
Dort in Elysiums Flur, dort sei dir ewig gebettet
Deutscher und Lehrer dazu! Wahrlich, du littest genug.“
Alfred Meissner (geb. am 15. October 1822 zu Teplitz, gest. am
29. Mai 1885 in Bregenz) studierte mit Karl Beck und Lenau in Wien
Medicin und wurde im Jahre 1846 in Prag promoviert. Er schrieb revolutionäre
„Gedichte“ (1845), das schöne Epos „Ziska“ (1846), einige Tragödien und
zahlreiche, vielgelesene Romane; er gab 18 Bände „Gesammelte Schriften“
(1871—73) und 4 Bände „Dichtungen“ heraus; nach seinem Tode erschien noch
eine Nachlese („Mosaik“, 1886). Lenau, Byron, später auch Heine haben
ihn beeinflusst. Bekannt ist der Prioritätsstreit, den Franz Hedrich mit ihm
wegen der Grundidee einiger Romane geführt hat. Aus einem seiner form¬
vollendetsten Gedichte, aus „Venezia“, sei hier die erste Strophe citiert:
„Es schlummert eine hehre
Seltsame Stadt im Meere,
Mit tausend bunten Zinnen
Im Meere blau und still,
Schön wie ein Traum zu schauen,
Der bei des Morgens Grauen
In Luft und Duft zerrinnen,
In nichts zerfliessen will.“
Dr. Alois Gruber senior (geb. am 4. November 1824 in Vorau,
gest. 1894 in Wien) veröffentlichte „Patriotische Schriften“ (1873) und eine
populär-philosophische Abhandlung: „Ueber die freundschaftliche Liebe“ (1877).
Auch der bekannte Publicist Eduard Mautner (geb. am 13. Nov. 1824
in Budapest, gest. am 2. Juli 1889 in Wien) studierte an unserer Facultät
Medicin, bevor er sich der journalistischer Carrière widmete. Seine „Gedichte“
wurde oft
(1847) zeigen patriotische Gesinnung, sein Schauspiel „Eglantine“
aufgeführt; von seinen Lustspielen hat sich „Das Preis-Lustspiel“ (1852) bis
heute im Repertoire erhalten. Aus einem seiner besten Gedichte „Ein Dämon“
(1851) seien hier einige Zeilen mitgetheilt:
„Oft scheint es mir in meinem Innern,
Dass alles um mich wankt und bricht:
Dann hebt ein trauerndes Erinnern
Sein weinend Kinderangesicht.
Dann brechen auf die alten Wunden,
Vernarbt geglaubt seit manchem Tag;
Dann rauschen all' die bösen Stunden
Um mich mit finst’rem Flügelschlag.
Bald hat er mich hinabgerungen,
Der finst’re Dämon, der mir droht:
Er hat so manchen schon bezwungen:
Denn dieser Dämon heisst — die Noth.“
12

*
S


KET