VI, Allgemeine Besprechungen 1, Kronfeld, Seite 11

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1. Panphlets, offprints
wachen (die Maler streben hohen Idealen nach, können jedoch wenig); 2. Glanz¬
periode (Virtuosität der Ausführung und Adel der Ideale); 3. Verfall (Ideale
beben,
werllos, Mache gut); 4. unbenannte Epoche (wertlose Ideale und schlechte
ben:
Maler). Wir Leute in Frack und Pantalons, Cylinder auf den Köpfen, können
m's nachtet,
natürlich keine Kunst haben wie die Antike oder das 15. und 16. Jahrhundert.
htet.“
Brücke bescheidet sich deshalb, „gegen die Verwilderung in der Darstellung
gest. 1896 in
der menschlichen Gestalt“ anzukämpfen. Viele Realisten meinen um so be¬
d schrieb ein
deutenderes zu leisten, je getreuer sie ein Modell copieren. Der Künstler soll
ause“ (1874).
die Fehler der menschlichen Gestalt kennen, er soll jedoch die Schönheit in
ieb unter dem
ihren verschiedenen Erscheinungsweisen aufsuchen. Schön neunt Brücke
Der Familien¬
diejenige Gestalt, welche sich in allen Stellungen und in allen Ansichten, soweit
ferner bear¬
sie in der idealen Kunst überhaupt zur Anwendung kommen, vortheilhaft ver¬
wenden lässt. Brücke stellt sich hiermit auf den rein künstlerischen Standpunkt.
15, gest. am
Doch ist es den Meisten gegeben, auch tadelnswerte Modelle glücklich anzu¬
schrieb mit
ordnen. So ist Rubens in seiner Linienführung manchmal untadelhaft, trotz¬
dem er fast durchwegs fette, flandrische Modelle hatte. Die Bildhauer des
5. April 1819
Alterthums hingegen suchten die schönsten Gestalten hervorzubringen. Wie
über Malerei
immer man die Venus von Milo — die sich neuerdings als Amphitrite entpuppt
enntnisse des
hat — und die Medicäerin lagern würde, sie würden immer ideale Schönheiten
ke haben auf
bleiben. Aus diesem Grunde wurde es auch schwächeren Künstlern so verhängnis¬
„anatomischer
voll. Miche! Angelo nachzuahmen; er verstand es meisterhaft, nicht
Sitten- und
fehlerfreie Gestalten glücklich aufzufassen, harmonisch zu gruppieren. Er war
in der Wahl seiner Modelle nicht zu strenge, weil er ihnen eine gefällige
Forscher der
Stellung oder Lagerung zu geben wusste. Der schwächere Nachahmer bleibt
819 zu Berlin,
an den Fehllern des Modells haften, kann sich davon nicht emancipieren. Die
t glücklichem
heute unmoderne Idee, dass die schönsten unter den Menschengestalten zur
„Bruchstücke
Darstellung gebracht werden sollen, durchzieht Brücke's Buch. Diese Idee
geistreichsten
beherrschte die antike Kunst und feierte ihre Triumphe im Zeitalter eines
ache sind von
Praxiteles. Doch lässt sich auch eine fehlerhafte Gestalt glücklich stellen,
che Versmass
und es kann ein minder schönes Modell für eine bestimmte Composition
glingen sehr,
wertvoller sein, als eines, welches sonst den Schönheitspreis verdienen würde.
mVerskünstler
Eine der liebenswürdigsten Persönlichkeiten unserer Zeit, Adolph Pichler
HHermann und
(geb. am 4. September 1819), studierte an unserer Facultät Medicin. Im
September 1842 kam er die Donau herab auf einem Boote, das er mit einem
tets
Genossen lenkte, in die Hauptstadt, um Aesculapjünger zu werden. Seine
Betheiligung an den Freiheitskämpfen gehört der Geschichte an. Er hat Kriegs¬
erinnerungen von 1848, mehrere Bände „Gedichte“ (seit 1853) und mehrere Epen
Sehr schön
herausgegeben, von denen das beste: „Der Deserteur“ sich mit Seume's Schick¬
künstlerischer
salen in Amerika beschäftigt. Seine „Hymnen“ (1855) zeugen von intensivem
n Erregung in
Studium der Antike und von einer ernsten Auffassung des Lebens. Er hat auch
erst „Erlkönig“
Tragödien: „Die Tarquinier“ (1860), „Rodrigo“ (1862), ferner „Geschichten aus
han!“, wobei
Tirol“ u. s. w. geschrieben. Aus seinen „Hymnen“ heben wir folgendes Citat hervor:
nd doch wird
Du schlummerst sanft und nicht ahnest du's,
Dass spät durch die Nacht ich wandle.
Verknüpfungs-
Schlaflos aufblickend zum dunklen Himmel,
Is ehrwürdiger
Wenn der Fuss auch ermüdet Ruhe heischt.
Lesepublicum
Doch meine Seele schwebt empor zu dir
Gestalt“ für
Auf heiligen Schwingen der Poesie,
es Theiles der
Und ich schaue dich an mit ernstem Geistesauge;
ste von ihrer
Zur Melodie wird deine Schönheit mir,
Is die Plastik.
Des Athems leiser Hauch, von Stern zu Stern
mer der Kunst.
Fliesst er hin als ewiges Lied.“
nein: 1. Er¬
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