Panphletsoffnrints box 36/1
Donnerstag,
17o. 49 Jahrgang 1901
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des Gerliner Tageblatts 238
Illustrirte Hakßwochen: Chronik
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vor etwa fünfundzwanzig Jahren
Nocturno.
in Paris ereignete. Ich warschon
Novellette von Georges Maurevert.
damals, was der gute satte Bürger
Antoriürte Uebersetzung von Wilhelm Chal.
einen „tollen Kerl“ nennt, und
brachte, wie der schöne Ausdruck
snd ich, meine Herren, bin der Meinung, daß die
lautet, meine Familie zur Ver¬
Furcht das letzte aller menschlichen Gefühle ist,
zweiflung. Anstatt die diploma¬
A- mi der man Witze machen soll. Die Spartaner.
tische Karriere einzuschlagen, wie
die doch gewiß Jahrhunderte hindurch im Rufe des Muthes
es mein braver Vater wunschte,
und der Tapserkeit standen, hatten ihr in Lacedänon
schwarmte ich schon in meinem
einen Tempel errichtet. Michel Ney, der „Tapfere der
zwanzigsten Jahre für Freiheit
Tapfersten“ lachte über den Dummkopf, der behauptete, nie
und wandte mich der Malerei zu.
S
Furcht gehabt zu haben. Dabei sprach der berühmte
Ich will Ihnen gleich sagen, daß
Marschall nicht etwa von jener instinktiven Empörung des
ich nicht „berufen“ war, ber
gewöhnlichen Sterblichen angesichts einer physischen Gefahr,
mit zwanzig Jahren bild.
nein, er meinte jene unerklärliche Panik, die sich des Indi¬
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sich ja bekanntlich alles ein
viduums mit Körper und Geist vemächtigt, wenn es sich dem
Eines schönen Tages verließ
Unbekannten gegenübersieht.
—
ich zum Entsetzen meiner Familie
—
Schließlich, meine Herren, möchte ich noch bemerken, daß
die Place Vendome, um mich in
L
ich selbst, der ich doch nicht für einen Feigling gelte, es
Sa
Montmartre auf der Place du
nach einem gewissen Abenteuer nicht mehr wage, zu nächt
Tertre niederzulassen. Ach, meine
licher Stunde durch einen Hohlweg zu gehen oder einen
Freunde, diese bescheidene Woh¬
Wold zu betreten.“
nung auf der Place du Tertre,
An einem der letzten Sommerabende saß ich mit mehreren
von der ich Abends Paris in
Freunden auf der Terrasse des Automobilklubs. Es war
voller Beleuchtung überschauen
eine Nucht „voll Sternen und voll Träumen“, wie der Dichter
konnte, verkörperte meine ganze
sagt. Wir saßen behaglich in unseren Schaukelstühlen und
Jugend, meine arme und doch so
schlürften amerikanische Getränke. Wir wandten uns nach
herrliche Jugend! Dort habe ich
dem Manne um, der eben gesprochen.
die Freude kennen gelernt, mich
Nein, er konnte wirklich nicht für einen Feigling gelten,
nach meinem Belieben zu kleiden,
der Graf von Noterolles mit seinen zweiunde# anzig Duellen
nach meiner Phantasie herumzu¬
und jener leidenschaftlichen Vorliebe für die Gefahr, die ihn
schweisen und meiner selbst willen
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seiner Zeit veranlaßt hatte, an dem griechisch=türkischen Kriege
geliebt zu werden — denn ich
theilzunehmen. Jetzt kam er aus Transvaal zurück, wohin
brauche Ihnen wohl nicht eist zu
er mit Villebois=Mareuil gezogen war; im Kampfe bei
sagen, daß Man mir die Ledens=
Moschof, wo der tapfere Oberstientnant geblieben, hatte er
mitel nbgeschmitten hatte, und"
eine Knget in die Seite beiommen, wal gefangen gesiommten
daß ich eyne meine liebe, alte
und nach Sanet Helena gebracht worden. Dann hatte
Großmutter aus dem Quercy,
man ihn gegen die ehrenwörtliche Verpflichtung, nicht wehr
die mir eine kleine vionatliche
gegen England zu kämpfen, freigelassen. „Aber schließlich
Pension von zehn Louisdors
giebt's doch nicht nur Transvaal in der Welt, nicht wahr,
aussetzte, einfach Hungers ge¬
Feine Herren?“
storben wäre.
Unter uns Automobilisten stand er mit seinem vierund
Ich hatte einen Freund, der
zwanzig Pferdekräfte starken Automobil, das neunzig Kilo¬
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ebenso wie ich Maler war, einen
meter in der Stunde zurücklegte, im Ruse wahnsinniger
gewissen Clande Lantinois, einen
Tapferkeit und Tollkühnheit.
Das renovirte Patrizierhaus in Gelle.
guten Kerl, der ein bischen auf¬
Als wir erstannte Gesichter machten, fuhr er fort::
Tas prächtige niedersächsische Pattizierhaus in Celle, das im Jahre 1532 erbaut und mit
schnitt und gernrenommirte zerhat
Einamentirung ein einzgertiges Schminekstuck bildet, in uunmehr auf Kosten der Stadt un
meine Herren, auch ich kenne die Furcht seit einem gewissen
ein paar recht gute Bilder gemalt. Bematung verseben worden, die die Schönheiten des Banwerks um so wirkungsvoller
Abenteuer, dessen entsetzter Zeuge ich gewe#en, und das sich
Wir hatten den stolzen Plan gefaßt, zusan
nächsten Salon ein Bild zu schaffen, „Ewige 2
junge Frau, die auf dem Grabe ihres Geliebt
Du lieber Gott, die Sache war weder in der
der Komposition besonders verzwickt ... aber dau
Rosenkreuzer“ die „Symbolisten“, die „Imprest
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####n“
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Illustrirte Hakßwochen: Chronik
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vor etwa fünfundzwanzig Jahren
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in Paris ereignete. Ich warschon
Novellette von Georges Maurevert.
damals, was der gute satte Bürger
Antoriürte Uebersetzung von Wilhelm Chal.
einen „tollen Kerl“ nennt, und
brachte, wie der schöne Ausdruck
snd ich, meine Herren, bin der Meinung, daß die
lautet, meine Familie zur Ver¬
Furcht das letzte aller menschlichen Gefühle ist,
zweiflung. Anstatt die diploma¬
A- mi der man Witze machen soll. Die Spartaner.
tische Karriere einzuschlagen, wie
die doch gewiß Jahrhunderte hindurch im Rufe des Muthes
es mein braver Vater wunschte,
und der Tapserkeit standen, hatten ihr in Lacedänon
schwarmte ich schon in meinem
einen Tempel errichtet. Michel Ney, der „Tapfere der
zwanzigsten Jahre für Freiheit
Tapfersten“ lachte über den Dummkopf, der behauptete, nie
und wandte mich der Malerei zu.
S
Furcht gehabt zu haben. Dabei sprach der berühmte
Ich will Ihnen gleich sagen, daß
Marschall nicht etwa von jener instinktiven Empörung des
ich nicht „berufen“ war, ber
gewöhnlichen Sterblichen angesichts einer physischen Gefahr,
mit zwanzig Jahren bild.
nein, er meinte jene unerklärliche Panik, die sich des Indi¬
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sich ja bekanntlich alles ein
viduums mit Körper und Geist vemächtigt, wenn es sich dem
Eines schönen Tages verließ
Unbekannten gegenübersieht.
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ich zum Entsetzen meiner Familie
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Schließlich, meine Herren, möchte ich noch bemerken, daß
die Place Vendome, um mich in
L
ich selbst, der ich doch nicht für einen Feigling gelte, es
Sa
Montmartre auf der Place du
nach einem gewissen Abenteuer nicht mehr wage, zu nächt
Tertre niederzulassen. Ach, meine
licher Stunde durch einen Hohlweg zu gehen oder einen
Freunde, diese bescheidene Woh¬
Wold zu betreten.“
nung auf der Place du Tertre,
An einem der letzten Sommerabende saß ich mit mehreren
von der ich Abends Paris in
Freunden auf der Terrasse des Automobilklubs. Es war
voller Beleuchtung überschauen
eine Nucht „voll Sternen und voll Träumen“, wie der Dichter
konnte, verkörperte meine ganze
sagt. Wir saßen behaglich in unseren Schaukelstühlen und
Jugend, meine arme und doch so
schlürften amerikanische Getränke. Wir wandten uns nach
herrliche Jugend! Dort habe ich
dem Manne um, der eben gesprochen.
die Freude kennen gelernt, mich
Nein, er konnte wirklich nicht für einen Feigling gelten,
nach meinem Belieben zu kleiden,
der Graf von Noterolles mit seinen zweiunde# anzig Duellen
nach meiner Phantasie herumzu¬
und jener leidenschaftlichen Vorliebe für die Gefahr, die ihn
schweisen und meiner selbst willen
80
seiner Zeit veranlaßt hatte, an dem griechisch=türkischen Kriege
geliebt zu werden — denn ich
theilzunehmen. Jetzt kam er aus Transvaal zurück, wohin
brauche Ihnen wohl nicht eist zu
er mit Villebois=Mareuil gezogen war; im Kampfe bei
sagen, daß Man mir die Ledens=
Moschof, wo der tapfere Oberstientnant geblieben, hatte er
mitel nbgeschmitten hatte, und"
eine Knget in die Seite beiommen, wal gefangen gesiommten
daß ich eyne meine liebe, alte
und nach Sanet Helena gebracht worden. Dann hatte
Großmutter aus dem Quercy,
man ihn gegen die ehrenwörtliche Verpflichtung, nicht wehr
die mir eine kleine vionatliche
gegen England zu kämpfen, freigelassen. „Aber schließlich
Pension von zehn Louisdors
giebt's doch nicht nur Transvaal in der Welt, nicht wahr,
aussetzte, einfach Hungers ge¬
Feine Herren?“
storben wäre.
Unter uns Automobilisten stand er mit seinem vierund
Ich hatte einen Freund, der
zwanzig Pferdekräfte starken Automobil, das neunzig Kilo¬
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ebenso wie ich Maler war, einen
meter in der Stunde zurücklegte, im Ruse wahnsinniger
gewissen Clande Lantinois, einen
Tapferkeit und Tollkühnheit.
Das renovirte Patrizierhaus in Gelle.
guten Kerl, der ein bischen auf¬
Als wir erstannte Gesichter machten, fuhr er fort::
Tas prächtige niedersächsische Pattizierhaus in Celle, das im Jahre 1532 erbaut und mit
schnitt und gernrenommirte zerhat
Einamentirung ein einzgertiges Schminekstuck bildet, in uunmehr auf Kosten der Stadt un
meine Herren, auch ich kenne die Furcht seit einem gewissen
ein paar recht gute Bilder gemalt. Bematung verseben worden, die die Schönheiten des Banwerks um so wirkungsvoller
Abenteuer, dessen entsetzter Zeuge ich gewe#en, und das sich
Wir hatten den stolzen Plan gefaßt, zusan
nächsten Salon ein Bild zu schaffen, „Ewige 2
junge Frau, die auf dem Grabe ihres Geliebt
Du lieber Gott, die Sache war weder in der
der Komposition besonders verzwickt ... aber dau
Rosenkreuzer“ die „Symbolisten“, die „Imprest
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